Gesundheit

Das MVZ in Lindenfels macht dicht

Die genauen Hintergründe für die Schließung zum Ende des Jahres sind bislang unklar. Was bisher bekannt ist.

Von 
Philipp Kriegbaum
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Schon seit der Schließung des Ägivo-Praxis im Dezember 2023 kursierte im Burgstädtchen das Gerücht, dass das MVZ zu macht. Nun bestätigte Geschäftsführer Marcus Gudera, dass das Medizinische Versorgungszentrum schließt. Gelingt keine Nachfolgeregelung, hat Lindenfels ab dem kommenden Jahr keinen Hausarzt mehr. © Thomas Neu

Lindenfels. Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Lindenfels schließt zum Ende dieses Jahres. Geschäftsführer Marcus Gudera überbrachte die Nachricht am Donnerstag persönlich an Bürgermeister Michael Helbig. „Ich wurde vor vollendete Tatsachen gestellt“, sagte der Verwaltungschef. Gelingt keine Nachfolgeregelung, hat Lindenfels ab dem kommenden Jahr keinen Hausarzt mehr. Denn ein Jahr zuvor hatte bereits die Ägivo-Gemeinschaftspraxis dicht gemacht.

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Gudera habe kurz zuvor seine Mitarbeiter informiert. Gründe für die Schließung habe er Helbig nicht genannt. Im Geschäftsbericht der Uniklinik Heidelberg ist aber nachzulesen, dass die MVZ gGmbH defizitär arbeitet. Die Uniklinik Heidelberg trägt zu 90 Prozent das Kreiskrankenhaus in Heppenheim, zu dem das MVZ gehört. Die übrigen zehn Prozent trägt der Kreis Bergstraße.

Interessent will mit neuem Konzept Arztversorgung sichern

Den Kreis sieht Helbig auch in erster Linie in der Pflicht beim Thema ärztliche Versorgung. Verantwortliche Referentin war Diana Stolz (CDU) bis zu ihrem Wechsel ins Wiesbadener Gesundheitsministerium im Januar. Ab September übernimmt die ehemalige parteilose Bürgermeisterin von Abtsteinach, Angelika Beckenbach, ihren Job als Erste Kreisbeigeordnete und Gesundheitsdezernentin im Landratsamt. In der Zwischenzeit übernahm Landrat Christian Engelhardt persönlich den Bereich „Gesundheitsversorgung“.

„Das MVZ ist ein wichtiger Baustein für eine ortsnahe medizinische Versorgung in Lindenfels“, ließ Engelhardt in einer ersten Pressemitteilung schreiben. Demnach „stünde ein Interessent bereit, der mit einem neuen Konzept die hausärztliche Versorgung in Lindenfels in die Zukunft führen würde. Den Kontakt zwischen dem Interessenten und den Verantwortlichen der Universitätsmedizin Heidelberg hat der Landkreis bereits vermittelt“, heißt es wörtlich. „Aber: Diesem ist es als Hauptproblem – angesichts des gravierenden Fachkräftemangels – bisher nicht gelungen, eine für das Konzept notwendige halbe Arzt-Stelle zu besetzen“, bedaure der Landrat. Konkreter wird die Pressemeldung nicht. Einen Mietzuschuss für das MVZ will der Landrat weiterhin bezahlen, „wenn eine Übernahme gelänge“.

Bereits im Februar schloss die Gynäkologieabteilung des MVZ

Auch die Kassenärztliche Vereinigung habe der Landrat bereits informiert. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung sei „Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung, die demnach auch beteiligt wäre, wenn nun Arztsitze in Lindenfels frei werden sollten.“ Der Lindenfelser Bürgermeister hat für den kommenden Dienstag, 3. September, eine außerordentliche Sitzung des Ältestenrats einberufen, um über die Situation zu informieren.

Rico Schrot: „Kein Bürger darf Angst haben, krank zu werden“

Mit großer Bestürzung reagieren der Stadtverband der CDU Lindenfels und Bürgermeisterkandidat Rico Schrot auf die Ankündigung des MVZ, den Betrieb zum Jahresende einzustellen. „Lindenfels braucht eine unmittelbare und nachhaltige Lösung. Kein Bürger darf Angst haben, krank zu werden“, sagte Rico Schrot und sieht Bürgermeister Helbig und den ersten Stadtrat Maximilian Klöss jetzt in der Verantwortung. „Es könne nicht sein, dass die gesundheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit immer nur auf andere Ebenen abgewälzt werden“, so Rico Schrot weiter. Bürgermeister Helbig und der erste Stadtrat Klöss hätten selbst genügend Spielraum, um eine sichere medizinische Versorgung vor Ort zu gewährleisten, betont Schrot.

Der Bürgermeisterkandidat der CDU Rico Schrot sei von Landrat Engelhardt persönlich informiert worden, da Engelhardt wisse, wie wichtig Schrot die medizinische Versorgung von Lindenfels sei, schreibt die CDU in einer Stellungnahme. „Das ist für mich Chefsache“, sagt Rico Schrot, der bereits seit Monaten mit Ärzten spreche, um sie für eine dauerhafte Ansiedlung und Praktizierung in Lindenfels zu unterstützen. „Eis zu verteilen reicht hier im Zweifel nicht“, so Schrot abschließend in seiner Presseerklärung. red

Bereits im Februar machte die Gynäkologieabteilung des MVZ zu. Seit der Schließung der Ägivo-Praxis im Dezember 2023 kursierte im Burgstädtchen das Gerücht, dass auch das MVZ und der Ärztliche Bereitschaftsdienst (ÄBD) in Lindenfels dicht machen. Zumindest im Fall des ÄBD, der sich die Räumlichkeiten mit dem MVZ teilt, hatte die Kassenärztliche Vereinigung Hessen Entwarnung gegeben: „Eine Schließung des ÄBD in Lindenfels kann ich nicht bestätigen, die Bereitschaftsdienstzentrale bleibt bestehen“, teilte der stellvertretende Pressesprecher Alexander Kowalski damals auf Anfrage dieser Redaktion mit.

Es fehle an der notwendigen Personalbesetzung

Anders sah es hingegen beim MVZ aus. Das Universitätsklinikum Heidelberg räumte ein, dass es Probleme beim Praxisbetrieb gibt. „Es fällt schwer, qualifiziertes ärztliches und medizinisches Personal zu gewinnen und zu binden“, erklärte Stefanie Seltmann. Sie ist Leiterin der Unternehmenskommunikation und Pressesprecherin am Universitätsklinikum und an der Medizinischen Fakultät Heidelberg. Für einen reibungslosen Praxisbetrieb fehle es in Lindenfels an der dafür notwendigen stabilen Personalbesetzung. Damit gestalte sich die wirtschaftliche Führung der Praxis schwierig. Die Geschäftsführung des MVZ sei daher durch das Kreiskrankenhaus Bergstraße beziehungsweise die Gesellschafterversammlung damit beauftragt worden, nach Lösungen zu suchen. „In diesem Zusammenhang wird auch über die Nachbesetzung des gynäkologischen Sitzes beraten“, schrieb Seltmann damals.

Das MVZ befindet sich seit Juli 2020 am Standort Nibelungenstraße 105a. Zuvor ging es für die Gemeinschaftspraxis nach der Schließung des Luisenkrankenhauses 2016 zunächst für kurze Zeit in Räume im Seniorenheim Parkhöhe. Danach arbeitete das Team in einer Praxis gegenüber des Moëlanplatzes.

Freier Autor Schwerpunkte: Lokales Lindenfels / Lautertal, Chorgesang, Vereine, Hintergründe.

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