Gesundheit

Kommunalpolitiker äußern sich zur Schließung des MVZ

Lindenfelser Stadtverwaltung, SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauer und Bürgermeisterkandidat Norbert Taufertshöfer äußern sich zum Aus der Einrichtung

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Red
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Das Medizinische Versorgungszentrum in der Nibelungenstraße. © Thomas Neu

Lindenfels. Am vergangenen Freitag wurde bekannt, dass das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Lindenfels zum Ende des Jahres schließen wird. Geschäftsführer Marcus Gudera hatte Bürgermeister Michael Helbig am Donnerstag persönlich darüber informiert. Nachdem zunächst CDU-Bürgermeisterkandidat Rico Schrot eine Stellungnahme zur Ankündigung der Schließung veröffentlicht hatte, äußern sich nun auch die Lindenfelser Stadtverwaltung, SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauer und der unabhängige Bürgermeisterkandidat Norbert Taufertshöfer zum Thema.

„Die Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) ist ein schwerer Schlag für unsere Stadt, und wir verstehen die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf ihre medizinische Versorgung. Bürgermeister Michael Helbig, der Erste Stadtrat Maximilian Klöss und weitere kommunalpolitisch engagierte Menschen teilen diese Besorgnis und arbeiten bereits intensiv daran, Lösungen zu finden, um die Kontinuität der medizinischen Betreuung in Lindenfels sicherzustellen“, versichert die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung.

Im Austausch mit potenziellen neuen ärztlichen Anbietern

„Wir stehen in engem Austausch mit allen relevanten Akteuren, einschließlich potenzieller neuer ärztlicher Anbieter, um eine langfristige und tragfähige Lösung für Lindenfels zu finden“, betont Bürgermeister Helbig. Die handelnden Akteure hätten bereits zahlreiche Gespräche geführt, um die medizinische Versorgung in Lindenfels zu sichern. Eine Sondersitzung von Magistrat und Ältestenrat sei bereits für den morgigen Dienstag einberufen, um weitere Schritte gemeinsam zu besprechen.

Die Stadtverwaltung weist die Vorwürfe des Bürgermeisterkandidaten Rico Schrot entschieden zurück, sie würde ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. „Es ist unser erklärtes Ziel, dass kein Bürger Angst haben muss, in Lindenfels krank zu werden“, erklärt Bürgermeister Michael Helbig. „Es ist wichtig, die Herausforderungen konstruktiv und gemeinsam zu bewältigen, statt sie für politisches Kalkül zu nutzen“, so Klöss.

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Zu den Äußerungen von Rico Schrot nehmen Bürgermeister Helbig und Stadtrat Klöss wie folgt Stellung: „Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung ist eine komplexe Aufgabe, die Engagement und Zusammenarbeit auf allen Ebenen erfordert – lokal wie überregional. Die Stadt Lindenfels wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin eine angemessene medizinische Betreuung zu gewährleisten.“

Abschließend rufen Bürgermeister Helbig und Erster Stadtrat Klöss alle politischen Akteure sowie die Bürger auf, in dieser Angelegenheit an einem Strang zu ziehen und gemeinsam für die Gesundheit der Menschen in Lindenfels zu kämpfen: „Dem CDU-Stadtverband und allen anderen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung reichen Helbig und Klöss die Hand, um gemeinsam gesellschaftliche Probleme auch zukünftig auf konstruktive Weise zu lösen. Zusammenarbeit und konstruktiver Dialog sind der Schlüssel, um die medizinische Versorgung langfristig zu sichern und gesamtgesellschaftliche Probleme in unserer Stadt zu lösen“, heißt es in der Pressemitteilung abschließend.

SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauer übt Kritik am Universitätsklinikum Heidelberg, das zu 90 Prozent das Kreiskrankenhaus in Heppenheim trägt, zu dem das MVZ gehört: „Die Nachricht von der Schließung des MVZ in Lindenfels hat die Bevölkerung erschüttert. Der Geschäftsführer wurde beim Bürgermeister vorstellig und verkündete das Aus der Einrichtung. Die Entscheider in Heidelberg drehen die ärztliche Versorgung auf Null. Paradox, wenn das ausgerechnet ein hochgeachtetes Universitätsklinikum tut.

Ich denke die Wirtschaftlichkeit spielte die entscheidende Rolle. Von 200 000 bis 250 000 Euro jährlichem Defizit ist die Rede. Hausarztpraxen in der Umgebung sind ausgebucht und haben ihr Einkommen. Warum ist Lindenfels eine Ausnahme und wer verdient tatsächlich am MVZ? Die Miete für die Räumlichkeiten soll horrend sein. Zwei Altenheime, eine immer älter werdende Gesellschaft sollten doch gute ,Kunden’ eines in Lindenfels konkurrenzlosen MVZ sein.

Ja, die von mir angesprochenen Praxen sind von Eigentümern betriebene Einrichtungen. Eine auch wirtschaftlich verantwortliche Ärztin oder Arzt schaut da vermutlich ganz anders hin wie in einem MVZ und sorgt so für Patientenbindung. Die Krankenhausmanager in Heppenheim und Heidelberg haben – wenn man über Jahre aus Lindenfels nur defizitäre Zahlen in der Bilanz hat – meiner Meinung nach schlicht einen schlechten Job gemacht. In jedem privaten Haushalt, in jedem Betrieb und auch in jeder öffentlich-rechtlichen Körperschaft wird bei Verlust analysiert, organisatorisch umgestellt und Personal im positiven Sinne motiviert. Meist kann man die Entwicklung stoppen und wieder wirtschaftlich sein. In Lindenfels zieht man einfach den Stecker. Daseinsvorsorge Fehlanzeige“, so Thomas Bauer.

