Freizeit

Wanderung im Bombachtal entführt in die Welt von Geistern und Elfen

Pia Keßler-Schül hat Wanderer durch das geheimnisvolle Bombachtälchen geführt. Das haben die Besucher dabei erlebt.

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ai/ü
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Pia Keßler-Schüll war mit der Wandergruppe im Wald unterwegs. Das Bild zeigt die Gruppe am Teufelsstein. © Bernd Sterzelmaier

Heppenheim. Im Bombachtal ist es auch an sonnigen Tagen düster. Kein Wunder, dass der Wald südlich von Heppenheim die Kulisse bildet für Legenden und Sagen. Über den Eckweg führte Pia Keßler-Schül eine Gruppe von Wanderern in die geheimnisvolle Welt von Geistern und Elfen.

Für die Teilnehmer vergingen zweieinhalb Stunde wie im Flug. Das lag daran, dass die ausgebildete Stadtführerin die Gruppe nicht nur mit sagenhaften Erzählungen unterhielt. Es ging auch darum, Fakten über die Stadtgeschichte von Heppenheim zu vermitteln.

Fakt ist, dass der Brunnen am Eckweg mit der Inschrift „Gute Zeit, böse Zeit, geh’n vorüber alle beid‘“ ursprünglich in der Stadt stand. Weil er Am Graben im Weg war, wurde er an den Fuß der Weinberge verlegt. Wenige Meter weiter steht der Krötenbrunnen im selben Feuchtgebiet. Wer dort eine Kröte mit Krone findet, kann 777 Schritte weiter einen Schatz finden, hat dann also jede Menge „Kröten“ in der Tasche.

Nicht ganz ernst gemeinte Warnung: Der Wald mit den Lianen birgt manches Geheimnis. © Bernd Sterzelmaier

Keßler-Schül teilte Süßigkeiten in Krötenform aus, um die Schatzsuche abzukürzen. Weiter ging es zur Weinlage Guldenzoll. Was heute als Grenze zwischen Hessen und Baden-Württemberg kaum wahrgenommen wird, markierte früher zwei Welten mit unterschiedlichen Maßeinheiten, Gesetzen, Uhrzeiten und Währungen. Zoll wurde in Gulden erhoben. Weil Keßler-Schül aus dem Stadtteil Ober-Laudenbach stammt, kennt sie sich aus mit dem Grenzverlauf, der in dieser Form bundesweit ein Kuriosum ist. Das hessische Dorf ist von Baden-Württemberg umgeben, ist aber in sich so zerstückelt, dass Bauern beim Pflügen mehrfach die Grenze überschreiten.

An der Landesgrenze gilt die Flurbezeichnung „Gesalzenes Wasser“. Wie Keßler-Schül berichtete, war die heilsame Wirkung einer Quelle bekannt, als 1927 eine Typhusepidemie Opfer forderte. Ab 1931 füllte Hans Strauch das Wasser in Flaschen und verkaufte es als „Odenwald Quelle“, die bis heute sprudelt.

Einer Legende nach hatten es die Bergsträßer Winzer schon mit dem Teufel zu tun

Vom gesalzenen Wasser ging es zum Tal, in dem „die“ Bombach fließt. Der Kontrast ist umso größer, als die Bäume mit Waldreben umschlungen sind. Die Waldrebe („Clematis vitalba“) ist eine Liane, die „Bettelkraut“ genannt wurde. Keßler-Schül erklärte, wie sich Bettler die Haut mit dem giftigen Saft der Pflanze verätzten, um Mitleid zu erregen. Am Teufelsstein erzählte die Führerin die Legende, nach der Winzer dem Unsichtbaren auf die Schliche kamen. Er hatte Grenzsteine versetzt und Gerätschaften gestohlen. Als die Winzer eine Zauberformel entschlüsselt hatten, rannte der Teufel davon und sprang in einem Satz über die Schlucht. Mit Fantasie sind Fußabdrücke des Bocksbeins im Fels zu erkennen.

Im Wald sind die Reste von Steinbrüchen zu sehen. In diesem Zusammenhang erfuhren die Wanderer, welche Bedeutung Steinindustrie, Forstwirtschaft und die Jagd hatten. In der irrealen Welt spielt die Wiese eine Rolle, die sich mitten im Wald wie ein grüner Teppich ausbreitet. Dort sollen sich die libellenartigen Elfen wohlfühlen. Deren Füßchen hinterlassen Spuren, die das Wort „Elfetritsch“ prägten. Für den Heppenheimer Lehrer und Leichtathletik-Trainer Hansjörg Holzamer (1939-1919) war das Bombachtal Schauplatz seines Romans „Der Flug der Libelle“. Darin kehrt der Antiquitätenforscher Jake nach 40 Jahren zurück an die Bergstraße. Er sucht nach einem Goldschatz aus der Zeit des 30-jährigen Krieges.

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Grausam hört sich der andere Bericht an, mit dem der Begriff vom „Bombach Mordsche“ erklärt wird. Das „Mordsche“ soll ein Eremit mit dem biblischen Vornamen „Mordechai“ gewesen sein, der sich nach einem Brudermord versteckte. Der Wald als Versteck für Mörder und Räuber bildet den Hintergrund für viele Geschichten. Bekanntestes Beispiel ist der historisch belegte Fall der Räuberbande des „Hölzerlips“.

Er soll hoch über der Bergstraße mit seinen Kumpanen gehaust haben. Hölzerlips, das war Georg Philipp Lang, der 1776 in der Nähe von Fulda geboren wurde. In der Nacht zum 1. Mai 1811 überfiel die Bande zwischen Laudenbach und Hemsbach eine Postkutsche. Dabei wurde ein Reisender so schwer verletzt, dass er starb. Hölzerlips und seine Mittäter wurde am 31. Juli 1812 hingerichtet.

Nach dieser Geschichte war es Zeit, den Wald zu verlassen. Über die sonnigen Höhen kehrte die Gruppe zurück. Die Teilnehmer waren voller Lob, wie Keßler-Schül manche Geheimnisse preisgegeben hat. Den Zauberspruch, mit dem sich der Teufel überlistet lässt, behielt sie für sich. ai/ü

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