Stadtgeschichte

Der Einsatz für die Luise in Lindenfels blieb ohne Erfolg

Von 
Konrad Bülow
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Lindenfels. Es war der Schlussstrich unter eine über 40-jährige Geschichte, deren Finale geprägt war von Kampfgeist, vergebener Hoffnung und viel Frust: Am 29. Juli 2016 räumten Ärzte, Pfleger und andere Klinikmitarbeiter ihre Arbeitsplätze im Lindenfelser Luisenkrankenhaus, um nicht mehr zurückzukehren. Die Belegschaft hatte zuvor noch eine Abschiedsfeier abgehalten, bei der viele Tränen flossen. Symbolisch legten Mitarbeiter einen Trauerkranz nieder. Die letzten Patienten waren schon in der Woche vor der Schließung in andere Krankenhäuser verlegt worden.

Der Südhessische Klinikverbund, Träger der Klinik am Schlierbacher Weg, hatte im Februar 2016 Insolvenz angemeldet. Die Luft für die Luise war schon vorher dünn geworden, obwohl sie lange schwarze Zahlen schrieb. Die Träger – erst der Hessische Diakonieverein, später die Agaplesion und zuletzt der Südhessische Klinikverbund – versäumten es, notwendige Sanierungen vorzunehmen. Der Investitionsrückstau verursachte Verluste in sechsstelliger Höhe. Hinzu kam, dass die Bettenkapazität am Ende weit entfernt davon war, ausgelastet zu sein.

Es scheiterte am Geld

2013 war die Schließung noch einmal abgewendet worden, als die Universitätsmedizin Mannheim den Klinikverbund zu 95 Prozent übernahm. Letztlich bedeutete das aber nur eine Gnadenfrist. Die Pläne zur Sanierung des SHK sahen alsbald vor, das Luisenkrankenhaus zu schließen, die anderen beiden Häuser im Verbund, das Heilig-Geist-Hospital in Bensheim und das St-Marienkrankenhaus in Lampertheim sollten erhalten bleiben. Letztlich kam es genauso, auch wenn die Trägergesellschaft das selbst nicht überlebte. Sie existiert heute nur noch auf dem Papier.

Die Lindenfelser und die Klinikmitarbeiter wollten das Schicksal der Luise nicht so einfach akzeptieren. Sie brachten 22 000 Unterschriften mit der Forderung der Krankenhausrettung zum Sozialministerium in Wiesbaden – der zuständige Minister Stefan Grüttner (CDU) weigerte sich, sie anzunehmen, was für einige Empörung sorgte. Die Unterschriften wurden später an den Bundestagsabgeordneten Michael Meister, übergeben.

19 Mal fanden Montagsdemonstrationen am Krankenhausgebäude statt, zu denen bisweilen prominente Gäste erschienen – darunter Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (SPD), der heute wesentlich bekannter ist als damals. Die Kritik, beim Erhalt von Kliniken spielten wirtschaftliche Erwägungen eine größere Rolle als die Notwendigkeit, eine flächendeckende und ortsnahe Versorgung zu gewährleisten, gewann in der Debatte viel Gewicht. Die Befürchtung, mit dem Ende der Klinik breche die Versorgungsstruktur zusammen, trieb Ärzte und Lokalpolitiker um. Nur noch zwei niedergelassene Hausärzte waren zu jener Zeit noch in der Burgstadt tätig, beide waren über 60. Nachfolger zu finden sei unmöglich, wenn diese keine intakten Strukturen vorfinden, war die Sorge.

Es war Joachim Wahlig, Chefarzt der Chirurgie in der Luise, der einen Plan zur Rettung des Krankenhausstandorts entwarf. Nach dem Konzept Luise light sollte ein genossenschaftlich getragenes Krankenhaus entstehen, mit nur 40 bis 50 Betten und enger Verzahnung zwischen stationären und ambulanten Abteilungen. Die Eleonoren-Klinik in Winterkasten wurde als ein Standort dafür ins Spiel gebracht. Letztlich scheiterte es aber am Geld.

Um das Modell zum Laufen zu bringen, wäre ein Startkapital von 750 000 nötig gewesen. Die Stadt Lindenfels, selbst nicht gerade auf Rosen gebettet, erklärte sich bereit, 150 000 Euro davon zu übernehmen. Da von den Kirchen aber verbindliche Zusagen fehlten, übernahm das Land Hessen keine Bürgschaft zur Überbrückung des Weiterbetriebs. Diese Nachricht, die Bürgermeister Michael Helbig am 10. Juni per Fax erreichte, bedeutete im Grunde das Aus. Sozialminister Grüttner sorgte für einen weiteren Sturm der Entrüstung, indem er bei einem Pressetermin in Winterkasten sagte, diejenigen, die die die Luise retten wollten, hätten mehr Elan zeigen können.

Kurz darauf keimte noch einmal Hoffnung auf, als die Linke im Kreistag beantragte, dass der Kreis Bergstraße für die Luise bürgen soll. Der Sozialausschuss lehnte dies am 22. Juli ab. Eine Woche später hielten die Beschäftigten im Krankenhaus ihre Abschiedsfeier ab. Nur das Nierenzentrum blieb bis heute im Gebäude. Die meisten der 116 Mitarbeiter fanden noch vor der Schließung neue Arbeitsstellen.

