Bürgermeisterwahl

Bürgermeisterwahl in Lindenfels: Rathauschef als Komponist

Staatssekretär Uwe Becker über die Herausforderungen für die Kommunen, mit ihrem Geld auszukommen.

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Thomas Tritsch
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Der hessische Finanz-Staatssekretär Uwe Becker war Gast bei einem Bürgergespräch zum Thema Kommunalfinanzen. © Thomas Zelinger

Winkel. Sparen ist harte Arbeit. Und bei hohen Schulden geht es kaum ohne Deals. Auch nicht für Kommunen. Bis 2018 hat Lindenfels als konsolidierungsbedürftige Schutzschirm-Kommune mit Hilfe des Landes Hessen seinen Haushalt auf Stabilisierungskurs gebracht. Ein Großteil der Altschulden wurde erlassen. Da es der Stadt gelang, drei Jahre hintereinander ausgeglichene Haushalte vorzuweisen, hatte sie alle Vorgaben der Vereinbarung mit dem Land erfüllt, das 4,8 Millionen an Schulden übernommen hatte.

Danach hat die Stadt als einer der ersten Kommunen im Kreis über die Hessenkasse kommunale Kassenkredite abgelöst mit dem Ziel, steigenden Zinsen zuvorzukommen, wieder flüssiger zu werden und Investitionen zu ermöglichen.

Viele sagen, dass die Teilnahme am Schutzschirm zu einem veränderten Bewusstsein beigetragen habe. Für den Lindenfelser CDU-Bürgermeisterkandidaten Rico Schrot ist das Thema wichtig genug, um es in einer separaten Veranstaltung zu diskutieren. Mit der lokalen CDU-Spitze lud er zu einem Bürgerdialog ein, bei dem kommunale Finanzen im Mittelpunkt standen. Gast war Uwe Becker. Der Staatssekretär im hessischen Finanzministerium ist gelernter Bankkaufmann und war bis vor drei Jahren Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Frankfurt. „Der Haushalt entscheidet über die Zukunftsfähigkeit einer Kommune“, so Becker.

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Rico Schrot bezeichnete die Bürgermeisterwahl als Richtungsentscheidung für Lindenfels, die den Kurs der Stadt mindestens für die nächsten zehn Jahre definiere. Die Finanzen seien dabei eine elementare Größe. Für Becker ist der Haushalt „die Grundlage von allem“, was eine Kommune tun muss, kann oder soll, um Bürgern und Gewerbe eine gute Infrastruktur zu bieten und einen Ort lebenswert zu machen.

Es gehe um Daseinsvorsorge, also um die Grundversorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Dienstleistungen und Infrastrukturen bei Mobilität, Wohnen, Bildung, Gesundheit und Energie. „Die Finanzen müssen Chefsache sein“, sieht Becker eine klare Zuständigkeit beim jeweiligen Rathauschef.

Aber auch im Land blickt man kritisch auf die Kassen: Hessen plant eine milliardenschwere Neuverschuldung. Die schwarz-rote Regierung will Kredite über 2,8 Milliarden Euro aufnehmen. Die Gemeinden in Deutschland wiesen im vergangenen Jahr ein Finanzierungsdefizit von 6,8 Milliarden Euro auf – es war das erste kommunale Finanzierungsdefizit seit 2011.

Eine Senkung der Grundsteuer B wäre möglich

Zudem müssen Bund, Länder und Kommunen mit deutlich geringeren Steuereinnahmen rechnen als bislang angenommen. Grund ist die schlechte Konjunktur, Deutschland steckt in einer Wachstumsschwäche. Für nächstes Jahr wird ein Wachstum von bestenfalls einem Prozent erwartet.

Auch die kommunalen Kassen sind leer – aber die Städte und Gemeinden dennoch in der Pflicht. Eine Schieflage, die es zu beheben gilt, so der 55-jährige Landespolitiker, der wie Rico Schrot Mitglied der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) ist, die aus der christlich-sozialen Bewegung hervorgegangen ist. Als kleinste Verwaltungseinheit sind die Kommunen direkt für die Bürger verantwortlich. Doch durch Energiewende, Inflation, Flüchtlinge und Digitalisierung geht ihnen langsam das Geld aus. Und das Sparen wird schwieriger. Denn ein Großteil der kommunalen Aufgaben gehört zur Daseinsvorsorge oder wurde den Kommunen vom Land oder Bund direkt übertragen.

Wie es einer Kommune finanziell geht, hängt – keine Überraschung – von ihren Einnahmen ab. Nur wenige Steuern und Abgaben kann sie selbst beeinflussen. Dazu gehören Grund- und Gewerbesteuer. Für die Neufestlegung der Grundsteuer B (bebaute Grundstücke) ab 2025 berechnet die hessische Steuerverwaltung einen Satz von 607,12 Prozent. Bisher liegt die Stadt bei 870 Prozent. Ob die Hebesatzempfehlungen übernommen werden, wird sich zeigen. Im Haushaltsplan für dieses Jahr wurde noch kein Ausgleich prognostiziert. Eine deutliche Senkung der Hebesätze wäre möglich. Das entscheidet aber nicht der Bürgermeister, sondern die Stadtverordnetenversammlung.

Uwe Becker verwies auf die Komplexität der kommunalen Finanzkalkulation. Er verglich den Haushalt mit einer Partitur: Die einen erkennen darin schon ein Thema, die anderen nur sinnlose Zeichen, sagte er. Es gehe darum, alle Stimmen des Orchesters zu hören. „Ein Haushalt muss eine in sich stimmige Komposition darstellen.“ Und ein Bürgermeister müsse in der Lage sein, sowohl die Melodie zu bestimmen wie auch die einzelnen Instrumente abzustimmen, so dass der Bürger möglichst keine Misstöne vernimmt.

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Zu den Herausforderungen in Lindenfels zählt Rico Schrot die Personalsituation der Verwaltung, die Digitalisierung der kommunalen Administration und die Investition in relevante Infrastruktur. In den nächsten zehn bis 15 Jahren würden die Hälfte aller Beschäftigen des Rathauses in den Ruhestand gehen, hier müsse man frühzeitig die Nachfolge regeln. Aber auch die Bürokratie müsse spürbar verringert und das Angebot des Nahverkehrs verbessert werden.

Hinzu kommen die chronischen Sorgen über die ärztliche Versorgung seit der Schließung des Luisenkrankenhauses, die mit der angekündigten Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums zum Ende dieses Jahres verstärkt wurden. Nach dem Aus der Ägivo-Gemeinschaftspraxis ist es der nächste Schlag für die medizinische Infrastruktur der Stadt.

Rico Schrot will durch pragmatische Konzepte eine solide und ortsnahe medizinische Grundversorgung aufbauen und so die Situation wieder verbessern. Für ihn sei dies ganz klar Chefsache, betonte er vielsagend. Er sei bereits seit Monaten mit Ärzten im Gespräch, um sie für eine dauerhafte Ansiedlung und Praktizierung in Lindenfels zu unterstützen, hieß es im Rahmen der Veranstaltung.

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