Weschnitztal. „Die Anlage dient der Entspannung und Erholung. Bitte helfen Sie mit, sie in einem sauberen und ordentlichen Zustand zu halten.“ Das steht auf einem Schild, das Besucher in der Fürther Erholungsanlage Steinbachwiesen willkommen heißt. Im krassen Gegensatz dazu der Hintergrund: Rings um eine Sitzbank liegen Plastikbecher, Dosen und Flaschen auf dem Boden verstreut. Leser Andreas Egger hat diese Beobachtung gemacht, als er mit seinem Hund spazieren ging. Er schreibt: „Ich finde es eine Riesenschweinerei, dass jemand so seinen Müll hinterlässt.“ Und er fragt sich, ob es wohl bei den Verursachern daheim auch so aussieht.
Illegal entsorgter Müll, das ist ein Thema, das die Gemüter erhitzt, die Menschen empört, oft aber auch hilflos macht. Der Leser vermutet, dass die Gemeindemitarbeiter den Dreck entsorgen müssen – und liegt damit richtig.
Die Allgemeinheit zahlt dafür
„Es wird schlimmer“, ist ein Eindruck, den Dieter Arnold hat. Fürths stellvertretender Bauhofleiter hat in dieser Hinsicht schon viel erlebt. Im Frühjahr zogen er und seine Leute einen kompletten Grill mit angeschlossener Gasflasche aus dem Gebüsch am Stausee in Krumbach: „Die sind mit dem Auto rückwärts rangefahren und haben ihn in die Hecke geschmissen.“
Wurde das Gerät gestohlen? Oder einfach von seinem Besitzer entsorgt? Arnold weiß es nicht. Jedenfalls kommen oft Anrufe von Spaziergängern oder Anwohnern, wenn irgendwo etwas liegt, was da nicht hingehört. Dann fahren die Arbeiter schnellstmöglich los, etwa zum Parkplatz Wegscheide oberhalb von Weschnitz in Richtung Hiltersklingen: „Da lag ein massiver Nachtspeicherofen inklusive aller Innereien. Er war sauschwer.“
Der Gemeinde-Mitarbeiter macht sich seine eigenen Gedanken: „Irgendwer will das nicht zum Recyclinghof fahren, lädt das Ding ins Auto und wartet, bis es dunkel ist.“ – um dann in die Natur zu fahren und das ungewollte Ding loszuwerden. Möglicherweise kostet es Geld, die Komponenten zu entsorgen: „So bezahlt es halt die Allgemeinheit.“ Doch in den meisten Fällen sei die Entsorgung ohnehin kostenlos: „Dann braucht man doch nichts in die Geografie zu schmeißen.“
Tonnenweise Müll: Auskünfte der Gemeinden
Im Kreis ist nicht etwa der Zweckverband Abfallwirtschaft für die Beseitigung „wilden“ Mülls zuständig, sondern die Bauhöfe der einzelnen Städte und Kommunen, wie Jens Gerdes vom Kreis erklärt. Soweit es die Weschnitztalkommunen betrifft, handelt es sich um eindrucksvolle Mengen, die da alljährlich beseitigt werden müssen.
Der Rimbacher Bauhof wirft illegal entsorgte Gegenstände in einen Container, der dort steht und regelmäßig geleert wird. Dietmar Schmittinger vom Bereich Bauen und Ordnung schätzt, dass jährlich 40 bis 60 Tonnen Müll zusammenkommen.
Sondermüll wird getrennt gesammelt und durch eine Fachfirma abgeholt. Genaue Angaben zu diesen Kosten kann er nicht machen, doch sie sind hoch.
Auch in Fürth ist es schwierig, Kosten exakt zu beziffern. Simon Mager vom Ordnungsamt teilt dazu mit: „Beträge können nicht verlässlich genannt werden.“ Die Gemeinde hat zwei Container mit jeweils fünf Kubikmetern Fassungsvermögen, wie Mager weiter berichtet: „Diese werden einmal pro Woche geleert. In der Regel sind beide Container am Abholtag voll.“ Er rechnet vor, dass die Müll-Menge ein Gewicht von 700 bis 1200 Kilo hat, dass dazu aber auch Abfälle gehören, „die wir in eigener Aufgabenerfüllung ,ganz normal‘ einsammeln“. Geht man vom Mittelwert, 950 Kilo, aus, so macht das im Jahr 49 400 Kilo, also rund 50 Tonnen. In der Gemeinde gibt es etwa 30 sogenannte Hundetoiletten, also Mülleimer und Tütenspender. Auch hier werde nicht alles ordnungsgemäß entsorgt, erklärt Mager. Auch anderswo gibt es diese „Hundeklos“.
In Mörlenbach werden „legaler“ und „illegaler“ Müll in dieselbe „Mulde“ geworfen. Deshalb kann Michael Lellbach von der Abteilung Bau und Eigenbetrieb die anfallenden Jahresmengen nur schätzen; er kommt auf einen Wert von 20 bis 25 Tonnen. Was die Kosten angeht, so hat er zwar keine exakte Zahl, gibt aber eine Schätzung an die Hand: „Eine Tonne Restmüll kostet aktuell etwa 200 Euro in der Entsorgung.“ Wobei Sondermüll deutlich teurer ist. stk
In Rimbach fährt der Bauhof routinemäßig zweimal pro Woche bestimmte Plätze ab. Dann werden die Mülleimer auf der Gemarkung geleert, und es geht zu den neuralgischen Stellen. Vielleicht ist ein wenig Resignation dabei, wenn Dietmar Schmittinger das so kommentiert: „Der Müll wird zu Zeiten abgeladen, wo da niemand ist. Was sollen wir machen, außer ihn abzuholen?“ Er ist Geschäftsbereichsleiter Bauen und Ordnung und hat ebenfalls schon viel erlebt: „Koffer, Geschirr, Matratzen, ganze Couchgarnituren werden einfach illegal entsorgt.“ Sachen, die man doch auch kostenlos als Sperrmüll abholen lassen könnte. Auch mit Sondermüll bekommen es die Rimbacher immer wieder zu tun: Farbeimer, aber auch Batterien – Dinge, die man ohne Weiteres beim Sondermüll-Mobil abgeben könnte.
