Heppenheim. Eine Andeutung der möglichen und in den kommenden Monaten gewiss noch deutlich höheren Temperaturen gab das Wochenende direkt nach Ostern auch der „Toskana Deutschlands“. So nennt nicht nur Heppenheims Revierförster Thomas Schumacher die Region wegen ihres Klimas, und er erklärt im Gespräch mit dieser Zeitung zur allgemeinen wie zur speziellen Waldbrandgefahr, dass diese aktuell zurecht Thema ist. Neben dem Hochsommer verlangten gerade März und April besondere Aufmerksamkeit. Insgesamt sieht er Heppenheim aber gut gerüstet und auch nicht massiv bedroht. Zugleich richtet der Wachmann des Waldes einen klaren Appell an dessen Besucher, den bislang eher unvernünftigen Teil.
Der Winter bringt zwar Niederschlag, aber auch große trockene Flächen, ehe die Vegetation von Neuem blüht. Kaum gesagt, kann Schumacher das auf der Fahrt in den Wald auf einer größeren Wiese demonstrieren. Gelb sticht das Alte hoch hervor, grün wächst das Neue noch heran, um dann die Gefahr eines Feuers insofern einzudämmen, als es nicht dermaßen rasch brennt wie Zunder. Der Förster lenkt den Blick weiter auf dahinter brachliegende ehemalige Weinbauflächen. Dort erfolgt keine Mahd mehr und gilt das Gleiche.
Nachhaltigkeit spielt im Wald eine wichtige Rolle
Trockener Wuchs ragt auf und wäre den Flammen eine leichte Beute. Heppenheims Wald betrachtet er nicht als solche, schon wegen des sehr hohen Laubbaum-Anteils. Auch das leicht trocknende Nadelgehölz ist massiver bedroht; allein deshalb, „weil dessen ätherischen Öle und Harze wie ein Brandbeschleuniger wirken“.
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Der vergangene Sommer, vor allem die gesamten Ferien, kam recht nass daher, was den Speichern bis zum Grundwasser nach mehreren sehr trockenen Jahren die Chance zum Wiederauffüllen gab. Der Förster erinnert in diesem Zusammenhang an das Heppenheimer Konzept der Mulden, die zum einen die tieferen Lagen der Stadt vor Wassermassen schützen, zum anderen den Waldboden und die Bäume nachhaltiger versorgen sollen.
Auch für die Feuerwehr, mit deren Führung ein hervorragender Austausch bestehe, und die Bevölkerung, geht es doch letztlich um Trinkwasser, bleibt wichtig, dass die natürlichen Reservoire, die Quellen, nicht austrocknen. Geht es über einen längeren Zeitraum um Extreme, taucht immer wieder das Jahr 2003 auf. Schumacher nennt aber auch noch 1976, als tatsächlich zwei gewaltige Brände im nahen Ried unabhängig voneinander 50 Hektar Fläche vernichteten.
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Ob nun fahrlässig oder vorsätzlich, der Mensch hatte dabei wohl die Hand im Spiel. Verloren ist jedoch so schnell nichts, weiß der Fachmann. Auf das Beispiel Harz angesprochen, dessen Nationalpark zu rund 80 Prozent aus Fichten besteht, von denen rund 90 Prozent allein durch Borkenkäferbefall als abgestorben gelten, will Schumacher das Reporter-Wort „verloren“ nicht bestätigen. Wieder geht es um Relation. „Wir sind halt 80 Jahre hier, beim Baum, der Jahrhunderte alt werden kann, müssen wir in anderen Zeitdimensionen denken.“
Im Dritten Reich und auch in der DDR waren Autarkie und damit Holzernte ein großes Thema. Vor allem französische Reparationsforderungen setzten beispielsweise dem Schwarzwald zu. Für Südhessen gelte das nicht, da die USA in ihrer Besatzungszone ohne Kriegszerstörung im eigenen Land eben keinen solchen Bedarf anmeldeten.
Das Wort Nachhaltigkeit, durch den damaligen Kanzler Gerhard Schröder und heute besonders inflationär gebraucht, ist ein bereits gut 300 Jahre altes, das im sinnvollen Bewirtschaften des Waldes seine Wurzeln hat. Schon damals ging es um Durchmischung und beständige Arten, weil in deutschen Landen wirksam auffiel, dass die so entscheidende Materie Holz rar wird. Dass andere Länder, vor allem Südeuropas, immer wieder so verheerende Waldbrände erleben, hat Schumacher zufolge neben dem Klima erst einmal damit zu tun, „dass sie beim Thema Wiederaufforstung noch in den Kinderschuhen stecken“.
Auch Totholz spielt im Ökosystem eine wichtige Rolle
Warum wohl Spanien und Portugal, aber auch England so vergleichsweise geringe (gesunde) Baumbestände haben, fragt der Förster und liefert die logische Antwort: Als große Seefahrer-Nationen verbrauchten sie unglaublich viel Holz für den Schiffsbau. Ohne Schottland wäre Großbritannien wohl völlig karg.
Aus verbrannter Erde, so fatal der Anblick, kann ein prächtiger neuer Wald entstehen. Auch Totholz spielt im Ökosystem, schon als Lebensraum, eine wichtige Rolle. „Aber da gilt es immer, das richtige Gleichgewicht zu finden“, gibt Schumacher zu bedenken, dass zu viele kreuz und quer liegende Stämme den Einsatzkräften im Fall des Falles den Zugang erschweren könnten.
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Die stehen grundsätzlich allen offen. Wie allein acht überdachte und weitere offene Grill- oder vor allem Unterstandplätze. Wie manche damit umgehen, bereitet Thomas Schumacher Sorgen. In einer Hütte sind Boden, Bänke und Dach sichtbar verkohlt, Holzstäbe der Konstruktion als Brennholz entrissen.
Wenn jemand im Wald etwa mit Einmalgrill grillt, sollten diejenigen den auch wieder mitnehmen. Da es unrealistisch ist, das Abkühlen abzuwarten, wäre es ratsam, daheim zu grillen und im Wald einfach so beisammen zu sein. Wirbelt der Wind die heiße Asche auf und landet diese auf trockenem Grund, lässt sich das Weitere denken. Wird etwas getrunken, wie etwa demnächst wieder am 1. Mai und zu Himmelfahrt/Vatertag reichlich zu erwarten, sollten die Flaschen anschließend mitgenommen werden, bleibt der Appell.
Dass das Sonnenlicht durch Reflexion über zurückgelassenes Glas bedenkliches Feuer entfacht, ordnet Thomas Schumacher eher als Ammenmärchen ein. „Aber für die Umwelt“, sagt er nur und kann, das wird klar, manches Verhalten einfach nicht verstehen. mbl/ü
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