Landgericht

Was nach sechs Verhandlungstagen im Mordfall Jutta Hoffmann bekannt ist

Seit Mitte November muss sich der mutmaßliche Täter, Peter F., vor dem Landgericht in Darmstadt verantworten.

Von 
Agnes Polewka
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Jutta Hoffmann wurde vor 37 Jahren ermordet - in Darmstadt steht nun ein Mann vor Gericht, der die damals 15-Jährige vergewaltigt und umgebracht haben soll. © LKA

Lindenfels/Darmstadt. Über den Cold Case Jutta Hoffmann ist in den vergangenen Wochen viel geschrieben worden, in den Medien und in Internetforen, in denen sich Hobby-Ermittler austauschen. Zum Mordfall Jutta Hoffmann finden sich etwa im „Allmystery-Forum“ knapp 5000 Beiträge auf über 250 Seiten.

Darin tauschen sich User etwa über den Weg aus, den Jutta Hoffmann am 29. Juni 1986 ging und der sie durch ein Waldstück in ihrem Heimatort Lindenfels führte. Sie war auf dem Nachhauseweg von einem Schwimmbadbesuch. Ermittler haben später rekonstruiert, dass jemand sie tiefer in den Wald hineingezogen haben muss, Jutta Hoffmann vergewaltigte und ermordete.

Eine kriminalistische List

Seit Mitte November muss sich der mutmaßliche Täter, Peter F., vor dem Landgericht in Darmstadt verantworten. Mit Beginn des Prozesses erfuhr die Öffentlichkeit erstmals mehr über die Strategie der Ermittler des Landeskriminalamts (LKA), die mit jedem Prozesstag ein klein wenig konkreter wurde.

Was ist bislang bekannt? Nach über drei Jahrzehnten untersuchten Ermittler des LKA alte Beweismittel auf DNA-Spuren – und landeten einen Treffer, der sie zu Peter F. führte. Der mehrfach vorbestrafte Sexualstraftäter befand sich damals – im Jahr 2020 – im Maßregelvollzug in einem psychiatrischen Krankenhaus in Norddeutschland.

Und die LKA-Mitarbeiter entschieden sich dazu, zunächst einen, später noch einen zweiten verdeckten Ermittler im Umfeld des 62-Jährigen einzuschleusen: „Mirko“, der ehrenamtlich im Tierheim aushalf, in dem Peter F. gelegentlich einen Hund ausführte – so die Legende des ersten verdeckten Ermittlers.

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Die Strategie schien aufzugehen, Peter F. fasste Vertrauen zu „Mirko“, im März 2023 begleitete Peter F. seinen Freund in dessen Strandhaus, wo „Mirko“ die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY. . .ungelöst“ abspielte – und beobachtete, wie Peter F. reagierte. Denn in der Sendung war die Ermittlungsführerin im Cold Case Jutta Hoffmann, Tanja Becker, zu Gast, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass es neue Ermittlungsergebnisse in dem Fall gebe.

„Das war eine kriminalistische List“, sagte Becker am ersten Verhandlungstag. Sie lancierte den Hinweis „Es gibt eine Mitteilung darüber, dass der Name Peter eine Rolle spielen könnte“ – offenbar um Peter F. aus der Reserve zu locken. Was „Mirko“ an diesem Abend beobachtete, hat er bislang noch nicht vor Gericht berichtet. Kommende Woche sollen er und der zweite verdeckte Ermittler, der sich als Praktikant in dem Psychiatrischen Krankenhaus ausgab, vernommen werden – höchstwahrscheinlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Für den Ernstfall gerüstet

Der zweite verdeckte Ermittler war offenbar von der Klinikleitung angefordert worden, um sich für den Ernstfall zu rüsten, falls die Ausstrahlung Peter F. in irgendeiner Form triggern sollte. Doch in der Hauptverhandlung erfuhren Prozessbeobachter bereits, was „Mirko“ seinen Vorgesetzten berichtete: Peter F. soll während der Sendung nervös seine Hände geknetet und auf Nachfrage gesagt haben, er habe zur Zeit des Mordes bereits in Norddeutschland gelebt.

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Von
Nora Strupp
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Früher soll er ihm allerdings erzählt haben, er habe am 29. Juni 1986, dem Tag, an dem Jutta Hoffmann verschwand, mit seiner Freundin das Fußball-WM-Finale in Weiterstadt geschaut. Nach der Sendung soll Peter F. außerdem gesagt haben: „Ich bin kein Kindermörder. Ich habe eine Persönlichkeitsstörung, aber ich habe keine Leiche im Keller.“

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