Lindenfels. Nachdem Marcus Gudera, Geschäftsführer des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Lindenfels, am 29. August die Hiobsbotschaft von der MVZ-Schließung persönlich an Bürgermeister Michael Helbig überbracht hatte, war die Sorge vor einem Zusammenbruch der medizinischen Versorgung im Burgstädtchen groß, denn das MVZ war die einzig verbliebene kassenärztliche Praxis, nachdem Ende 2023 schon die Praxis der Ärztegenossenschaft im Vorderen Odenwald (Ägivo) schloss.
Rund zwei Wochen vor Heiligabend erhielten die Lindenfelser dann aber ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk: Am 12. Dezember kursierte nachmittags in den sozialen Medien die erfreuliche Nachricht, dass Allgemeinmedizinerin Susan Winkler eine Arztpraxis öffnen wird – und zwar in den Räumlichkeiten, in denen bislang das MVZ untergebracht war, in der Nibelungenstraße 105 a.
Bereits Anfang Februar wurden Probleme im Praxisbetrieb eingeräumt
Das MVZ, das dem Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim angeschlossen ist und somit unter Trägerschaft des Universitätsklinikums Heidelberg steht, wird aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Die letzte reguläre Sprechstunde fand am 13. Dezember statt. Bis 20. Dezember konnten noch die vorbestellten Akten sowie Rezepte und Überweisungen abgeholt werden. Zum 31. Dezember wird dann das MVZ, das seit 2016 neben der hausärztlichen auch die gynäkologische Versorgung abdeckte, geschlossen.
Das Universitätsklinikum Heidelberg räumte schon Anfang Februar ein, dass es Probleme beim Praxisbetrieb gibt. „Es fällt schwer, qualifiziertes ärztliches und medizinisches Personal zu gewinnen und zu binden“, erklärte Stefanie Seltmann. Sie ist Leiterin der Unternehmenskommunikation und Pressesprecherin am Universitätsklinikum und an der Medizinischen Fakultät Heidelberg.
Wegen zu hohen Defiziten war ein Weiterbetrieb nicht möglich
Für einen reibungslosen Praxisbetrieb fehle es in Lindenfels an der dafür notwendigen stabilen Personalbesetzung. Damit gestalte sich die wirtschaftliche Führung der Praxis schwierig. Die Geschäftsführung des MVZ sei daher durch das Kreiskrankenhaus Bergstraße beziehungsweise die Gesellschafterversammlung damit beauftragt worden, nach Lösungen zu suchen.
Doch nur wenige Wochen danach zeichnete sich das endgültige Aus des MVZ schon ab, denn mit der Schließung der Frauenheilkundeabteilung zum 23. Februar wurde das Angebot der Praxis bereits heruntergefahren. Über die Nachbesetzung des gynäkologischen Sitzes sollte beraten werden, hatte Seltmann damals noch gesagt. Diese Hoffnung zerschlug sich jedoch ein halbes Jahr später vollends. Gründe für die MVZ-Schließung hatte der Geschäftsführer im Gespräch mit Helbig zunächst nicht genannt. Im Geschäftsbericht der Uniklinik Heidelberg war aber nachzulesen, dass die MVZ gGmbH defizitär arbeitet. Die hohen Defizite hatte Helbig schließlich in einer Pressemitteilung Anfang September auch bestätigt.
Die Übernahme des MVZ durch einen anderen Anbieter am Markt sei möglich
Die Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums beherrschte nicht nur den Lindenfelser Bürgermeisterwahlkampf, sondern auch maßgeblich die Arbeit der Stadtverwaltung. Händeringend wurde nach einer Lösung gesucht. Es gab mehrere Telefonate mit der kassenärztlichen Vereinigung Hessen, Landrat Christian Engelhardt, der selbst Verhandlungen führte, sowie den MVZ-Mitarbeitern. Außerdem wurde über die verschiedenen Optionen beraten, informierte die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung vom 5. September.
Es sei möglich, dass ein anderer Anbieter am Markt das MVZ Lindenfels übernimmt und mit eigenem Personal betreibt. Möglich wäre dann auch die Übernahme – zumindest teilweise – des bisherigen Personals. Eine weitere Option sei, dass sich ein Arzt in Lindenfels niederlässt und vorher den Sitz bei der KV beantragt. „Dies wäre sowohl am jetzigen Standort möglich, der Stadtverwaltung liegen aber zwei weitere, Angebote für bereits bekannte und erprobte Praxisstandorte vor“, informierte das Rathaus.
Bis die neue Praxis eröffnet wird, kann es einige Zeit dauern
Der Kreis Bergstraße teilte am 6. September mit, dass es einen kleinen Hoffnungsschimmer gebe. Es gebe Verhandlungen mit mehreren Interessenten, die sich mit verschiedenen Konzepten vorstellen könnten, die hausärztliche Versorgung in Lindenfels weiterzuführen.
Nun konnte also Susan Winkler einen Ärztesitz erhalten. Sie wird als eigenständige Allgemeinmedizinerin die neue Praxis betreiben. Hierfür hat sie die früheren MVZ-Räume angemietet. Winkler war im MVZ als Fachärztin für Innere Medizin auch hausärztlich tätig. Seit Ende November war der Vertrag mit der Ärztin jedoch beendet und sie praktizierte seitdem auch nicht mehr im MVZ.
Allerdings sind die Räume nach der Schließung des MVZ leergeräumt. Der Ärztin steht dann die Aufgabe bevor, sich komplett neu einzurichten – von den Praxisgerätschaften bis zum Stuhl im Wartezimmer. Wie das MVZ-Praxisteam informierte, wird das seine Zeit dauern, voraussichtlich wird die neue Praxis im ersten Quartal des neuen Jahres eröffnet werden können. Auch in Sachen Personal wird es Veränderungen geben. Einzig eine Mitarbeiterin wird als medizinische Fachangestellte der Praxis erhalten bleiben.
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