Facharzt Eberhard Gekeler verlässt die Praxis Ende August

Kommunalpolitisch glühten seit Donnerstag die Drähte. Es sei gut, dass der Bürgermeister und Erster Stadtrat Klöss versuchen, die örtlichen politischen Protagonisten ins Boot zu holen. Ausloten was geht, an einem Strang ziehen und Lösungen erarbeiten – das gehe nur zusammen. „Und natürlich muss auch der Kreis Bergstraße dabei sein. Was hat der Kreis alles für die ärztliche Versorgung – insbesondere nach der Schließung der Luise – in Lindenfels versprochen. Viel Geld, sehr viel Steuergeld wurde für das MVZ in die Hand genommen. Ist das alles umsonst gewesen?“, fragt Bauer.

Mit Unverständnis reagiert der SPD-Fraktionsvorsitzende auf die Äußerungen von Rico Schrot, der Bürgermeister Helbig und den Ersten Stadtrat Maximilian Klöss jetzt in der Verantwortung sieht. Es könne nicht sein, dass die gesundheitspolitischen Herausforderungen immer nur auf andere Ebenen abgewälzt werden, schrieb Schrot. Bürgermeister Helbig und der erste Stadtrat Klöss hätten selbst genügend Spielraum, um eine sichere medizinische Versorgung vor Ort zu gewährleisten, betonte Schrot.

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Für Thomas Bauer sei es unangebracht, das Thema in den Bürgermeisterwahlkampf einzubringen, wie er schreibt. „Im März hat Schrot seine Bürgermeisterkandidatur öffentlich gemacht. Seit dieser Zeit habe ich ihn weder in einer der vielen öffentlichen Ausschusssitzungen gesehen, noch als interessierter Zuhörer in einer Stadtverordnetenversammlung. So gut informiert, wie er vorgibt zu sein, wäre das die Gelegenheit gewesen, seine Parteifreunde zu informieren und das Thema damit schon lange in den Fokus zu rücken“, moniert Bauer.

In seiner Pressemitteilung schrieb Rico Schrot zudem, dass er von Landrat Christian Engelhardt persönlich über die Schließung des MVZ informiert worden sei. „Wenn das wahr ist, wirft das auch kein gutes Licht auf den Landrat, da der Bürgermeister von Lindenfels vom Landrat nicht direkt unterrichtet worden ist. Bürgermeister Helbig wäre der erste Ansprechpartner gewesen“, bemängelt Bauer weiter.

Der unabhängige Bürgermeisterkandidat Norbert Taufertshöfer sieht mit der beabsichtigten Schließung des MVZ die Nahversorgung in Lindenfels akut gefährdet. Das MVZ hatte Anfang August auf seiner Internetseite bekannt gegeben, dass der im Medizinischen Versorgungszentrum hausärztlich tätige Facharzt für Innere Medizin Eberhard Gekeler „unvorhergesehen und nicht auf eigenen Wunsch“ Ende August die Praxis verlässt. „Der kurzfristig angekündigte Abbau einer Arztstelle im MVZ zum Monatsende des August war für die Patienten in der Kernstadt und den Ortsteilen noch nicht ganz verkraftet, da schockte die Geschäftsführung in Heidelberg vergangene Woche mit der Ankündigung der Schließung des gesamten Zentrums zum Jahresende. Damit gibt es ab Januar 2025 keinen Kassenarzt für Allgemeinmedizin in Lindenfels mehr“, mahnt Taufertshöfer.

Ein weiterer Pfeiler der Nahversorgung bricht weg

Dieser Schock treffe insbesondere Stadtbewohner, die auf eine medizinische Nahversorgung unbedingt angewiesen seien. Der Anteil der Bewohner, die aus Altersgründen Lindenfels nur noch selten verlassen, steige nahezu unaufhaltsam. „Nach der Schließung des Krankenhauses und nachfolgend vieler Einzelhandelsgeschäfte wie Metzger, Bäcker, Gemüsehändler, Blumenläden, Schuhmacher, Optiker verliert nun Lindenfels und seine Ortsteile absehbar einen weiteren Pfeiler in der Nahversorgung. Der Charakter einer Kurstadt ist akut bedroht. Potentielle Neubürger werden abgeschreckt“, schreibt Taufertshöfer.

Die angekündigte Schließung des MVZ gebe Anlass, einige Fragen zu stellen, die dringend beantwortet werden müssten: „Wie kann in der Kernstadt die medizinische Grundversorgung gesichert werden? Wie könnte angesichts leerer öffentlicher Kassen und mäßiger wirtschaftlicher Rendite ein anderer Träger für das MVZ gefunden werden? Wie können Ärzte bewogen werden, sich hier anzusiedeln? Wie kann der weitere Niedergang der Stadt insgesamt aufgehalten und eine Trendwende eingeleitet werden? Welche Projekte können entwickelt und verwirklicht werden, die aus Lindenfels wieder einen liebenswerten Anziehungspunkt für Menschen und diese dann zu Neubürgern macht?“

Die Antwort auf die Fragen könne nur eine gemeinsame Antwort sein, appelliert Taufertshöfer. „Der vielfach erwiesene Bürgersinn der Einwohner für ihre Stadt muss verbunden werden zu einer Gemeinschaftsidee und zu einer gemeinschaftlichen Organisation mit einem Konzept, das die Menschen überzeugt und sie mitmachen lässt. Es gibt viel anzuregen und anzustoßen. Es sind viele Gespräche zu führen, Ideen aufzugreifen und reifen zu lassen. Das sehe ich als meine Haupt-aufgabe als Kandidat und Bürgermeister an“, so Taufertshöfer abschließend. red

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