Lindenfels. Der Umzug zum Lindenfelser Burgfest zog trotz schlechten Wetters viele Zuschauer ins Burgstädtchen. Die Teilnehmer nahmen es zumindest am Anfang sportlich und humorvoll, als sie von der Poststraße und Freiensehnerstraße loszogen. Pünktlich zum Start um 14 Uhr peitschte der Wind den Regen durch die Hauptstraße und so konnte es passieren, dass ein Nachwuchstrachtenträger mit Schirm aus der Bahn geweht wurde.
Den Auftakt zum Festzug übernahm eine Gruppe, die an den Beginn von Lindenfels vor 900 Jahren erinnerte – die Stadt feiert in diesem Jahr ihr Jubiläum. Eine Mittelaltergruppe mit Rittern und Bauern führten den Zug an und wies auf ihren Schildern auf die Gründung der heutigen Stadtteile hin. Den Fahnenträgern von Stadt und Kreis sowie Bundesland folgten Bürgermeister Michael Helbig und Landrat Christian Engelhardt. Gut beschützt wurden die Würdenträger von der historischen Stadtwache, die ihnen folgte.
Kennenlernen in der Spinnstube
Nach den Klängen der Feuerwehrkapelle Mörlenbach ging es zum eigentlichen Thema des Burgfestumzugs: der Darstellung einer historischen Bauernhochzeit. Eigens dazu wird das städtische Museum ausgeräumt, in dem übers Jahr viele Alltagsgegenstände vergangener Zeit bewundert werden können. Es war also zu einer Zeit, in der Ziegen in der Stadt allgegenwärtig waren – Ziegen waren auch beim Umzug dabei – und sich die Menschen hauptsächlich in den Wintermonaten in den Spinnstuben trafen.
Somit nimmt eine Bauernhochzeit oftmals ihren Anfang beim Kennenlernen in eben einer dieser Spinnstuben, die nun im Umzug gezeigt wurde. Ein verliebtes Paar trifft sich dann gerne unter einem Baum, am liebsten unter dem Tanzbaum – eben dem Baum im Odenwald. Jetzt müssten nur noch die Eltern überzeugt werden und nach einem Handstreich kann die Verlobung ausgerufen werden. In diesem Jahr waren Johann und Katharina Meister das Brautpaar.
Eine Trachtenkapelle sorgte für Stimmung. Schnell geht es zur Sache, ein großer schmucker Hochzeitskranz, die Eltern und Paten kommen daher. Natürlich sind alle Teilnehmer und Darsteller der Odenwälder Hochzeit in Tracht gekleidet, sie sind Mitglieder der örtlichen Trachtengruppe. Nass geworden ist bei diesem Umzug dann selbst das Gothekissen. Das Akkordeon-Orchester sorgte für Musik und Gesang.
Ukrainische Tanzgruppe mit dabei
Am Brautzug nahmen zudem die Brautpaare vergangener Burgfest-Umzüge teil. Viele hatten historische Kinderwagen dabei und darin ihren Nachwuchs. Es war für die Eltern nicht immer leicht, die kleinen Kinder vor den Regenunbilden zu schützen. Anschließend spielte die Trachtenkapelle Lindenfels auf.
Ihr folgten die Heimatvereinigung Oald Bensem und eine Biedermeiergruppe. Zum Hochzeitszug gehörte in diesem Jahr die „Ukrainische Tanzgruppe aus der Luise“. Mit dabei war auch die Trachtengruppe des Verschönerungsvereins Reichenbach. Ein Ständchen zur Hochzeit gab der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Winterkasten.
Nagelschmiede und Schnitzbank
Und dann kam sie – die von vielen Zuschauern erwartete Postkutsche, gezogen von starken und stolzen Pferden. Einst brachte die Postkutsche Gäste von Bensheim hinauf nach Lindenfels, 1863 nahm sie ihren Betrieb auf. In heutiger Zeit ist die Postkutsche ebenfalls im Museum in der Zehntscheune zu bewundern – auch sie wurde anlässlich des Umzugs herausgeholt.
Zum Festzug gehört außerdem die Aussteuer der Braut. Auf einem Wagen zeigte sich das Bett des Brautpaares und – gut vorbereitet – schon ein Kinderbett. Ebenfalls dabei war Kuh Lotta. Johannes Unger hatte das 13-jährige Tier an der Leine und führte es durch Lindenfels.
Wenn eine Hochzeit ist, wird im Städtchen gefeiert, etwa im Gasthaus „Zur Burg Lindenfels“. Dort gab der Männergesangverein ein Ständchen. Für gutes Heimkommen wird der Nachtwächter sorgen, der an diesem Sonntag schon früher unterwegs war.
Im zweiten Teil des Zuges wurde historisches Handwerk präsentiert, fast alles mit Stücken aus dem Museum. Gezeigt wurden die Apfelweinherstellung und eine Schnitzbank. Musikalisch spielte dazwischen die Katholische Kirchenmusik, eine Blaskapelle aus dem benachbarten Fürth.
Der Nagelschmiede folgte eine große Gruppe an Zimmerleuten. Im Umzug zeigten sie, wie eine Grubensäge funktioniert. Im nächsten Wagen wurde die Bearbeitung von Flachs gezeigt. Dann gab es noch einmal Musik, diesmal von den Jagdhornbläsern „Schloßwaldjäger“.
Nasser Spaß mit Johannispumpe
Den Abschluss dieses wahrlich nassen Umzuges bildete die Jugend-feuerwehr, die mit der Johannispumpe den Wasseranteil noch erhöhte. Den Nachwuchsbrandschützern macht das Pumpen und Spritzen mit Wasser Spaß und den getroffenen Zuschauern war es offensichtlich egal.
Die Regenschirme boten ohnehin keinen Schutz mehr und etliche Zuschauer hatten nasse Kleidung. Nicht besser erging es den Zugteilnehmern, die keinen Regenschutz über ihrer Tracht oder Kleidung hatten. Den Tieren konnte offensichtlich das Wetter wenig anhaben.
Bei diesem Umzug werden alle Wagen von Pferden gezogen, motorisierte Zugmaschinen gibt es beim Burgfestumzug in Lindenfels nicht. Die Besitzer der Pferde werden sich nach dem Umzug um ihre Tiere kümmern und dafür sorgen, dass sie wieder trocken werden.
Auch auf die Mitarbeiter des Heimatmuseums wartete einiges an Arbeit, um alles wieder trocken verstauen zu können. Auf der Burg trafen sich nach dem Umzug die Unerschütterlichen und feierten ihr Burgfest trotz Regen.
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