Theater - In rund sechs Wochen – am 15. Juli zunächst mit Zuckmayers „fröhlichem Weinberg“, ab 22. Juli mit „Cash“ – hebt sich nach zwei Jahren Corona-Pause wieder der Vorhang in Heppenheim

Die Proben von „Cash“ machen Lust auf die Festspiel-Premiere im Amtshof

Von 
Thomas Tritsch
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Probenarbeit in Lorsch – im Bild zu Zuckmayers „fröhlichem Weinberg“: Die Heppenheimer Festspiele beginnen in knapp sechs Wochen. © Thorsten Gutschalk

Bergstraße. Iris Stromberger sitzt in den Kulissen und ist maximal konzentriert. Manchmal huscht parallel zum Bühnentext das Fragment einer Dialogzeile lautlos über ihre Lippen. Alle paar Minuten folgt ein herzhaftes Lachen. Die Durchlaufprobe in Lorsch klappt extrem gut. Das Ensemble spielt souverän, leidenschaftlich und enorm flüssig. Was alles andere als einfach ist bei einem Stück, das mit so viel Tempo, Wortwitz und Körperlichkeit über die Bühne fegt.

Ein theaterverrücktes Ensemble

Das Bühnenbild von „Cash“ steht in der Halle von Fillauer Veranstaltungstechnik im nördlichen Gewerbegebiet der Klosterstadt. Die Firma regelt Licht und Ton im Heppenheimer Amtshof. Über eine steile Treppe geht es hinauf, die Schauspieler sitzen auf dem Boden oder zwischen Requisiten, sind in sich gekehrt und voll im Stück. Dann gibt die Regisseurin das Zeichen. Iris Stromberger leitet die Festspiele Heppenheim ab diesem Jahr.

Seit 2018 führt die erfahrene Schauspielerin erfolgreich die von ihr gegründete Kompanie Theater-Lust in Darmstadt. Ein familiäres Team. Sohn Fabian spielt nicht nur mit, sondern agiert wie seine Frau Elinor auch als Assistent der Intendantin. Ihr Mann Ingo Schöpp-Stromberger ist für den Bühnenbau zuständig und führt die Unternehmung Festspiele als theatralische Außenstelle zudem als Verwaltungsdirektor. Der Stammbaum repräsentiert 140 Jahre Kultur in Darmstadt. Der Zweig in Heppenheim ist gerade am Knospen.

Der Neustart der Festspiele sollte klappen, wenn die Passion dieses theaterverrückten Ensembles auf ein geneigtes Publikum trifft. Michael Cooneys komödiantische Farce „Cash“ („Und ewig rauschen die Gelder“) feiert am 22. Juli Premiere. Bereits am 15. Juli beginnen die Aufführungen von Zuckmayers Klassiker „Der fröhliche Weinberg“. Die meisten Akteure sind in beiden Inszenierungen dabei. Neun Schauspielerinnen und Schauspieler sind es bei „Cash“. Fabian Stromberger spielt den Wohnungsvermieter Eric Swan, der seine verstorbenen Mieter „am Leben lässt“, um weiterhin deren Sozialhilfen zu kassieren. Hinzu kommen Witwen- und Waisenrenten, Überbrückungsgeld und sogar die vorgeblichen Umzugskosten bekommt er erstattet. Als die behördliche Außenprüfung vor der Tür steht, droht das Lügengebäude zu kollabieren.

Doch Eric unternimmt alles, um vor seiner ahnungslosen Frau den Schein des Wohlstands aufrecht zu erhalten. Der arbeitslose Trickbetrüger verstrickt sich in ein Netz aus Lügen und Vortäuschungen, das immer undurchsichtiger wird. Die Sicherung seiner Existenz begann mit dem Arbeitslosengeld eines früheren Untermieters, der nach Kanada ausgewandert ist und Swan seine Bezüge überlassen hat.

Ein boulevardesker Wirbelwind

Mit dieser aberwitzigen Farce voller Verwechslungen und Überraschungen hat sich Iris Stromberger ein Stück ausgesucht, das perfekt nach Heppenheim passt. Die Komödie hatte 1993 am Theatre Royal Windsor Uraufführung und wurde seither weltweit inszeniert. Ein boulevardesker Wirbelwind aus knallenden Türen, hysterischen Ehefrauen, erfundenen Leichen und besoffenen Beamten, die es dann auch noch mit einem verklemmten Sexualberater und einer städtischen Trauerhelferin zu tun bekommen. Das Stück bietet geballte Situationskomik und lässt dem Zuschauer kaum eine Verschnaufpause. 75 Minuten werden am Stück gespielt. Eine Pause würde diesen mitreißenden Rhythmus nur zerfetzen.

