Lindenfels. Sinkende Steuereinnahmen, gestiegene Personalkosten, die Erhöhung der Kreis- und Schulumlage sowie Kostensteigerungen im Bereich der Kindertagesstätten haben in Lindenfels zu einer prekären Finanzlage geführt. „Die Ausgaben steigen deutlich schneller als die Einnahmen und bringen den städtischen Haushalt in eine drastische Schieflage“, hatte Bürgermeister Michael Helbig im Dezember gemahnt. „Sparen, sparen, sparen“ lautet seitdem das Motto im Burgstädtchen.
Nachdem der Finanzausschuss schon in seiner Januar-Sitzung den Haushaltsplanentwurf für 2025 akribisch durchforstet hatte, um zu ermitteln, welche Positionen die größten Kostentreiber sind, wurde nun auch in der zweiten Runde der Haushaltsberatung am Dienstag genau geprüft, an welchen Stellen man gegebenenfalls etwas einsparen kann. Ihren Auftrag hatten die Ausschussmitglieder dabei genau vor Augen: Jede Ausgabe auf den Prüfstand stellen, um die beschlossene Erhöhung des Grundsteuer-B-Hebesatzes auf 990 Prozent schnellstmöglich wieder rückgängig zu machen und den Hebesatz erneut zu senken.
Das Loch in der Lindenfelser Haushaltskasse wird erheblich größer
Nachdem Jochen Ruoff (Grüne) in der ersten Sitzung zur Haushaltsberatung bemängelt hatte, dass den Ausschussmitgliedern noch immer keine aktualisierte Fassung des Haushaltsplanentwurfs vorlag, hatte die Stadtverwaltung einiges nachzuarbeiten. Denn ursprünglich hatte die Verwaltung einen Grundsteuer-B-Hebesatz von 1300 Prozent vorgeschlagen, um nicht die gesamten Rücklagen, die die Stadt derzeit noch hat, aufzuzehren. Auf Basis dieses Hebesatzvorschlags wurde damals auch der Haushaltsplanentwurf angefertigt. Da der Hebesatz jetzt aber bei 990 Prozent liegt, stimmten folglich auch die Zahlen in diesem Plan nicht mehr.
Tanja Zeiß von der Finanzabteilung hatte deshalb nun eine Änderungsliste vorgelegt, in der die finanziellen Auswirkungen des neuen Hebesatzes aufgeführt waren. So fällt der Grundsteuer-Ertrag deutlich niedriger aus: Statt 2,5 Millionen Euro nimmt die Stadt nur noch 1,88 Millionen Euro durch die Grundsteuer B ein, also 620.000 Euro weniger. Auch das Loch in der Haushaltskasse wird dadurch erheblich größer: Hätte das Minus bei einem Grundsteuer-B-Hebesatz von 1300 Prozent bei rund 326.800 Euro gelegen, beträgt es beim Hebesatz von 990 Prozent satte 946.800 Euro. Im überarbeiteten Haushaltsplanentwurf wurden zudem die Erstattungen des Kreises Bergstraße in Höhe von 128.000 Euro für die Unterbringung der Flüchtlinge aufgeführt - dieser Wert hatte im alten Entwurf gefehlt.
Ausschuss fordert detaillierte Erklärung für gestiegene Kosten
Zufrieden war Jochen Ruoff mit der überarbeiteten Fassung allerdings trotzdem nicht: „Die Begründung für die höheren Kosten bei Sach- und Dienstleistungen ist immer noch nicht ausreichend. Im Plan steht zwar, was teurer geworden ist, aber nicht warum“, kritisierte er. Den Unterlagen ist zu entnehmen, dass dieser Kostenpunkt von rund 2,4 Millionen Euro im Jahr 2024 auf knapp 2,7 Millionen im Jahr 2025 angewachsen ist.
