Lindenfels. „Wenn Sie Skrupel haben, ist die Vollmacht nicht das richtige Instrument.“ Maritta Eckert-Geiß betonte mehrfach, dass jeder eine Betreuungsvollmacht erteilen sollte. Und zwar einem Menschen, dem er uneingeschränkt vertraut. Die Referentin ist eine von zwei Expertinnen für das Betreuungsrecht beim Heppenheimer Caritas-Betreuungsverein. Der Lindenfelser Ortsverband der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hatte sie für einen Vortrag gewonnen, weil das auf dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) basierende Betreuungsrecht Anfang des Jahres überarbeitet wurde.
Nicht zu Hause unterschreiben
Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung – um diese drei Themen ging es in der knapp zweistündigen Veranstaltung im Bürgerhaus. Viele Lindenfelser scheinen sich bereits für gut informiert zu halten oder wollten nicht ihren Feierabend für die trockene Materie opfern. Jedenfalls kamen nur gut zwei Dutzend Gäste zum Vortrag.
Hintergrund
Mit einer Vorsorgevollmacht wird eine Person ermächtigt, rechtswirksam für den Vollmachtgeber zu handeln. Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers durch das Betreuungsgericht ist dann nicht erforderlich.
Will man keine Vorsorgevollmacht erteilen, kann man mittels einer Betreuungsverfügung selbst bestimmen, wer zum Betreuer bestellt werden soll, wenn das Gericht eine Betreuung anordnet.
Mit einer Patientenverfügung informiert der Patient den behandelnden Arzt darüber, wie er behandelt werden möchte, wenn er seinen Willen nicht mehr selbst äußern kann. Die Verfügung ist für Ärzte bindend, wenn eindeutige, klare Aussagen getroffen wurden.
Der Betreuungsverein der Caritas Bergstraße bietet kostenlos individuelle Beratung zu diesen Themen an. Kontakt per Telefon unter 06252 / 99 01 30, per E-Mail an bv@caritas-bergstrasse.de oder im Internet unter: www.caritas-familienzentrum-heppenheim.de/wer-wir-sind
Kostenlose Broschüren und Vordrucke gibt es im Internet beim Bundesjustizministerium unter: www.bmj.de/publikationen ppp
„Die beurkundete Vorsorgevollmacht ist der Porsche unter den Vorsorgevollmachten“, sagte die Referentin. Die Zuschauer verstanden, dass diese Vollmacht die umfassendste ist, obwohl das dazu gezeigte Foto ein Fahrzeug mit dem Stern einer anderen Edelmarke aus Stuttgart zeigte. Für die meisten Zwecke reiche jedoch ein Mittelklassewagen, also eine beglaubigte Vollmacht.
Eine Beglaubigung sei vor allem dann hilfreich, wenn die Vollmacht angezweifelt werde. Deshalb empfehle die Caritas diese Form. Die Beglaubigung ist kostengünstig beim Ortsgericht zu bekommen. Wichtiger Tipp aus der Erfahrung der Beraterin: Nicht schon zu Hause unterschreiben, sondern erst vor der Amtsperson.
Nur im Original gültig
Aber: „Auch mit einem Goggomobil kommt man von A nach B“, sagte sie in Anspielung auf den Kleinstwagen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Das Bild stand für eine einfache Vollmacht ohne Beglaubigung oder Urkunde. Auch die Menschen, die zu jung sind, um sich an ein Goggomobil erinnern können, sollten eine Vorsorgevollmacht haben.
Auch in jungen Jahren könne – zum Beispiel durch Unfall oder Erkrankung – unvermittelt eine Situation eintreten, in der eine andere Person für einen Menschen Entscheidungen treffen und handlungsfähig sein müsse. „Nicht erst mit 70“ solle man eine Vollmacht erteilen.
Doch die beste Vollmacht ist nutzlos, wenn sie der Bevollmächtigte nicht im Original vorlegen kann. Deshalb sollte sie dem Bevollmächtigten entweder gleich nach Unterschrift ausgehändigt oder an einem Ort aufbewahrt werden, den der Bevollmächtigte kennt. Die Caritas-Beraterin empfiehlt auch einen Zettel in der Geldbörse, der auf die Vollmacht hinweist.
Mehrmals betonte die Referentin, dass nur eine Person bevollmächtigt werden sollte, die das absolute Vertrauen des Vollmachtgebers genießt. Denn: „Der Bevollmächtigte handelt völlig vogelfrei“, und die Vollmacht gelte auch dann, wenn der Vollmachtgeber noch selbst handlungsfähig sei. Bestehe der Verdacht des Missbrauchs, bleibe nur der Weg zum Betreuungsgericht. Und: Eine erteilte Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden.
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