Beedenkirchen. „Unser Wald braucht ein paar Jahre Schonzeit“, sagte Botanikerin Annette Modl-Chalwatzis beim Rundgang durch den Felsbergwald. Die Ortsgruppe des Naturschutzbundes in Beedenkirchen hatte Bürger und Mandatsträger ais Lautertal zu dem Spaziergang eingeladen um auf die Situation des Waldes aufmerksam zu machen. Versierte Führerin war Annette Modl-Chalwatzis, die Lehrerin für Botanik und Chemie ist und sich in der Botanischen Vereinigung für Naturschutz sowie im Kreisverband des Naturschutzbundes (Nabu) tätig.
Zum Rundgang begrüßte Andrea Gulden von der Nabu-Gruppe in Beedenkirchen zahlreiche Teilnehmer. „Ich möchte Ihnen die Ökologie des Waldes näherbringen und warum es so wichtig ist, alles zu tun, um in den derzeit eher trockenen Sommern den Wald zu erhalten“, so Modl-Chalwatzis. Schon auf dem Parkplatz Römersteine gab es einen ersten Einblick für die Teilnehmer, deren Tour vorbei an der Seegerhütte zum beliebten Tourismusziel Felsenmeer führte.
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Warum es im Wald an heißen Sommertagen angenehmer und kühler ist, fragte Annette Modl-Chalwatzis in die Runde. Viele Teilnehmer hatten schon festgestellt, dass an heißen Tagen der Wald ein sehr angenehmer Aufenthaltsort ist. Das betrifft aber nur den Laubwald, etwa den „Hainsimsen-Buchenwald“ am Felsberg. Seit der letzten Eiszeit bilden die Buchen in vielen Wäldern große Bestände aus. Der Baum hat mit seinen Blättern eine große Blattoberfläche – es können bis zu 150 Quadratmeter sein.
Diese Blätter geben im Lebenszyklus des Baumes bei der Produktion von Sauerstoff auch Wasser in Form von Dampf ab. „Der Baum transpiriert, und wo Wasser ist, fühlt es sich immer kühler an.“ Jetzt stellt sich die Frage, wo das Wasser herkommt – gerade in sehr trockenen Sommern. Eine wichtige Unterstützung dazu geben die Pilzfäden, die sich im Waldboden befinden. Gerade jetzt im Herbst lassen sich die Fruchtkörper der Pilze finden. Diese an der Oberfläche befindlichen Teile des Pilzes haben die Aufgabe, für die Vermehrung zu sorgen. Der weitaus größere Anteil des Pilzes liegt unter der Erde in Form von feinsten Fäden, der sogenannten Mykorrhiza.
Mehr als eine Menge von Bäumen
Die Bodenstruktur im Wald hat ebenfalls wichtige Funktionen. Der Boden ist ein Lebensraum für viele Kleinstlebewesen, Pflanzen und eben die Pilzfäden. Das ganze System und die Bodenbeschaffenheit selbst sind wichtige Grundlagen für den Erhalt des Waldes. Alles wirkt zusammen und muss daher auch im Zusammenhang betrachtet werden.
Der Wald ist daher nicht einfach eine Ansammlung von Bäumen. Nun brachte Modl-Chalwatzis den Begriff Biodiversität ein. Dazu gehört die Vielfalt eines Lebensraums, in diesem Fall dem Wald. Dazu gehören aber noch weitere Faktoren, etwa die klimatischen Bedingungen. In einem Bergbuchenwald wie am Felsberg ist das Klima anders als im Ried.
Bei der natürlichen Verjüngung der Bäume – wenn aus den Samen der am Fuß des Mutterbaumes wieder zu einer Pflanze wächst – kann nur das aufwachsen, was mit den Faktoren am Ort zurechtkommt. So bildet sich ein Genpool heraus, der kräftige und standortstabile Populationen hervorbringt. „Das können Sie mit Setzlingen so nicht erreichen“, erklärte Annette Modl-Chalwatzis.
Eine gesunde Bodenstruktur sei im Wald wichtig – nicht nur für die natürliche Verjüngung der Bäume, sondern auch für andere Pflanzen, die Kleinstlebewesen und die wichtigen Pilzfäden. Natürlich vorkommende feuchte Flächen und Totholz im Wald, das von Kleinstlebewesen mit der Unterstützung von Pilzen zersetzt wird, haben weitere wichtige Funktionen. Das alles trägt zu einem gesunden Wasserhaushalt bei, der selbst sehr trockene Sommer überstehen kann.
Kommen nun schwergewichtigen Erntemaschinen – sogenannte Harvester – zum Einsatz und arbeiten sich bei Baumfällungen vor, dann wird das sensible System für lange Zeit geschädigt. Die Böden werden verdichtet und können kein Wasser mehr aufnehmen. Das fließt dann schnell talwärts und geht verloren. Deshalb sei eine rücksichtsvolle Forstwirtschaft wichtig.
Ist das Kronendach der Bäume erst einmal geöffnet und kommt zu viel Licht auf den Boden, entwickeln sich Brennnesseln und Brombeerhecken. Das zeigte Annette Modl-Chalwatzis an zwei Kahlschlagsflächen. Vor allem die Bäume am Rand sind plötzlich starker Sonnenbestrahlung und auch Windstürmen schutzlos ausgeliefert.
Die ersten Bäume, die hier wieder wachsen, sind Birken. Andere Baumarten wurden über Setzlinge in die Flächen eingebracht. Ein gesundes Gleichwicht muss sich auf diesen Flächen erst wieder einstellen, das kann viele Jahre dauern.
Diskutiert wurde auch über den Nadelwald, der in seinen Strukturen die Vielfältigkeit des Laubwaldes vermissen lässt. Auch am Ende des Rundgangs gab es noch viel Gesprächsbedarf.
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