Lindenfels. Es waren nicht die besten Rahmenbedingungen, aber neben seinen vielfältigen Funktionen dient der Wald auch als Regenschirm und das war jüngst beim informativen Rundgang durch den Lindenfelser Stadtwald durchaus nützlich. Vorausgesetzt, das schützende natürliche Dach ist noch komplett und es gibt nicht zu viele Lichtungen und Lücken. Von denen gab es allerdings einige zu sehen und die machten deutlich, dass auch der Wald aktuell unter den klimatischen Rahmenbedingungen leidet.
Die Natur hat stark gelitten
Das Nass von oben können die Bäume allerdings gut gebrauchen, wie Revierförster Robin Töngi erläuterte. Er führte die von Stadtverordnetenvorsteher Stefan Ringer eingeladenen Teilnehmer durch den städtischen Forst, um mit seinen Informationen zum Verständnis der Situation des Waldes und der erforderlichen Maßnahmen beizutragen.
Neben Vertretern der städtischen Gremien hatten sich auch interessierte Bürger auf dem Natur-Parkplatz Weinweg an der Straße zwischen Winterkasten und Neunkirchen eingefunden. In Vertretung von Bürgermeister Michael Helbig war Erster Stadtrat Maximilian Klöss gekommen. Sie erfuhren während der gut zweieinhalbstündigen Exkursion vor allem, dass der Wald deutlich unter Druck steht und durch die Kombination von Klimawandel und Schädlingen in einem besorgniserregenden Zustand ist, wie Revierförster Töngi ausführte.
Der 25-jährige Forstwirtschaftlicher hat nach seinem Studium und seinem Anwärterjahr beim Hessen-Forst in Nordhessen mit abgeschlossener Prüfung 2020 erste Erfahrungen beim Forstamt Groß-Gerau gesammelt. Seit diesem März ist für das Revier Lautertal-Lindenfels zuständig und hat im Juni mit seiner Frau das Forsthaus im Kirschenweg bezogen, wo er auch Sprechstunden anbietet.
Die aktuelle Schadenslage im Wald hat ihre Gründe vor allem in den Klimaereignissen, die zu einigen Rekordergebnissen führten: Der trockenste Sommer seit 1881, einer der drei wärmsten Sommer seit 1881 und der sonnenreichste Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen 1951. „Dieser seit 2018 anhaltende Trend wird sich fortsetzen“, so Töngi.
Die Holzernte von insgesamt knapp 2500 Festmeter beschränkte sich insbesondere auf Schadholz und Windwurfholz. Das Schadholz (450 Festmeter Buche und 1350 Festmeter Kiefer) konnte dennoch zu guten Preisen verkauft werden, da die Nachfrage auch aufgrund fehlender Importe aus Russland und der Ukraine gestiegen ist.
Für die Forstwirtschaft geht es jetzt vor allem darum, die entstandenen Lücken im Waldbestand wieder aufzuforsten.
Im Lindenfelser Stadtwald geht es dabei um eine geschätzte Fläche von mindestens fünf Hektar, von denen aktuell zwei Hektar mit künstlicher und natürlicher Verjüngung wiederbegrünt wurden. Der größte Teil der knapp 4000 Pflanzen entfiel zu etwa 40 Prozent auf heimisches Edellaubholz, ergänzt von Douglasie, heimischem Nadelholz und Nordmanntanne.
Hoffnung auf Förderung
Die Wiederbewaldung ist vor allem auch ein hoher finanzieller Aufwand, da auf großen Flächen eine natürliche Verjüngung nicht funktioniert. Eine Eichenkultur, so der Revierförster, koste zwischen 20 000 bis 25 000 Euro pro Hektar, bis sie gesichert sei. In Lindenfels will man daher die Förderung im Rahmen der Extremwetter-Richtlinie Wald nutzen, mit der Maßnahmen zur Wiederbewaldung mit bis zu 90 Prozent gefördert werden.
Wasser verdunstet schnell
An den beiden großen Freiflächen am Standort „Bauloch“ erläuterte Töngi die im kommenden Jahr geplanten Maßnahmen, die sich an den Richtlinien des Förderprogramms orientieren und sowohl die förderfähigen Baumarten als auch die standörtliche Wasserbilanz berücksichtigen.
Insgesamt sollen auf beiden Flächen oberhalb und unterhalb des Weges 7650 Pflanzen, davon 7500 heimische Bäume von zehn verschiedenen Arten gepflanzt werden, wobei auf jeder Fläche mindestens drei verschiedene Baumarten vorgesehen sind. Bei Gesamtkosten von knapp 34 000 Euro würden etwa 22 500 Euro gefördert werden. Bei den Baumarten handelt es sich um Traubeneiche, Hainbuche, Spitzahorn, Elsbeere, Bergahorn, Wildbirne und Wildapfel.
Das alles sind Maßnahmen für nachfolgende Generationen und einen Wald, der den ökologischen, ökonomischen und sozialen Bedürfnissen gerecht werden kann. Dafür sind auch ergänzende Maßnahmen erforderlich, um beispielsweise den Wasserbedarf der Bäume zu sichern.
Aktuell ist die standörtliche Wasserbilanz des Lindenfelser Stadtwalds noch leicht positiv, dürfte sich den Prognosen zufolge aber verschlechtern. Denn aktuell verdunstet in der Vegetationszeit mehr Wasser als vom Himmel fällt, so dass die Bäume auf das im Winterhalbjahr im Boden gespeicherte Wasser angewiesen sind. Damit auch das noch ausreichend vorhanden ist, soll bei künftigen Wegebaumaßnahmen an Sickerungsgruben gedacht werden, die das Wasser speichern und nicht ablaufen lassen.
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