Lindenfels

Naturwald soll zwischen Schlierbach und Seidenbuch gedeihen

27,5 Hektar ist das Waldstück groß, das die Stadt auf Anraten des Landesbetriebs Hessen-Forst als Platz für den Naturwald ausgewählt hat.

Von 
Konrad Bülow
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Zwischen Seidenbuch und Schlierbach soll auf Beschluss der Stadt Lindenfels ein besonders geschützter Naturwald entstehen. © Bülow

Ein Waldbereich zwischen Seidenbuch und Schlierbach soll als Naturwald künftig besonders geschützt werden. Wenn der Beschluss umgesetzt ist, darf dort kein Holz mehr für den Verkauf geschlagen werden.

Nur, wenn kranke oder tote Bäume am Wegesrand zur Gefahr für Spaziergänger werden, sollen die die Forstarbeiter noch in diesem Waldstück Hand anlegen. Gefällte Bäume sollen dann aber liegengelassen und nicht verkauft werden.

Viel Totholz ist ein Kriterium

27,5 Hektar ist das Waldstück groß, das die Stadt auf Anraten des Landesbetriebs Hessen-Forst als Platz für den Naturwald ausgewählt hat. Es liegt auf Schlierbacher Gemarkung, befindet sich aber näher an der Bebauung von Seidenbuch als an jener Schlierbachs. Bis es wirklich ein Naturwald wird, müssen noch einige Verwaltungsprozesse über die Bühne gehen, wie Revierförster Robin Töngi (Bild: Bülow) im Gespräch mit dieser Zeitung erläutert: „Wir werden der Stadt vorschlagen, ein Planungsbüro mit der Untersuchung des Bereichs zu beauftragen.“ Dabei könne dann geklärt werden, wo die Grenzen des künftigen Naturwalds genau verlaufen. Auch der Kreis Bergstraße als untere Naturschutzbehörde wird eingebunden.

Mit dem Projekt verfolgt die Stadt zwei Ziele. Zum einen soll Wald in Zeiten des Klimawandels geschützt werden, nach harten Jahren mit Hitze, Trockenheit und Schädlingsbefall. Zum anderen ergeben sich finanzielle Vorteile. Denn ein Naturwald kann einer Kommune sogenannte Ökopunkte bringen. Diese Punkte können angerechnet werden, wenn es um die Schaffung von Ausgleichsflächen für Flächenversiegelung an anderer Stelle geht. Sie können der Stadt auch unmittelbar Geld einbringen, der Verkauf von Ökopunkten ist möglich. So will das Land Hessen Anreize für die Einrichtung von Naturwäldern schaffen. Die Einrichtung eines solchen Naturwaldes mit Ökopunkten ist auf unbestimmte Zeit bindend.

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Das Gebiet zwischen Schlierbach und Seidenbuch hat Hessen-Forst der Stadt aus mehreren Gründen empfohlen.„Es sollte ein Laubwald mit einem gewissen Alter und naturnaher Vegetation sein“, zählt der Revierförster weitere Voraussetzungen auf. Die Bäume im Naturwald in spe sind zum Teil zwischen 120 und 150 Jahre alt. Über 90 Prozent sind Buchen. Daneben finden sich auch Eichen, ferner Bergahorn, Lärchen, Douglasien und Fichten. „Der Wald hat viel Totholz, liegend und stehend“, fährt Töngi fort. Totholz gilt als wichtiger Lebensraum für Insekten und andere kleine Lebewesen.

Um das Ökokonto zu füllen, sollen Naturwälder in einem Natura-2000-Schutzgebiet liegen - dieses Kriterium erfüllt das besagte Waldstück. Die mit Buchen bewachsenen Bereiche um die Ansammlungen von Felsblöcken - sogenannte Blockschuttwälder - gelten als ökologisch besonders wertvoll.

Viele Bäume bieten Spechten und anderen Tieren Unterschlupf. © Bülow

Bei der Debatte in den Lindenfelser Gremien war die Frage aufgekommen, ob sich das beliebte Waldstück auf dem Schenkenberg als Naturwald eignen würde. Dort gibt es jedoch ein dichtes Wegenetz, rege genutzt von Spaziergängern. Es handelt sich auch nicht um ein Natura-2000-Gebiet. Den unberührten Wald bei Seidenbuch hielt Hessen-Forst für passender. Mehr Wege erfordern mehr Eingriffe zur Verkehrssicherung, lautet die Annahme.

Auch in dem Waldstück, das der Stadt künftig Ökopunkte bringen soll, sei in der jüngeren Vergangenheit Holz geschlagen worden, sagt Töngi. Das hänge vor allem mit der Trockenheit zusammen. Am unteren Rand des Gebiets, in Richtung Schlierbach, gibt es auch größere Flächen mit abgestorbenen Fichten - und deshalb mit weniger Potenzial für das Öko-Konto.

Nisthöhlen von Spechten

Die Vielfalt an Wald-Strukturen in diesem Gebiet gilt aber insgesamt als Vorzug, führt Töngi aus. Neben den altehrwürdigen Buchen finden sich in einigen Abschnitten auch wesentlich jüngere Exemplare mit dünneren Stämmen. Das Kronendach ist vielerorts dicht und schützt die Buchen vor Sonnenbrand. Diese Baumart werde zwar dominant bleiben, ist die Prognose des Försters. In den trockneren Bereichen könnten aber auch Kirschbäume gut gedeihen. In den feuchteren Bereichen fänden Erlen gute Voraussetzungen.

An so manchem Baum haben Spechte ihre Nisthöhlen in die Stämme gehämmert - die nach dem Auszug der gefiederten Baumeister oft von anderen Tierarten bezogen werden, etwa von Fledermäusen, wie Töngi betont.

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