Kerb in Winterkasten

Das Winterkäster Standgericht kannte keine Gnade

Beim Kerb ausschellen in die Kneipe ausbüchsen, zum Kerbtanz mit kurzer Hose erscheinen, Getränke in der Bar ausgehen lassen, die Kerbredd vorab an den falschen Empfänger schicken – das ist eine kleine Auswahl der Verfehlungen, die im Laufe der Kerb begangen worden waren.

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Philipp Kriegbaum
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Kerbvereinsvorsitzender Christian Pfeifer (mit Kochmütze) präsentiert einen „Linnefelser“ (ein scharf gewürzter Wackelpudding mit einem Pommes-Frites-Stäbchen). Neben ihm das Kerbgericht mit Sebastian Kredel sowie Laurin und Ariane Ehrhardt (von links). © Philipp Kriegbaum

Winterkasten. Zum Abschluss der „Windekäschde Kerb“ gab die Kerbjugend noch einmal alles. Beim Frühschoppen am Montag hielt Kerwevadder Laurin Ehrhardt das traditionelle Standgericht, am Nachmittag war beim germanischen Dreikampf eher Geschick als Kraft gefragt.

Zur Mittagessenszeit war die „Festhalle Ehrhardtsbräu“ noch einmal gut besucht. Die Kaltgetränke, darunter auch das eine oder andere Fässchen Freibier, flossen in Strömen. Die Missetaten, die sich die jungen Leute im Laufe der Kerb geleistet hatten, wurden vom Kerwevadder hart, aber gerecht bestraft. Mundschenk Sebastian Kredel musste ihn nach Kräften unterstützen, weil die Stimme des vorsitzenden Richters durch den vielen Kerbgesang merklich gelitten hatte. Am Ende allerdings war auch Kredel heiser.

Ein Kerweborsch versucht, einen Kugelschreiber ins Loch der Küchenrolle zu bugsieren. © Philipp Kriegbaum

Die Sünder mussten zur Strafe abenteuerlich zubereitete Bratheringe essen und Getränke wie Rollmoppsbrühe oder Muttermilch mit Kirschlikör trinken. Auch Kerbvereinsvorsitzender Christian Pfeifer fand keine Gnade vor den Augen des Gerichts: Weil er vorübergehend seine Schärpe abgelegt hatte, musste er ein Spezialmenü verzehren. Den Nachtisch hatte er selbst erfunden: Ein durchsichtiger Becher mit giftgrünem Wackelpudding, scharf gewürzt und mit einem Pommes-Frites-Stäbchen dekoriert. Köche sind bekanntlich kreativ, wenn es um die Namen der Gerichte auf ihrer Speiskarte geht. Dem grünen Zeug gaben sie den Ehrennamen „Linnefelser“.

Ein Kerweborsch war Serientäter

Beim Kerb ausschellen in die Kneipe ausbüchsen, zum Kerbtanz mit kurzer Hose erscheinen, Getränke in der Bar ausgehen lassen, die Kerbredd vorab an den falschen Empfänger schicken – das ist eine kleine Auswahl der Verfehlungen, die im Laufe der Kerb begangen worden waren. Ein Kerweborsch entpuppte sich als Serienäter und stand gleich mehrfach vor Gericht. Mit dem Verzehr der auferlegten Speisen und Getränke erteilte das Standgericht den Sünderinnen und Sündern die Absolution. Nun können sie im übertragenen Sinne mit weißer Schärpe in die nächste Kerbsaison gehen. Tatsächlich ist das nahezu unmöglich. Denn das Waschen des dekorativen Kleidungsstücks ist streng verboten.

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Kerweprinzessin Ariane Ehrhardt, die Schwester des „Vadder“, leitete am Nachmittag zusammen mit ihrer Vorgängerin Nadja Weidmann den germanischen Dreikampf. Dessen Tradition geht auf die Zeit zurück, als es in Winterkasten noch zwei Gaststätten gab. Damals wurde im „Raupenstein“ beim Frühschoppen Standgericht gehalten. Am Nachmittag ging es dann einen Kilometer dorfabwärts ins Gasthaus „Zur Traube“. Dort wurden Baumstämme und schwere Steine geworfen und Traktorgewichte angehoben.

Von diesen Kraftakten ist nichts mehr übrig geblieben. Heutzutage benötigt man eher Geschicklichkeit: Es galt, einen am Rücken aufgehängten Kugelschreiber in das Loch einer Küchenrolle zu platzieren, im Team Luftballons zu transportieren und in der Nachbarschaft ein Ei zu backen.

Da es nach diesen drei Disziplinen zwischen den Teams der Kerwevadders und des Mundschenks unentschieden stand, musste ein Stechen entscheiden. Beim Bierbecherschnippen setzte sich das Team Kerwevadder mit hauchdünnem Vorsprung durch.

Freier Autor Schwerpunkte: Lokales Lindenfels / Lautertal, Chorgesang, Vereine, Hintergründe.

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