Kommunalpolitik

Der Lindenfelser Bürgermeister Helbig hat noch einiges vor

Von 
Konrad Bülow
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Bürgermeister Michael Helbig und BA-Redakteur Konrad Bülow beim Pressegespräch am Infopunkt auf Burg Lindenfels. © Zelinger

Lindenfels. Vergleicht Michael Helbig seine erste Amtszeit als Lindenfelser Bürgermeister mit der zweiten, die gerade ihre Mitte überschritten hat, ist die Tendenz ziemlich eindeutig. „Die jetzige Amtszeit ist schwieriger“, sagt der Rathauschef, der 2013 zum ersten Mal und 2019 zum zweiten Mal auf sechs Jahre mit der Leitung der Lindenfelser Stadtverwaltung betraut wurde.

Krisen habe es zwar auch in den ersten sechs Jahren gegeben, etwa 2015 und 2016, als die Verwaltungen den massiv angestiegenen Zuzug von Flüchtlingen stemmen mussten. Herrschte aber nach seinem Wahlsieg 2013 noch eine „Aufbruchsstimmung“, so habe sich die Welt nur ein Jahr nach der zweiten Amtseinführung in der Corona-Pandemie befunden, gibt der Bürgermeister zu bedenken. Jeden Tag neue Verordnungen, Schichtbetrieb im Rathaus und Besuche der Verwaltung nur mit 3 G und Terminvereinbarung waren Zeichen der Zeit. Mit dem Krieg in der Ukraine steht die nächste Krise ins Haus. „Es vergeht kaum ein Tag, an dem uns kein Dienstleister, mit dem wir zusammenarbeiten, über Preiserhöhungen informiert“, sagt Helbig.

Haushalt bleibt Thema Nr. 1

Dennoch hat sich der als parteiloser Kandidat gewählte Sozialdemokrat auch für die verbleibende Hälfte der zweiten Amtszeit einiges vorgenommen. Mit dem Infopunkt an der Burg – an dem an einem sonnigen Tag auch das Pressegespräch zur Halbzeit stattfand – und dem neuen Feuerwehrhaus sind zwei wichtige Bauprojekte abgeschlossen worden, wenn auch nach Verzögerungen.

Das Augenmerk des Bürgermeisters liegt weiterhin auf der Konsolidierung des städtischen Haushalts. Nachdem der bisherige Spitzenreiter Lautertal seinen Grundsteuersatz auf 850 Punkte gesenkt hat, müssen die Lindenfelser bei einem Hebesatz von 870 Punkten kreisweit am tiefsten in die Tasche greifen. „Die Finanzierung bleibt schwierig“, sagt Helbig. Das 60-Kilometer lange Wassernetz muss erneuert und instand gehalten werden, Straßen und Gebäude ebenso.

Zur Person

  • Michael Helbig wurde am 3. März 2013 erstmals zum Lindenfelser Bürgermeister gewählt. Als parteiloser Kandidat mit SPD-Parteibuch setzte er sich gegen seine Konkurrentin Alexandra Kleiné (LWG/CDU) durch und trat die Nachfolge des Christdemokraten Oliver Hoeppner an.
  • Helbig besuchte das Katholische Gymnasium Viernheim. Er absolvierte eine Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt und studierte später Politik und Sozialwissenschaften. Vor seiner Wahl zum Bürgermeister war er beim Kreis Bergstraße beschäftigt, als stellvertretender Leiter Abteilung Regionale Entwicklung, ÖPNV und Vereinsförderung. Seit 2004 war er im Gesamtpersonalrat beim Kreis.
  • Helbigs erste Amtszeit war geprägt vom Ringen um den Erhalt des Luisenkrankenhauses, das jedoch 2016 geschlossen wurde. Ein großer Erfolg war die Entlassung der Stadt aus dem Rettungsschirm des Landes Hessen.
  • Am 28. Oktober 2018 wurde Helbig wiedergewählt – dieses Mal ohne einen Gegenkandidaten. Debatten um eine Abschaffung der Straßenbeiträge und um die geplante Bauschutt-Recycling-Anlage bei Kolmbach begleiteten die zweite Amtszeit, die am 11. April 2019 begann. Ab dem zweiten Jahr schränkte die Corona-Pandemie das öffentliche Leben ein. Erfolge waren die Fertigstellung des neuen Feuerwehrhauses in der Kernstadt und des Infopunktes an der Burg.

