Lindenfels. Ende Februar flatterte Peter Dziaduszewski unliebsame Post auf den Schreibtisch: Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) kündigte den Mietvertrag für die Räume des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD) in der Nibelungenstraße 105a zum 31. Mai dieses Jahres.
Nach dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) des Kreiskrankenhauses Ende 2024 verlässt damit der zweite Mieter die frühere Poststelle, deren Umbau im Sommer 2020 beendet worden war. Dritter Nutzer des Gebäudes ist Eigentümer Dziaduszewski selbst mit seinem Pflegedienst.
„Jetzt muss ich schauen, wo ich bleibe“, sagte er im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Wünsche des Bereitschaftsdienstes seien bei der Planung berücksichtigt worden: „Ich habe extra ein Schlafzimmer mit Bad für den Bereitschaftsarzt eingebaut“. Auch die Vorgaben des MVZ seien in die Planung eingeflossen. Der Kreis Bergstraße habe sich mit 280.000 Euro an den Investitionskosten beteiligt. Weitere 320.000 Euro habe er selbst in den Umbau investiert.
Der Auszug des MVZ wurde durch die Neueröffnung der internistischen Hausarztpraxis von Susan Winkler Anfang des Jahres teilweise kompensiert. Sie benötige aber weit weniger Platz als die etwa 140 vom MVZ angemieteten Quadratmeter, sagte der Vermieter. Das Versorgungszentrum war einst mit drei Allgemeinärzten und zwei Gynäkologinnen an den Start gegangen, die sich zwei Arztsitze teilten.
Betriebswirtschaftliche Gründe für die Schließung
„Ich dachte damals, das ist die Lösung für Lindenfels“, sagt Dziaduszewski und verweist auf die Vorzüge des Gebäudes: Behindertengerechter, ebenerdiger Zugang in verkehrsgünstiger Lage direkt an der Hauptstraße, ausreichend Parkraum, zudem die Bushaltestelle direkt vor der Tür.
Die KVH nannte auf Anfrage betriebswirtschaftliche Gründe für die Schließung: „Basierend auf unseren Analysen wurde die Bereitschaftsdienstzentrale in Lindenfels zum 1. April 2024 mittwochs und freitags geschlossen, da an diesen Tagen durchschnittlich nur einer bis maximal zwei Patienten pro Stunde die Zentrale aufgesucht haben“, schrieb die Pressestelle. Genauere Zahlen über die Auslastung, insbesondere am Wochenende, waren von dort auch auf Nachfrage nicht zu erhalten.
Die Verpflichtung für den ärztlichen Bereitschaftsdienst ergibt sich aus dem Paragraphen 75 des Sozialgesetzbuches (SGB). Daraus leiten sich der sogenannte „Sicherstellungsauftrag“ und der „Gewährleistungsauftrag“ der KVH ab: Sie muss eine flächendeckende und bedarfsgerechte medizinische Versorgung in angemessener Qualität sicherstellen.
Im Notfall den Rettungsdienst unter der 112 anrufen
Genaue, gesetzlich festgeschriebene Standards zur Erreichbarkeit des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gibt es jedoch nicht. KVH-Pressesprecher Alexander Kowalski sagte, dass eine halbe Stunde Fahrzeit zum nächsten Standort als „zumutbare Entfernung“ gelte. In dieser Zeit sind die nächsten Standorte in Heppenheim und Erbach /Odenwald gerade so mit dem Auto zu erreichen.
Kowalski wies ausdrücklich auf den Hausbesuchsdienst hin: Patienten, die nicht mobil seien, könnten beim ÄBD einen Hausbesuch anfordern. Dazu könne die bundesweit gültige Telefonnummer 116 117 genutzt werden. Im Falle lebensbedrohlicher Notlagen sei der Rettungsdienst unter der Nummer 112 die richtige Wahl.
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