„Sie überschütten mich mit Geld“, beschwert sich Eric alias Fabian Stromberger, der als Mitglied am Berliner Ensemble zuletzt in Robert Wilsons „Faust“-Inszenierung die Titelrolle spielte und aktuell zwischen TV-Engagements, Gastrollen am Wiener Burgtheater und den Inszenierungen seiner Mutter hin und her wechselt. Als sympathischer Sozialbetrüger plündert er die öffentlichen Kassen, dass es eine wahre Freude ist: anderthalb Millionen im Jahr, sozusagen steuerfrei. Dafür reicht er Atteste nach und lässt vermeintlich kranke Onkel (Thomas Sturmfels) durch die Szene humpeln. Sandra Förster spielt seine Ehefrau, als verzweifelter Kumpan Norman Bassett brilliert Florian Innerebner. Als Amtsprüfer wird Sebastian Muskalla an der Nase herumgeführt. In weiteren Rollen sind Margit Schulte-Tigges, Harald Mehring, Stephan Müller und Saskia Huppert zu sehen – ein Ensemble, das die Energie und Dynamik der Vorlage exzellent umsetzt und für Lachtränen sorgt.

Insgesamt 14 Mal, bis zum 21. August, wird „Cash“ im Amtshof aufgeführt. Mit der Durchlaufprobe ist Iris Stromberger „extrem zufrieden“. Bei der Nachbesprechung in Lorsch wurden nur noch Details korrigiert. Der Applaus des Kulissenpublikums fällt an diesem Tag besonders laut und lange aus. „Wir freuen uns jetzt richtig auf Heppenheim“, so die Regisseurin. Der mittelgroße Stein, der ihr nach der letzten Pointe vom Herzen gefallen ist, war – wenn man ganz genau gelauscht hat – ebenfalls zu hören.

Wie so oft kommt es ganz anders



Die Emotionen brodeln, bis sie überkochen, der (Bühnen-) Wein fließt in Strömen, es wird gesungen, viel gelacht! Aber es fliegen auch die Fäuste und Schiffer Jochen Most kracht samt Kneipen-Tisch hart auf den Boden. Er muss sich schwer ins Zeug legen, ehe er doch noch sein geliebtes Klärchen bekommt.

Dabei hatte im Rennen um die Hand der Winzerstochter zuerst der steife Couleur-Student Knuzius die Nase vorn. Um seine Tochter mit einer ordentlichen Mitgift auszustatten, hat Weingutbesitzer Gunderloch, gespielt vom aus vielen TV- und Bühnenproduktionen bekannten Uli Pleßmann, etliche Interessenten eingeladen, um die Hälfte seines Weinguts zu verkaufen. Doch es kommt, wie so oft, ganz anders.

Vor knapp einem Jahrhundert hat Carl Zuckmayer den „Fröhlichen Weinberg” geschrieben, der sich nach anfänglicher Ablehnung schnell zu einer Erfolgsgeschichte auf deuten Bühnen entwickelte.

Die Schauspielerin und Regisseurin Iris Stromberger, die beim Comeback der Heppenheimer Festspiele nach zwei Jahren Pause auch gleichzeitig die Festspiel-Intendanz übernommen hat, legt Wert auf eine temporeiche Inszenierung. Zurzeit wird in einer Halle im Lorscher Industriegebiet täglich geprobt, bis Einsätze und Abläufe perfekt sitzen. Am 15. Juli ist im Kurmainzer Amtshof Premiere. Dann soll an eine große Tradition erfolgreich angeknüpft werden.

Der „Fröhliche Weinberg” ist freilich nicht das einzige Angebot der von Iris Stromberger gegründeten „Theaterlust”. Die Komödie „Cash – und ewig rauschen die Gelder” (Premiere am 22. Juli) ist zweiter Schwerpunkt. Dazu kommen etliche Gastspiele. An drei Abenden (25. Juli, 1. und 8. August) ist die französische Komödie „Kunst” der Autorin Yasmina Reza zu sehen, am 15. August gibt es „Kleine Zwischenfälle”, einen szenischen Liederabend mit Elinor Stromberger.

Lokalmatador Walter Renneisen präsentiert sein Erfolgsprogramm „Deutschland, deine Hessen” mit Teil eins und zwei am 19. und 21. Juli, dazwischen erzählt der einstige Schlagzeuger Renneisen am 20. Juli davon „Als der Jazz in Deutschland laufen lernte” – ein musikalischer Abend mit vielen Anekdoten. Einen letzten gemeinsamen Auftritt haben am 22. August die a-capella-Akrobaten von Basta. thelu

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