Winterkasten. Kerwevadder Laurin Ehrhardt und Mundschenk Sebastian Kredel haben ihre Feuertaufe bei der 40. Auflage der „Windekäschde Kerb“ bestanden. Am Sonntag standen sie zum ersten Mal bei der Kerb-redd in der Festhalle auf der Kanzel. Jürgen „Groschi“ Grosschmidt, Alfons Moritz und Volker Scotti wurden als Gründerväter geehrt, Hermann Ehrhardt wurde zum Kerbkönig ernannt.
Zum Jubiläum stiegen einige ehemalige Kerweväter, -mütter und Mundschenke noch einmal auf die Kanzel. Silke Schürger (geborene Hoffmann), Pamela Feldmann (geborene Grosschmidt), Tanja Bechtel (geborene Rettig), Tobias Hoffmann, Marc Lettmann, Thorsten Knöll, Peter Weidmann, Christian Pfeifer, Michael Kredel, Max Höhl und Tobias Pfeifer trugen einige Passagen der Kerbredd vor.
Mehrere Hundert Menschen lauschten nach dem feierlichen Einmarsch der Kerbjugend in der Halle und draußen in der Herbstsonne dem im odenwälder Dialekt gereimten Bericht über die Missetaten und Fehltritte des vergangenen Jahres. Sie stellten schnell fest, dass die ersten Kerbtage beim „Vadder“ ihre Spuren hinterlassen hatten, denn Laurin Ehrhardts Stimme hatte schwer gelitten. Dennoch schlug sich der neue Kerwevadder wacker bei seiner Premieren-Predigt.
Verkehrschaos im Parkhaus
Wie in Winterkasten üblich, fanden sich einige der zuvor im Kerbzug dargestellten Motive in der Kerbredd wieder, die in wochenlanger Arbeit vom Team des Kerwevadders geschrieben und bei der Kerb in gedruckter Form verkauft wurde, gerne auch zusammen mit dem eigens angefertigten Jubiläums-Kerb-Anstecker. Verkaufsargument der Kerbjugend: „Der Trend geht zum Zweit-Pin!“
Die Männer-Fußballmanschaften von Lindenfels und Winterkasten haben sich bekanntlich zu einer derzeit sehr erfolgreichen Spielgemeinschaft zusammengetan und standen gemeinsam in ihren jeweiligen Traditionsfarben auf dem Kerbwagen.
Die Kerbredd dagegen betonte eher die Unterschiede zwischen der Kernstadt und ihrem größten Stadtteil. Klar, dass auch das neue Lindenfels-Lied aufs Korn genommen wurde, in der Lindenfels als „schöne Stadt, die viel zu bieten hat“ beschrieben wird. „Weil Linnefels nix mäih zu biete hot, muss e Fraa noch Bensem fort“ zum Einkaufen, hieß es in der „Redd“. Die Winterkästerin schaffte es in den Vortrag, weil sie in Bensheim im Parkhaus wegen des vorübergehend verschwundenen Parkscheins ein mittleres Verkehrschaos verursachte.
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Ein in Frankfurt wohnender Student aus Winterkasten wurde durch den Kakao gezogen, weil ihn sein Kumpel nach dem fastnächtlichen „Vorglühen“ versehentlich in der eigenen Wohnung eingesperrt hatte. Ein anderer vermisste nach einem Stadionbesuch seine Geldbörse und ließ sofort alle Karten sperren. Dabei war ihm das gute Stück beim dringlichen Besuch der heimischen Toilette aus der Hose gerutscht. Die Kerb-Dichter machten flugs aus dem „Geldbeidel“ einen „Dummbeidel“.
„Ohne Akku fährt sich’s schlecht“ musste ein Kerwemädchen erfahren. Sie hatte sich von ihrem Großvater ein E-Bike für den Urlaub in den Bergen ausgeliehen. Allerdings ohne Akku. Denn der hing beim Opa daheim an der Ladestation. Verhöhnt wurde außerdem ein Winterkäster, der online Karten für ein Großkino in Viernheim reserviert hatte, aber zum Haus derselben Kette in Darmstadt fuhr.
Zähne mit Voltaren-Salbe geputzt
Sebastian Kredel musste erfahren, dass der Spott zur Kerb auch vor einem Mundschenk nicht Halt macht. Er fuhr den Mist aus dem elterlichen Bauernhof aufs Feld. Das wäre nichts besonderes, hätte er nicht beim Aufladen die Traktorschaufel unbemerkt voller Steine gehabt. Die musste er dann von Hand aus dem „broune Glick“ herauspuhlen. Ein Winterkäster Malermeister leistete in Schlierbach unfreiwillig Nachbarschaftshilfe beim Schmücken der Weihnachtsbäume. Nachdem er sein Rollgerüst im Tal aufgebaut hatte, musste er nochmal zurück nach Winterkasten, um Farbe zu holen. Als er damit zum zweiten Mal in der Talgemeinde ankam, war das Gerüst verschwunden. Das hatten sich nämlich die Einheimischen kurzerhand ausgeliehen, um Weihnachtsbäume zu schmücken.
Ein anderer Winterkäster Handwerker blockierte in Bielefeld nach einem langen Arbeitstag fünf Stunden eine Tankstelle, weil der auf dem Autodach vergessene Schlüssel vom Typ „Keyless go“ bei der Fahrt heruntergefallen und das Fahrzeug nach dem Tanken nicht mehr in Gang zu bekommen war. Ein anderer Kerweborsch schadete nur sich selbst, putzte er doch seine Zähne mit Voltaren-Salbe statt mit Zahnpasta.
Vor der Rede war der Kerbzug durch das zwei Kilometer lange Waldhufendorf gezogen. Dabei wurde die obere Hälfte gleich zweimal abgefahren, weil der Zug vom Unterdorf ins Oberdorf fuhr, am letzten Hof des Ortes wendete und sich dann die Hälfte der Strecke wieder talwärts bis zur Straße „Am Raupenstein“ zog. Dort steht am Ortsausgang die Maschinenhalle des Bauunternehmens Ehrhardt, die wie schon im Jahr zuvor zur „Festhalle Ehrhardtsbräu“ umfunktioniert wurden. Die Firma Ehrhardt wird von Heiko, dem Vater des Kerwevadders Laurin Ehrhardt, geführt und stellte es der Kerbjugend wie schon im vergangenen Jahr kostenlos zur Verfügung.
Die Kerbjugend hatte die Infrastruktur gegenüber der gelungenen Premiere vor einem Jahr nochmals verbessert: In der Halle installierte sie eine Abluftanlage, draußen zusätzliche Lautsprecher. Der Toilettenwagen, der im vergangenen Jahr noch zwischendurch leergepumpt werden musste, erhielt dieses Jahr einen ordentlichen Kanalanschluss. Auf dem Vorplatz der Halle und im Hof der benachbarten Werkzeugschleiferei Kopp hatten Schausteller einen kleinen Rummelplatz aufgebaut.
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