Initiative

Erinnerung an die NS-Opfer von Rimbach soll nicht verblassen

Auf dem Tisch lag eine Liste mit 24 Namen: denjenigen der Menschen, die ermordet wurden.

Von 
Stephanie Kuntermann
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Rimbach. „Wir wollen, dass erinnert wird an die Menschen, die umgebracht wurden. Wir möchten ihnen wieder ein Gesicht geben.“ Das sagt Günther Röpert und meint die Rimbacher Opfer des Nationalsozialismus. Im Oktober haben er, Eberhard Bickel und acht weitere Mitstreiter die Rimbacher Initiative „Erinnern – Gegen das Vergessen“ gegründet. Jetzt trafen sie sich mit dieser Redaktion und erklärten, worum es ihnen geht.

Auf dem Tisch lag eine Liste mit 24 Namen: denjenigen der Menschen, die ermordet wurden. 24 – und nicht etwa 23, wie lange angenommen wurde, erklärte Röpert gleich zu Beginn. Denn als er Nachforschungen anstellte, fand er heraus, dass es noch ein weiteres Opfer gibt: Celine Kaufman.

Die Initiative

  • Vorgestellt wurde die Aktiven am 9. November im Anschluss an einen Gottesdienst zum Gedenken an die Reichspogromnacht.
  • Gesucht werden Zeitzeugenberichte und alte Fotos, Briefe oder Zeitungsberichte aus den Jahren 1930 bis 1945.
  • Günther Röpert erreicht man unter Tel.: 0179 / 8937633 und E-Mail: g.roepert@t-online.de
  • Eberhard Bickel kann man unter Tel.: 0151 / 19299748 und E-Mail: familie.bickel@ t-online.de kontaktieren. stk

„Sie galt als gerettet, es hieß, sie sei nach Argentinien geflüchtet.“ Was nicht stimmte. Röpert fand in den Listen von Yad Vashem ihren Namen und weitere Informationen. Ihr Mädchenname war Dreyfus, geboren war sie am 4. Februar 1885 in Scherweiler und lebte in der Staatsstraße 47. Die Informationen über ihren Leidensweg sind knapp, werden in nur wenigen Stichpunkten zusammengefasst, doch immerhin ist das Folgende bekannt: Celine Kaufman gelangte mit dem Transport Nummer 57 vom französischen Sammellager Drancy nach Auschwitz-Birkenau, wo sie am 18. Juli 1943 mit 58 Jahren ermordet wurde.

Zeitzeugen werden weniger

Seit seiner Pensionierung vor drei Jahren beschäftigt sich Günther Röpert mit den Schicksalen der Rimbacher Juden. Andere Initiative-Mitglieder sind aus familiären Gründen aktiv geworden. Eberhard Bickel gibt zu bedenken, dass das Erinnern gerade wegen der aktuellen politischen Lage eine große Bedeutung habe: „Es ist wichtig, dass unsere Arbeit auch präventiv wirkt.“ Röpert nickt: „Der Hass nimmt zu.“ Und er fragt sich, wie viel die Rimbacher über die Nazizeit heute noch wissen. Oder, in manchen Fällen, auch wissen wollen.

Doch geht es Röpert nicht darum, die Nachfahren der einstigen Täter bloßzustellen. Eher will er den Mantel des Schweigens, der bis heute über vieles gebreitet wird, ein wenig lüften, vielleicht auch mit Angehörigen ins Gespräch kommen. Und er will in dem Ort, in dem er lebt, Verantwortung übernehmen.

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Zumal die Zeitzeugen immer weniger werden. Als erste Aktion hat die Gruppe deshalb ein längeres Gespräch mit einer von ihnen, Renate Schmitt, geführt, und es aufgezeichnet. Die Initiative knüpft an die Arbeit bereits verstorbener Vorkämpfer an, wie Wolfgang Gebhard, Hans Altendorf und der langjährige Archiv-Betreuer Karl-Ludwig Schmitt. Altendorf habe einen Freund gehabt, der die NS-Zeit dank eines Kindertransports in die Schweiz überlebte, erinnert sich Eberhard Bickel und weiß, dass auch noch längere Zeit Kontakte zu Nachfahren ausgewanderter Familien bestanden.

