Prozess

Mord an Jutta Hoffmann: Woher wusste Peter F. von dem Messer?

Mit der neuerlichen Fahndung nach dem Mörder von Jutta Hoffmann im März wollten die Ermittler den Verdächtigen aus der Reserve locken. Peter F. sagte angeblich Dinge, die nur der Täter wissen kann.

Von 
Agnes Polewka
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Jutta Hoffmann wurde vor 37 Jahren ermordet - in Darmstadt steht nun ein Mann vor Gericht, der die damals 15-Jährige vergewaltigt und umgebracht haben soll. © LKA

Lindenfels. Der 29. Juni 1986 markiert eine Zäsur im Leben von Familie Hoffmann aus Lindenfels, unterteilt es in ein Davor und in ein Danach. An diesem Tag verschwand Jutta Hoffmann. Anderthalb Jahre später war klar: Jutta ist tot. 37 Jahre danach läuft nun der Prozess gegen den Mann, der Jutta Hoffmann vergewaltigt, ermordet und vergraben haben soll: Peter F., 62, ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter.

Am vierten Tag berichtet ein Ermittler vom hessischen Landeskriminalamt (LKA), wie er am 23. März nach Schleswig-Holstein fuhr, wo sich Peter F. im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus befand. Am Abend zuvor war eine Folge der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ ausgestrahlt worden. Seine Kollegin Tanja Becker erklärte dort, es gebe neue Entwicklungen im Fall Hoffmann und lancierte einen Hinweis – offenbar um Peter F. aus der Reserve zu locken.

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Der Polizeibeamte gibt an, er habe F. darüber informiert, dass gegen ihn ermittelt werde und dass weitere Maßnahmen anstünden. Allerdings erst am nächsten Tag, denn Becker habe erst nach Norddeutschland reisen müssen. Und offenbar wollte man durch die frühe Ankündigung weiterer Maßnahmen mehr bezwecken. „Das diente doch dazu, Druck auf Herrn F. auszuüben?“, fragt der Vorsitzende Richter. „Wir wollten die Möglichkeiten, die wir als Polizisten haben, in Anspruch nehmen“, sagt der LKA-Mitarbeiter. Die Beamten hatten einen verdeckten Ermittler eingeschleust, der sich als Praktikant in dem Krankenhaus ausgab und offenbar den Auftrag hatte, Peter F. zu beobachten. Noch steht nicht fest, ob und wann der verdeckte Ermittler als Zeuge gehört werden wird.

Dass die Ausstrahlung der Episode den 62-Jährigen beschäftigt habe, schilderte ein Pfleger der Klinik am Dienstag. Peter F. soll mit ihm darüber gesprochen haben, darüber, dass Jutta Hoffmann mit einem Messer ermordet worden sei. Und er soll sich gewundert haben, dass man die Leiche nicht fand, insbesondere deshalb, weil ein vermisster Senior kurz nach dem Verschwinden der Jugendlichen dehydriert und „blutüberströmt“ in dem Wald in der Nähe des Schwimmbads aufgefunden worden sei. An einer Stelle, die nur zehn, 15 Meter entfernt von der Grube lag, in der sich die Leiche befunden habe.

Angeklagter berichtet von Morddrohungen

Woher wusste Peter F. von dem Messer? Und woher wusste er, dass der orientierungslose Senior, der sich wahrscheinlich verlaufen hatte, „blutüberströmt“ war und wo er gefunden wurde, wie es der Pfleger berichtete? Obwohl die Sendung diese Details aussparte? Dass es sich dabei um Täterwissen handelt, davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt. Die Fragen treiben den Vorsitzenden Richter um. Akribisch fragt Volker Wagner nach, bei dem Pfleger, dem Ermittler und bei anderen Zeugen, er versucht, Beweismittel und Aussagen zusammenzuführen, in diesem Prozess, in dem die Erinnerungen nach 37 Jahren verschwimmen, in dem viele Zeugen längst tot sind, Akten schon vor Jahren geschreddert wurden.

Wagner befragte am Mittwoch eine weitere Ermittlerin, die Internetforen nach den Details durchsucht hat, die F. geäußert haben soll. „Bis zu seiner Festnahme fand sich darin kein Wort zu einem Messer“, sagt sie. Peter F. hält den Blick gesenkt, es geht ihm nicht gut, lässt er über seinen Verteidiger verlauten. Die Medikamentengabe in der JVA klappe nicht gut, er habe sein Beruhigungsmittel nicht erhalten, und er bekomme Morddrohungen, berichtet er später selbst. Die Momente, in denen man Peter F.s Stimme hört, sind selten. Er hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

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Was die Kammer an diesen ersten vier Prozesstagen über ihn und sein Leben erfahren hat, berichteten andere. Brüder, die von einem aggressiven Vater sprachen, der viel trank. Schwestern, die andeuteten, sexuelle Gewalt durch den Vater erfahren zu haben. Eine Ehefrau, die keine besonderen sexuellen Vorlieben bemerkte, und eine Bewährungshelferin, mit der er durchaus über sexuelle Gewaltfantasien sprach.

Auch seine beiden Söhne sprachen zu Beginn über den Vater, einer von ihnen auch über ein abgehörtes Telefonat, in dem es um den 29. Juni 1986 ging, an dem sich Peter F. in Lindenfels aufgehalten haben soll, gemeinsam mit einem Freund. Während der Begleiter aufbrach, um Fußball zu schauen – es war der Abend des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft – habe F. noch „etwas zu erledigen“ gehabt. Der Sohn gab an, dies im Internet gelesen zu haben.

Redaktion

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