„Das ist eine exorbitante Steigerung. Da geht es nicht um Peanuts. Ich hatte eine detaillierte Begründung verlangt. Detailliert ist die Aufstellung aber nicht. Dieser Plan ist für mich keine Grundlage, um diese Erhöhung mitzutragen“, rügte er die Stadtverwaltung. „Die Bürger müssen durch die neue Grundsteuer B unheimlich viel mehr zahlen. Da erwarte ich von der Verwaltung, dass sie solche Kostenänderungen ohne Anfrage erläutert. Wenn das nicht passiert, erweckt das den Eindruck, als sei es der Verwaltung egal, dass die Bürger mehr zahlen müssen. Wir haben die politische Verantwortung, die Grundsteuer B wieder zu senken. Und das nehme ich gerade sehr ernst“, betonte Ruoff.
Diese Anschuldigung wollte der Bürgermeister nicht auf sich sitzen lassen: „Das ärgert mich maßlos. Der Verwaltung ist das natürlich nicht egal. Die Mitarbeiter haben schlaflose Nächte deswegen. Realistisch gesehen hätten wir die Grundsteuer sogar schon früher erhöhen müssen, weil auch der Haushalt 2024 mit einem Minus abgeschlossen hat“, stellte Michael Helbig klar. Thomas Bauer (SPD) sah eine zeitnahe Grundsteuersenkung kritisch: „Wenn wir jetzt auf Teufel komm raus die Grundsteuer senken, dann stellen wir uns eine eigene Falle, wenn das Geld am Ende nicht reicht. Wir sollten erstmal abwarten und den Blick in die Zukunft richten. Denn es können immer unvorhergesehen Dinge passieren wie Wasserrohrbrüche oder Straßensanierungen, für die man Budget benötigt.“
Straßenbeitragsbescheide konnten in Winkel und Schlierbach noch nicht versendet werden
Angesprochen wurden im weiteren Verlauf der Sitzung auch die Kostensteigerungen in Höhe von 74.300 Euro bei den Sach- und Dienstleistungen im Bereich Wasserversorgung, von knapp 66.000 Euro bei den Sportstätten und von rund 57.000 Euro im Bereich „Wirtschaft und Tourismus“. Ein Rätsel gaben den Ausschussmitgliedern auch die Auszahlungen für Investitionen in sonstiges Sachanlagevermögen und immaterielles Anlagevermögen im Bereich „Wirtschaft und Tourismus“ auf, die sich von 1.277 Euro im Jahr 2023 auf 29.000 Euro im Jahr 2024 auf stolze 209.000 Euro im Jahr 2025 erhöht haben.
Ruoff merkte an, dass eventuell die Einziehung der noch ausstehenden Straßenbeiträge für Entlastung im Haushalt sorgen könnte. Die Stadtverordnetenversammlung hatte 2022 die stufenweise Abschaffung der Straßenbaubeiträge bis 2025 beschlossen. Ab dem Haushaltsjahr 2023 wurden die anteiligen Kosten für die Anlieger jährlich schrittweise gesenkt und seit diesem Jahr werden sie gar nicht mehr erhoben. Grundstückseigentümer müssen also künftig nicht mehr direkt für den kommunalen Straßenausbau zahlen.
Derzeit stehen aber noch die Straßenbeiträge für die Sanierung der Buchwaldstraße in Winkel und der Waldstraße in Schlierbach aus. Da allerdings noch nicht alle Kosten der Maßnahme genau beziffert werden können, konnten auch die Straßenbeitragsbescheide noch nicht an die Anwohner verschickt werden. Helbig bezweifelte jedoch, dass die Straßenbeiträge einen großen Einfluss auf das Kassenminus hätten: „Bei der Buchwaldstraße werden es nicht mehr als 50.000 Euro sein. Und bei der Waldstraße wird es auch nicht viel sein. Das rettet uns nicht wirklich.“ Das sah Ruoff anders, denn: „Zweimal 50.000 Euro sind auch 100.000 Euro.“
Bei der Feuerwehr in Winterkasten zu sparen, sei der falsche Weg
Ein großes Thema war in der Sitzung anschließend das Investitionsprogramm, das über 50 Projekte umfasst, für deren Umsetzung insgesamt 2,8 Millionen Euro veranschlagt sind. Vor allem der Anbau des Feuerwehrhauses in Winterkasten verschlingt eine Menge Geld - und dann auch noch deutlich mehr als geplant. Eigentlich war man davon ausgegangen, dass die Baumaßnahme 1,2 Millionen Euro kostet.