Auch die Mörlenbacher Bauhof-Leute drehen zweimal pro Woche eine Runde über die Gemarkung; freitags ist der „große“ Durchgang, sagt Michael Lellbach von der Abteilung Bau und Eigenbetrieb. Dann werden neben den kommunalen Mülleimern auch die Waldparkplätze inspiziert, an denen die Arbeiter regelmäßig etwas finden: „Einmal die Woche, das kommt hin.“
Ansonsten rücken sie aus, wenn Meldungen von Bürgern kommen. Nicht immer finden sich Verunreinigungen an abgelegenen Orten. Kürzlich hatte jemand 15 Säcke voller Haushaltsmüll an dem Verbindungsweg abgeladen, der von der Panoramastraße zum Radweg nach Weiher führt: „Die wurden einfach aus dem Auto rausgeleert.“
Schwerpunkt Glascontainer
Lellbach und Schmittinger wissen noch von einem anderen, geradezu klassischen Ablageort: in der Nähe von Glascontainern. Auch in Fürth ist das so, wie Simon Mager vom Fachbereich Sicherheit, Ordnung und Soziales berichtet: „Wir haben schon seit einigen Jahren verstärkt Müllansammlungen an Kleidercontainern, Glascontainern, dem Parkplatz ,Wegscheide’, dem Parkplatz an der Walburgiskapelle sowie an den Stauseen Ellenbach und Krumbach.“
Der Forst melde illegale Entsorgungen zudem an den Zufahrten in die Wälder oder an den Forstwegen. An leicht anfahrbaren Plätzen würden häufig ganze Zimmereinrichtungen entsorgt, doch auch am Freibad finden die Mitarbeiter Sondermüll wie Farbe oder nicht definierbare Lösungsmittel.
Am „Brennpunkt“ Glascontainer hat Arnold schon Teppiche, Matratzen oder Kinderwagen aufgelesen. Er befürchtet, dass vieles von Menschen, die kein Deutsch können und die Schilder nicht verstehen, abgeladen wird: „Sie denken, sie machen alles richtig.“ Denn Koffer, Kinderspielzeug, „alles, was man nicht mehr will“, wird ja regelmäßig abgeholt, auch Küchenabfälle. Die wiederum ziehen „Viehzeug“ an, erklärt Arnold: Wegen der Ratten ist der Abfall also auch ein gesundheitliches Problem.
Lellbach denkt, dass es keine Frage des Verständnisses ist: „Die Meisten wissen das ganz genau.“ Und Ärger ist schon dabei, als er sagt: „Das ist bei ihnen so ein Gefühl, sie denken, ,irgendein Depp holt das schon ab‘. Und der Depp ist am Ende eben die Gemeinde.“ Fenster, Reifen, Bauschutt, ihn überrascht in dieser Hinsicht nur noch wenig. Was Arnold „richtig nervt“, sind außerdem die Tüten mit Flaschen, die vor die Glascontainer gestellt werden, entweder weil sie nachts gebracht werden oder „weil die Leute einfach zu faul sind, das Glas ordnungsgemäß in die Behälter zu entsorgen“.
„Partymüll“ ist in Rimbach ein Problem
Wie in Fürth ist im Sommer auch in Rimbach der „Partymüll“ ein Problem. Schmittinger macht hier Schwerpunkte aus, etwa am Bolzplatz hinter der Martin-Luther-Schule: „Grundsätzlich an Plätzen, wo es ruhiger ist, wo Tische und Bänke stehen.“ In Mörlenbach fällt Lellbach vor allem der Waldsee ein, wo gelegentlich „heftigst“ gefeiert werde. Von vielen einsamen Trinkereien geben dagegen die vielen Portions-Fläschchen Zeugnis, die Arnold zur Genüge kennt: „Diese Schnapsfläschchen findet man oft an schwer einsehbaren Plätzen.“ Heimlich und schnell werden sie ins Gebüsch geworfen, während die Reste von Schnellimbiss-Mahlzeiten aus dem Autofenster geworfen werden und immer wieder entlang der Durchgangsstraßen auftauchen.
Das größte Problem für die Ordnungshüter und Bauhof-Leute ist, dass die Verursacher oft unerkannt bleiben.Hin und wieder haben die Helfer aber Glück, und es findet sich im Sperrmüll ein Hinweis auf den Entsorger, eine Adresse, ein Kontoauszug. Arnold hat die Betreffenden damit konfrontiert, aber auch nur Ausreden gehört: „Die sagen dann, dass sie nicht wissen, wie das dahin kommt, und dass sie nichts damit zu tun haben.“ Letztlich müsse man die Täter auf frischer Tat ertappen, „sonst bringt es nichts“.
„Das ist ganz schlecht nachweisbar“, seufzt auch Lellbach. Aber in Mörlenbach ist es immerhin einmal gelungen. Hinterm Viadukt bei Vöckelsbach wurden Fliesen von einer Hausrenovierung gefunden. Ein Adressaufkleber führte zum Eigentümer. Der erklärte, dass er eine Entrümpelungsfirma mit der Entsorgung beauftragt habe. Das Unternehmen wurde kontaktiert, die Sache war klar. Am Ende stand ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit Geldstrafe.
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