Trotzdem will der Rathauschef auch neue Projekte verwirklicht sehen. Dazu gehören Baugebiete für neuen Wohnraum, etwa in der Kolmbacher Ludwig-Schüssler-Straße. Gescheitert ist die von Helbig unterstützte Ansiedlung eines Abbruchbetriebs im Gewerbegebiet bei Kolmbach. Ein anderes Projekt dürfte etwas pflegeleichter sein: „Ich will, dass der Bestattungswald verwirklicht wird“, betont Helbig. Dieses Vorhaben hatte die FDP erstmals 2016 angestoßen, nach anfänglichen Bedenken gab es dafür eine breite Mehrheit. Bei Winterkasten soll eine solche Begräbnisstätte entstehen.

Helbig ist davon überzeugt, dass die Themen Museen und Kultur in der Burgstadt künftig noch stärker an Gewicht gewinnen sollten. Nach zwei mageren Corona-Jahren hofft der Bürgermeister nun wieder auf anziehungskräftige Lindenfelser Besuchsmagneten – traditionelle wie das Burgfest, aber auch neue wie das Life-Festival. Die Sanierung der Zehntscheune, in der das Heimatmuseum untergebracht ist, steht als eines der nächsten größeren Projekte an.

Seine Arbeit fasziniert Helbig bei allen Unwägbarkeiten nach wie vor. „Die Bandbreite ist einfach unglaublich“, sagt er. Beschwerden über Verschmutzungen auf Straßen gehörten ebenso dazu wie Zahlungsvorgänge über Beträge in siebenstelliger Höhe.

Dritte Kandidatur ist offen

Zusammenarbeit zwischen Kommunen, so wie etwa mit Lautertal im Bereich der Wasserversorgung, betrachtet der Lindenfelser Bürgermeister als ein wichtiges Werkzeug für die Zukunft. Die Verwaltungen seien stark belastet, die Aufgaben würden immer komplexer.„Für viele Vorgänge braucht es mittlerweile zwei Köpfe“, berichtet Helbig aus dem Arbeitsalltag im Rathaus. Was früher Farbband und Schreibmaschine waren, seien heute Software und Nutzungslizenzen. „Eigentlich bräuchte es eine zweite Gebietsreform“, sagt der Rathauschef – wissend, dass viele andere Kommunalpolitiker das nicht gerne hören. Helbig denkt dabei etwa an Verbandsgemeinden wie im Nachbarland Rheinland-Pfalz, in denen bestimmte Verwaltungsaufgaben zentralisiert werden.

Sorgen macht Helbig das gesunkene Vertrauen der Menschen in die Demokratie und die Vertreter des Staates. „Dabei hat der Staat auch in der Corona-Pandemie einiges bewirkt“, betont der Bürgermeister. Zwar seien viele Forderungen berechtigt.

Er stelle jedoch auch immer wieder fest, dass die „Zungen loser“ geworden sind. Vor einiger Zeit habe er erstmals wegen Beleidigung jemanden angezeigt.

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In der Stadtverordnetenversammlung hingegen nimmt Helbig mehr Sachlichkeit war als noch vor einigen Jahren. Positiv sieht er, dass es in den städtischen Gremien eine gewisse Verjüngung gab, mit Politik-Neulingen in mehreren Fraktionen. Auch im Magistrat gab es einen Generationenwechsel, nachdem Maximilian Klöss seinen 50 Jahre älteren Vorgänger Otto Schneider als Ersten Stadtrat abgelöst hat. Nach wie vor repräsentiert Schneider die Stadt aber gelegentlich bei Ehejubiläen und runden Geburtstagen.

Angesprochen auf seine eigene politische Zukunft bleibt Helbig zurückhaltend. Ob er für eine dritte Amtszeit kandidieren wird, habe er noch nicht entschieden, sagt der Familienvater: „Das muss ich auch innerhalb meiner Familie noch besprechen.“

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