Odenwald. Ob vor dem Supermarkt, am Straßenrand oder vor dem Freibad – von überall her kämen im Sommer die Meldungen über Hunde, die allein in verschlossenen Autos gefunden und befreit werden, schreibt die Tierschutzinitiative Odenwald (TSI).
Trotz zahlreicher Aufklärungsaktionen werde die Gefahr durch die extreme Hitzeentwicklung in Autos noch immer oft unterschätzt. Bereits bei Außentemperaturen von nur 20 Grad Celsius könne die Innentemperatur eines Autos auf 46 Grad Celsius steigen.
Die Initiative bezieht sich auf eine Studie von Wissenschaftlern des Department of Meteorology and Climate Science der San Jose State University, die verdeutlicht, wie schnell die Hitze im Auto für Lebewesen zu einer tödlichen Falle werden kann. Die Ergebnisse sind auf der Internet seite noheatstroke.org zusammengefasst.
Wer der Meinung sei, dass ein leicht geöffnetes Autofenster ausreichend ist, um der Hitzeentwicklung vorzubeugen, liege gründlich falsch, denn auch so sei keine ausreichende Luftzirkulation möglich: „Selbst ein schattiger Parkplatz verhindert nicht das Aufheizen, da sich auch ohne direkte Sonneneinstrahlung der Innenraum des Autos schnell aufheizt.“
Polizei oder Feuerwehr rufen
Hunde regulieren ihre Körpertemperatur im Wesentlichen über die Atmung, da sie nur wenige Schweißdrüsen haben. Sie sind daher erheblich hitzeempfindlicher als Menschen. Temperaturen um die 40 Grad können für einen Hund bereits tödlich sein. Sie können bei hohen Temperaturen irreparable Organschäden oder einen Herzstillstand erleiden. Auch bereits gerettete Hunde können an den Folgen der Hitzequal sterben. „Sie sollten deshalb nicht zögern, um einem Hund in einem verschlossenen Auto zu helfen“, empfiehlt die Tierschutzinitiative.
Wenn das Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Supermarktes oder einer anderen öffentlichen Einrichtung steht und sich das Tier noch bei Bewusstsein befindet, „so lassen Sie den Halter sofort ausrufen“, fahren die Tierschützer fort. Wenn sich der Fahrer nicht melde, sollte sofort die Polizei (110) oder die Feuerwehr (112) gerufen werden. Diese sind verpflichtet, einen Hund aus der tödlichen Falle zu befreien.
„Bleiben Sie am Auto und lassen Sie das Tier nicht allein. Machen Sie Fotos von dem Fahrzeug und dem Tier. Sprechen Sie Passanten an, die als Zeugen dienen können. Notieren Sie sich alle wichtigen Daten: Datum, Ort, Uhrzeit, Automarke, Farbe und Kennzeichen des Wagens“, sind weitere Empfehlungen der TSI. Helfer sollten warten, bis die Rettungskräfte eintreffen.
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Wenn sich der Zustand des Hundes sehr verschlechtert oder er sogar das Bewusstsein verliert, sollte unverzüglich gehandelt werden. Je nach Verfassung des Tieres könne es notwendig sein, den Hund selbst aus dem überhitzten Fahrzeug zu retten. Bei dieser Entscheidung sei der eigene Menschenverstand gefragt. Im Zweifel könne es helfen, Passanten um ihre Einschätzung zu bitten.
Anzeichen dafür, dass es dem Hund in der Hitze schlecht geht, sind Hecheln und Apathie, teils aber auch Nervosität. Wenn der Hund sehr stark hechele, taumele, erbreche, eine dunkle Zunge und einen glasigen Blick habe, könnte er einen Hitzeschlag erlitten haben und in akuter Lebensgefahr schweben. Der Hund müsse befreit und so schnell wie möglich zum Tierarzt gebracht werden. In so einem Fall empfiehlt die Initiative, den Fall mit Fotos oder Videos zu dokumentieren.
Es sollte demnach überprüft werden, ob eine Tür geöffnet werden kann. „Ist der Wagen verschlossen, schlagen Sie ein Seitenfenster ein, um einen möglichst geringen Schaden zu verursachen und das Tier nicht zu verletzten“, schreibt die TSI weiter: „Holen Sie das Tier aus dem Fahrzeug und bringen Sie es an einen kühlen Ort. Ist das Tier bewusstlos, bringen Sie es umgehend in eine stabile Seitenlage und überprüfen die Atmung des Tieres. Normal sind etwa zehn bis 40 Atemzügen pro Minute.
Der Hund sollte in den Schatten gebracht und mit handwarmem oder leicht kühlem Wasser gekühlt werden. Auch das dringend notwendige Trinkwasser dürfe nicht eiskalt sein. Anschließend muss der Hund umgehend zum Tierarzt – auch wenn sich sein Zustand durch die Erste-Hilfe-Maßnahmen scheinbar verbessert habe. Im Notfall könne auch die Tierrettung gerufen werden. Es biete sich an, Zeugen um Namen und Adressen zu bitten, um diese im Falle eines Gerichtsverfahrens als Zeugen angeben zu können.
Das Einschlagen einer Fahrzeugscheibe sei grundsätzlich erstmal eine Sachbeschädigung. Helfer könnten damit rechnen, dass der Fahrzeughalter später Strafanzeige wegen Sachbeschädigung erstatten wird. Es gebe in Deutschland aber Gesetze, die diese Art der Sachbeschädigung rechtfertigen.
Der Paragraf 34 im Strafgesetzbuch regele den „Gerechtfertigten Notstand“ und erlaube es, eine nicht abwendbare Gefahr für Leib und Leben mit angemessenen Mitteln abzuwenden. Dazu gehöre auch die Rettung von Hunden. Jedoch müsse man im Nachhinein zweifelsfrei belegen können, dass es sich um einen echten Notfall gehandelt hat. Es gebe zahlreiche Gerichtsurteile, die in solchen Fällen für den Tierretter entschieden haben.
So auch ein Urteil eines Münchener Gerichts (1115 OWi 236 Js 193231/17), das eine Hundehalterin zur Verantwortung zog, die ihren Hund eine halbe Stunde im Auto zurückgelassen hatte und wegen des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz nun eine ordentliche Geldbuße zahlen muss. red
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