MVZ als Trostpflaster

Die Schließung war schmerzhaft. Die hausärztliche Versorgung brach aber nicht zusammen. Das lag auch daran, dass der Kreis Bergstraße und das Kreiskrankenhaus das Medizinische Versorgungszentrum der Luise übernahmen. Seit dem vergangenen Sommer residiert die Praxis an der Nibelungenstraße, unter einem Dach mit dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst, so dass eine Anlaufstelle geschaffen wurde, an der Patienten zu vielen Tageszeiten Ansprechpartner finden. Zwischenzeitlich waren die beiden Praxen in unterschiedlichen Gebäuden im Stadtgebiet untergebracht.

Die Trauer über die Krankenhausschließung wabere immer noch, sagte der damalige Erste Stadtrat Otto Schneider bei der feierlichen Eröffnung. Das neue Ärztehaus sei aber ein „gelungenes Trostpflaster“. Über Projekte wie die Landpartie 2.0. und Kooperationen mit Hochschulen versucht der Kreis, außerdem, junge Mediziner in den Odenwald zu locken, um den Personalnachwuchs zu sichern.

Ein Teil des Konzepts Luise light lebt außerdem in der Ärztegenossenschaft Gesundheitsversorgung Vorderer Odenwald weiter, die ebenfalls Praxen mit angestellten Ärzten betreibt, eine davon in Lindenfels. Genauso wie das MVZ des Kreiskrankenhauses dokumentiert die Ägivo-Praxis die Schritte weg von den Praxen niedergelassener Ärzte hin zu Ärztehäusern mit angestellten Medizinern.

Ruf nach einer neuen Einrichtung

Im Zuge der Corona-Krise wurden Rufe nach einem neuen Krankenhaus in Lindenfels lauter, ob im alten Gebäude oder woanders innerhalb der Stadtgrenzen. Die Sorge, dass die Menschen im Vorderen Odenwald irgendwann keinen ausreichenden Zugang mehr zu Versorgungsangeboten haben, ist noch da, volle Krankenhäuser in der Pandemie verstärken dieses Gefühl noch.

Insbesondere der ortsansässige Unternehmer Udo Pfeil machte sich für einen neuen Standort der stationären Notfallversorgung in Lindenfels stark. Von den örtlichen Parteien erhielt er viel Zuspruch. Allerdings fehlt es bisher an Unterstützung von den übergeordneten Ebenen. Der Kreis setzt auf die Modernisierung des Kreiskrankenhauses in Heppenheim, um die stationäre Versorgung zu sichern, auch wenn viele Lindenfelser es für den Ernstfall als zu weit entfernt betrachten. Hoffnung macht Pfeil eine neue Förderrichtlinie des Landes Hessen, nach der lokale Gesundheitszentren mit Mitteln unterstützt werden, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Er wolle sich weiter für eine neue stationäre Einrichtung in Lindenfels einsetzen, bekennt er.

Derweil hat das fast leere Krankenhausgebäude nach der Schließung mehrfach seine Besitzer gewechselt. Die jetzigen Eigentümer befanden sich zuletzt in Verhandlungen mit neuen Kaufinteressenten.

Das Luisenkrankenhaus

  • 1974 wurde das Luisenkrankenhaus in Lindenfels in Betrieb genommen. Seine Geschichte begann schon früher: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erteilte die US-amerikanische Militärkommandatur den Befehl, dass in Lindenfels ein Krankenhaus für die Odenwälder Bevölkerung eingerichtet werden soll.
  • Der Diakonieverein richtete schließlich ein Hospital in Gebäudeteilen des Kurhauses und des Sanatoriums von Nikolaus Schmitt ein _ ausgeplünderte Häuser mit vielen Mängeln. Anfangs gab es 40 Betten, bis 1954 stieg die Zahl auf 124.
  • Schon damals waren es schwere Zeiten für den Krankenhausstandort Lindenfels. Die Mängel erwiesen sich als untragbar, dem Diakonieverein fehlte Geld. Einen Dämpfer für erste Planungen eines Neubaus gab es 1967, als die Landesregierung Zuschüsse verweigerte. Die Menschen in der Region wollten das nicht akzeptieren. 40 Gemeinden sprachen sich für den Neubau aus, der Lindenfelser Bürgermeister Adam Pfeifer berief eine Versammlung ein, bei der eine Interessengemeinschaft gegründet wurde. Eine Petition wurde an den damaligen Landesgesundheitsminister Heinrich Hemsath (SPD).
  • Letztlich hatten die Bemühungen Erfolg. Das Land Hessen gab grünes Licht, 1970 starteten die Bauarbeiten. Vier Jahre später wurde die neue Klinik in Betrieb genommen.
  • Zum Zeitpunkt der Schließung hatte das Krankenhaus 110 Betten. Zuletzt gab es neben Orthopädie und Unfallchirurgie Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeinchirurgie. Die Geburtenstation war 2010 geschlossen worden. Zuvor hatte sie dafür gesorgt, dass viele Menschen in der Region, auch ohne Wohnsitz in der Burgstadt, den Ortsnamen Lindenfels als Geburtsort im Ausweis stehen haben.

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