Lindenfels. Seit der Schließung der Lindenfelser Praxis der Ärztegenossenschaft im Vorderen Odenwald (Ägivo) Ende vergangenen Jahres gibt es in der Stadt nur noch eine kassenärztliche Praxis: das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) des Kreiskrankenhauses Bergstraße. Die Klinik betreibt bereits seit 2016 eine Praxis zur hausärztlichen und gynäkologischen Versorgung.
„Der Praxisbetrieb gestaltet sich grundsätzlich schwierig. Es fällt schwer, qualifiziertes ärztliches und medizinisches Personal zu gewinnen und zu binden“, teilt Stefanie Seltmann mit. Sie ist Leiterin der Unternehmenskommunikation Pressesprecherin am Universitätsklinikum und an der Medizinischen Fakultät Heidelberg.
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Für einen reibungslosen Praxisbetrieb fehle es in Lindenfels an der dafür notwendigen stabilen Personalbesetzung, so Seltmann auf Anfrage dieser Zeitung. Damit gestalte sich die wirtschaftliche Führung der Praxis schwierig. Die Geschäftsführung des MVZ sei daher schon vor Monaten durch das Kreiskrankenhaus beziehungsweise die Gesellschafterversammlung damit beauftragt worden, nach Lösungen zu suchen. Das klingt nicht allzu zuversichtlich, mehr Details dringen aus Heidelberg aber momentan nicht an die Öffentlichkeit.
Indes kursieren in der Stadt Gerüchte, dass die lokale Gesundheitslandschaft von einem weiteren Schlag getroffen und so die medizinische Versorgung nochmals reduziert werden könnte: Es geht um den Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD), der nach dem Aus des Luisenkrankenhauses nicht mehr direkt an eine stationäre Einrichtung angebunden war und in den gleichen Räumen untergebracht ist wie das MVZ. Der Bereitschaftsdienst übernimmt an Wochenenden und Feiertagen die Aufgaben, die sonst der Hausarzt abdeckt. Für Notfälle sind die Notaufnahmen in den Krankenhäusern verantwortlich.
Die Nutzung ist zurückgegangen
„Eine Schließung des ÄBD in Lindenfels kann ich nicht bestätigen, die Bereitschaftsdienstzentrale bleibt bestehen“, teilt der stellvertretende Pressesprecher Alexander Kowalski von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in Frankfurt mit.
In der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass Patienten den ÄBD mit dem Medizinischen Versorgungszentrum verwechselt haben, was dazu führte, dass sie sich direkt an Krankenhäuser gewendet haben anstatt den Service am Ort zu nutzen.
Dies führte schon vor Jahren dazu, dass der Bereitschaftsdienst nicht mehr so häufig genutzt wurde wie noch zu Luise-Zeiten. Dies wiederum hatte an der Wirtschaftlichkeit der Einrichtung genagt. Die Kassenärztliche Vereinigung hatte bereits 2017 in Frage gestellt, ob man den Dienst in Zukunft weiter aufrechterhalten könne.
2019 war der ÄBD in die Nibelungenstraße an den Standort des MVZ umgezogen. Drei Jahre zuvor war die Zentrale nach dem Abschied von Luise zunächst beim Pflegedienst Judith Schäfer in der ehemaligen Desaga-Klinik an der Nibelungenstraße 101 untergebracht.
Cornelia Schäfer vom mobilen Pflegedienst verweist auf die gute Zusammenarbeit mit Ärzten und Dienstleistern, äußert aber auch ihre Sorge um die medizinische Versorgungsqualität der Menschen in Lindenfels und Umgebung: „Die Patienten erfahren von Schließungen leider immer als letztes.“
Auch die Schließung der Ägivo-Praxis ab Januar sei für viele überraschend gekommen. Dies habe dazu geführt, dass viele Patienten gezwungen waren, sich schnell eine Alternative suchen mussten. Und das zumeist weit abseits von ihrem Wohnort.
Auch Schäfer spricht von einer latenten Angst davor, dass das MVZ – ein Nachbar des Pflegedienstes – über kurz oder lang seine Türen schließen könnte. „Auf dem Spiel steht nicht weniger als die Versorgungssicherheit in Lindenfels.“
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