Fürth. Auf Einladung der Fürther Grünen hielt Martin Herbst aus Köln einen bebilderten Vortrag zum Thema naturnahe Gärten. Die Resonanz war groß: Über 200 Fürther hörten zu. „Als kleiner Junge wollte ich Förster oder Held werden“, umriss der Referent zwei frühe Berufswünsche. Lange Jahre war er Bordfunker auf Transportmaschinen der Luftwaffe und arbeitete parallel im Naturschutz. Er habe in Köln erlebt, wie aus einem wunderschönen Altrheinarm ein Flughafen wurde.
Vor dem Eintritt in den Ruhestand arbeitete er 30 Jahre im Planungsbüro der Lufthansa und war dann Verantwortlicher für das Projekt „Der Garten der Grünspechte“. Damit will er Lebensräume für einheimische Arten erhalten, ebenso ihren großen Genpool.
Die Anfänge liegen in seinem Heimatort Möglingen: „Ich habe eine 4000 Quadratmeter große Obstbaumwiese geerbt, die wollte ich so naturnah wie möglich pflegen.“ Herbst erinnerte an die Bauernhöfe früherer Jahre, den Anbau von Feldfrüchten und die Hecken zwischen Wiesen und Äckern, außerdem Obstbäume und Bauerngärten: „Im Frühjahr brummte und summte es in allen Ecken unseres Grundstücks. Heute haben Landwirte riesige Felder; Monokulturen, gut gedüngt und mit Pestiziden gespritzt.“
Nicht nur die Landwirte tragen Verantwortung
Die Landwirte seien nicht allein schuld am Artensterben, auch die Gartenbesitzer trügen dazu bei, „weil auch wir nicht mehr auf einheimische Pflanzen setzen“. Herbst brachte das Beispiel der Familie Mustermann, ein Ehepaar mit zwei Kindern. Sie kaufen oder bauen ein Haus, haben einen 600 Quadratmeter großen Garten. Die Kinder sollen eine Möglichkeit haben, draußen auf dem Rasen zu spielen.
Als Sichtschutz muss eine schnell wachsende Hecke aus Kirschlorbeer oder Thuja her – Arten, die nicht aus Deutschland stammen. Der Rasen sollte möglichst pflegeleicht und vom Mähroboter, dem Feind der Igel, kurz geschoren sein. Dazu werden ein paar gelb blühende Forsythien-Büsche ins Beet gepflanzt: „Das sieht wie im Gartenprospekt aus, bietet einheimischen Insekten und Vögeln aber keine Nahrung“, so Herbst. Denn die Forsythien stammten aus Asien und seien Hybridpflanzen, ebenso die beliebten Hortensien und Rhododendren. Einheimische Insekten und Schmetterlinge mögen auch sie nicht.
„Unsere über 700 Arten von Wildbienen, Hummeln und Wespen sprechen keine Fremdsprachen. Deshalb sollten wir in unseren Gärten nur einheimische Gewächse pflanzen, denn nur deren Blüten und Pollen erkennen sie. Am liebsten mögen sie blaue Blüten wie die blauen Glockenblumen.“ Die Menschen sollten bitte keine weißen Glockenblumen pflanzen.
Herbst liebt es, mit dem Makroobjektiv zu fotografieren. Seine Porträts von Schlupfwespen, Blattschneiderbienen oder der Wegwespe, die Wolfsspinnen frisst, begeisterten das Publikum. Sein Ratschlag betraf auch ein weiteres Gewächs: Man solle die Brombeerhecken im Garten nicht radikal abschneiden. Denn die Ranken seien Lebensraum für Insekten und die Hecke für Vögel wie die Grasmücke.
Auf seinem Grundstück im Hohenloher Land hat Herbst gelernt, dass Wiesen von Zeit zu Zeit gemäht werden müssen, damit sich der durch den Wind aufgewirbelte Dünger nicht auf ihr anreichert. Vor dem Grundstück hat er einen Streifen ausgebaggert, die Muttererde abgetragen, darauf alte Ziegel gesetzt; Sand, Dachsubstrat und Mulch.
An einem Baum hat er die Rinde abgeschält, um Käfern und anderen Insekten ein Zuhause zu bieten. Er zeigte Fotos der Bauabschnitte und von den späteren Bewohnern, Insekten, Vögel und kleine Reptilien sowie jede Menge Pflanzen. In seinem Garten leben inzwischen Blindschleichen und Eidechsen, Mauswiesel und Igel, die sich am Boden unter Laub, Holzstücken oder Steinen zurückziehen, um sich vor Fressfeinden zu verstecken.
Herbst zeigte auch Fotos von missglückten Gartenprojekten. In seinem Garten im Norden von Köln hat er ein Hochbeet aus Beton angelegt. Von den Betonwänden sieht man nichts mehr, nur noch Totholzstämme und Wurzeln, die er hingestellt hat, um den Beton zu verstecken. Außerdem hat er eine Sitzgruppe aus alten Baumresten gestaltet. Manche von ihnen sind mit Efeu bewachsen.
Marienkäfer ersetzen die Insektizide
Es heiße immer, dass Efeu, der an einem lebenden Baum wachse, ihn ersticke, doch der Referent erklärte: „Lassen Sie den Baum stehen, denn Efeu ist der Lebensraum von Vögeln, Insekten und Schmetterlingen.“ Er riet zum Pflanzen von Schwarzem Holunder: „Alle einheimischen Insekten lieben ihn. Er trägt schwarze Früchte, aus denen man ein wunderbares Gelee oder einen Schnaps machen kann.“
Soweit es einen Gartenklassiker anging, riet er: „Pflanzen Sie ruhig Rosen in ihren Garten, aber bitte Sorten mit offenen Blüten, damit die Insekten an den Nektar kommen.“ Von Blattläusen befallene Rosen solle man aber nicht spritzen: „Der Marienkäfer kommt und frisst die Blattläuse ganz schnell auf.“
Damit Insekten und Vögel trinken können, solle man im Garten Wasserschalen aufstellen, die mit Steinen und Stöcken versehen seien, damit die Tiere die Wasserstelle unbeschadet wieder verlassen könnten: „Noch besser ist ein Gartenteich ohne Fische mit vielen Wasserpflanzen. Dann siedeln sich auch Libellen und Wasserläufer an.“Außerdem gehöre Totholz zum naturnahen Garten. Das könne ein Stapel Holz sein, den man verrotten lasse, aber auch ein zur Hälfte abgesägter Baum. In Köln habe er seit vielen Jahren die Igel-Dame Hermine als Untermieter im Garten: „Sie ist inzwischen so zahm, dass ich ihr die Zecken mit der Zange entfernen kann.“ gg
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