Außerdem haben Röpert und Bickel bei den Kirchen und Schulen angefragt, ob es Möglichkeiten der Zusammenarbeit gebe, berichtet Bickel: „Wir haben offene Türen eingerannt.“

Doch gibt es auch schwierige Kapitel in der Geschichte. Da ist zum einen all das Land, das für wenig Geld den Eigentümer wechselte. Es dürfte schwer sein, daran vorbeizukommen, zumal es zum Teil um Flächen geht, die heute der Gemeinde gehören. Röpert zeigte eine alte Aufnahme mit zwei Häusern. Beide seien abgerissen worden; alles gehörte einst Cäcilie Oppenheimer. In den Zimmern des einen Hauses sei zwischenzeitlich die Verwaltung untergekommen. Heute steht an der Stelle das Rathaus, und eine Tafel erinnert an diesen Teil der Ortsgeschichte. Er ist also kein Geheimnis.

Eine Wiedergutmachung?

Doch geht es der Gruppe darum, über die Hintergründe aufzuklären. Was auch vorankommt, denn nach dem Gespräch erklärte Günther Röpert, dass die Gruppe bereits einen Termin mit Bürgermeister Holger Schmitt gehabt habe. Außerdem läuft eine Anfrage an das Archiv.

Geklärt werden soll, wer in Rimbach der NSDAP, der KPD oder der SPD angehörte und welche Informationen über die Täter vorliegen: ob sie verurteilt wurden, ob es Entschuldigungen oder Akte der Wiedergutmachung gegenüber den Opfern gab. Soweit es diese betrifft, will die Gruppe wissen, was sich in der Nacht des 9. November 1938 ereignete, wie es weiterging mit Raub und Zwang zur Übergabe jüdischen Besitzes, wie die Lebenswege dieser Menschen weiter verliefen, insbesondere auch die ihrer Nachkommen. Und ob es Berichte von Überlebenden gibt, die Rimbach nach 1945 besuchten.

Zentrale Gedenktafel geplant

„Rimbach war schon sehr aktiv in der NS-Zeit“, weiß Eberhard Bickel. So gab es einen Pfarrer, in dessen Gemeindehaus die NSDAP-Ortsgruppe gegründet wurde. Nach dem 9. November wurde das, was noch an Mobiliar aus der Synagoge erhalten war, bei einem Sonnwendfeuer angezündet. Die Gemeindemitglieder zwang man, die Schäden an ihrem Gotteshaus auf eigene Kosten zu beheben und das Gebäude zu einem Spottpreis an die Kommune zu verkaufen.

Schon vor 1938 gab es Übergriffe, wie eine kurze Zeitungsnotiz belegt, die im Internet unter alemannia- judaica.de zu finden ist: Unter der Überschrift „Wieder eine Synagogenschändung“ meldet die Zeitschrift des „Central-Vereins“ am 27. November 1931: „Im Anschluss an eine nationalsozialistische Versammlung wurde die Synagoge in Rimbach im Odenwald von bisher unbekannten Tätern mit Hakenkreuzen und Sprüchen wie ,Juda verrecke‘ beschmiert.“

Zurück zu den Zielen der Initiative: Ganz oben steht die Installation einer Gedenktafel an einem zentralen Ort, auf der die Namen aller Ermordeten verzeichnet sind. Auch auf den Tafeln des Geopark-Rundwegs soll die jüdische Geschichte des Orts abgebildet werden. Nicht zuletzt strebt die Gruppe die Installation von Stolpersteinen an, die vom Künstler Gunter Demnig vor den jeweils letzten frei gewählten Wohnungen der Verfolgten im Gehweg eingelassen werden. Außerdem schwebt ihnen die Abfassung der Geschichte in leicht verständlichen Worten vor und eine nachhaltige Erinnerungskultur.

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