- 2024: 150.000 Euro
- 2025: 600.000 Euro
- 2026: 450.000 Euro
Legt man die neuesten Berechnungen zugrunde, kostet der Anbau nun 2,2 Millionen Euro
- 2024: 150.000 Euro
- 2025: 950.000 Euro
- 2026: 950.000 Euro
- 2027: 150.000 Euro
„Das hat mich bockstark überrascht“, räumte Helbig ein.
„Das ist eine unglaubliche Kostensteigerung und ein großer Schlag, aber ich bin dankbar, dass die Verwaltung das nicht verschweigt. Dass alles teuer wird, zieht sich ja wie ein roter Faden durch den Haushaltsplanentwurf“, ergänzte Bauer. Dennoch erachtete er es als gut investiertes Geld, denn: „Die Feuerwehr in Winterkasten ist sehr engagiert und tut viel für den Brandschutz.“ Dort zu sparen ist für ihn der falsche Weg. Stattdessen müsse man andere Posten des Investitionsprogramms zusammenstreichen, um diese Kosten aufzufangen.
Zwei neue Fahrzeuge für die Feuerwehr eingeplant
Im Investitionsprogramm ist auch die Anschaffung von zwei neuen Feuerwehrfahrzeugen vorgesehen - und zwar ein Einsatzleitwagen für 200.000 Euro und ein Gerätewagen Logistik für 300.000 Euro. Hier darf die Stadt zwar immerhin mit einem Zuschuss von jeweils 45.000 Euro rechnen, trotzdem kam die Frage auf , ob der Kauf dieser zwei Fahrzeuge in diesem Jahr unbedingt nötig sei. Helbig verwies hier an den stellvertretenden Lindenfelser Stadtbrandinspektor Tobias Pfeifer, der zusammen mit einigen Feuerwehrkameraden die Finanzausschusssitzung von den Zuschauerplätzen aus verfolgt hatte. Pfeifer bestätigte, dass die neuen Fahrzeuge dringend nötig seien, da diese genügend Platz für zusätzliche Ausrüstung bieten, die essenziell seien, beispielsweise die Waldbrandausrüstung oder weiteres Material für Verkehrsunfälle und Ölspuren.
Bernd Rettig (LWG) erkundigte sich, wie schwer die neuen Fahrzeuge sind. „Denn falls sie über 7,5 Tonnen wiegen, entstehen Folgekosten, weil man auch jemanden braucht, der diese Fahrzeuge fahren kann. Man benötigt dann einen speziellen Führerschein dafür“, erläuterte Rettig. „Und die zweite Frage ist: Wo stellen wir die Fahrzeuge hin? Das Lindenfelser Gerätehaus ist voll.“
Magistrat lehnt Kauf der Heilig-Blut-Kapelle ab
Nachgehakt hatte der Ausschuss außerdem, warum für den Waldkindergarten wieder 100.000 Euro veranschlagt werden. Wie Helbig erklärte, sei geplant, einen zweiten Bauwagen anzuschaffen, da auch die Baugenehmigung für zwei Bauwägen erteilt worden sei.
Auch damit, dass für die Sanierung des Röttwegs, der von Winterkasten zum Bismarckturm verläuft, 350.000 Euro ausgegeben werden sollen, waren nicht alle Ausschussmitglieder einverstanden. „Das ist ein landwirtschaftlicher Weg. Das ist mir völlig unklar, warum der geteert werden soll. Da genügt Schotter“, so Dieter Adolph (FDP). Thomas Bauer legte für die SPD ebenfalls ein Veto ein. „Der Pilgerweg Camino Incluso verläuft über den Röttweg. Einen Rollstuhl über einen Schotterweg schieben zu müssen, ist sehr beschwerlich“, informierte Helbig.
Ruoff erkundigte sich abschließend, wie weit die Planungen bezüglich des Kaufes der Heilig-Blut-Kapelle in Kolmbach gediehen seien. Helbig gab bekannt, dass noch kein Angebot der Kirche vorliege. Zudem habe der Magistrat den Kauf der Kapelle wegen der Folgekosten abgelehnt.
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