Lindenfels. Schon die Sitzungen der drei Ausschüsse in dieser Woche ließen es erahnen, dass in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung keine strittigen Themen zu erwarten sind. So hatte Stadtverordnetenvorsteher Stefan Ringer im Bürgerhaus einen angenehmen Job und konnte die Sitzung nach nur gut einer Stunde Dauer und fast nur einstimmigen Beschlüssen schon wieder schließen.
Anders als in den Ausschüssen gab es in der Stadtverordnetenversammlung lediglich beim Thema Bestattungswald drei Gegenstimmen sowie drei Enthaltungen von der LWG-Fraktion, die dieses Projekt unterschiedlich bewertete. Mit der deutlichen Mehrheit der übrigen Fraktionen von SPD, CDU, Grüne, FDP und einigen LWG-Stadtverordneten wurde das Projekt Bestattungswald aber auf den Weg gebracht.
Dazu wird jetzt für das 1,95 Hektar große Waldgebiet nördlich des Friedhofes in Winterkasten ein Bebauungsplan aufgestellt, in dessen Rahmen auch eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich ist, da der künftige Bestattungswald innerhalb des FFH-Gebietes „Buchenwälder des Vorderen Odenwaldes“ liegt. Eine Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt ist dagegen nicht erforderlich, da sich an der ausgewiesenen „Fläche für Wald“ nichts ändert.
Die Ablehnung der LWG-Fraktion begründete Ulrich Rossmann mit dem Hinweis auf die fünf Friedhöfe der Stadt, die zu unterhalten seien und auf denen schon verschiedene Bestattungsmöglichkeiten angeboten würden. Auch wenn die Unterhaltungskosten für einen Bestattungswald nicht so hoch seien wie bei den Friedhöfen, würden aber auch hier Kosten entstehen – insbesondere für die Vorbereitung der Fläche.
Wie schon im Bauausschuss nutzte die FDP-Stadtverordnete Inge Morckel die Gelegenheit, um ausführlich auf das Projekt einzugehen, das ihre Fraktion bereits vor sechs Jahren beantragt hatte. Anders als der Ortsbeirat Winterkasten das sehe, sei das Gelände nach wie vor ideal, zumal ein direkter Zugang von der Landesstraße aus möglich sei. Für die CDU unterstützte Peter Kurfürst das Projekt, zumal es für diese Möglichkeit der Bestattung einen Bedarf gebe.
Generell war man in der Stadtverordnetenversammlung der Meinung, dieses Projekt endlich zu realisieren.
Im Bauausschuss hatte Andreas Keil von der Stadtverwaltung die nächsten Schritte erläutert, die mit einer Begutachtung der Fläche durch entsprechende Planer beginnen. Geprüft werden müsse, ob die Nutzung als Bestattungswald mit den FFH-Schutzgebietsansprüchen vereinbar ist. Im Februar / März erfolge eine Artenschutzprüfung. Im Haushalt stünden aus früheren Jahren noch 30 000 Euro für das Projekt bereit.
Zwei neue Bebauungspläne
Einstimmig und ohne Diskussionsbedarf wurde auch die Aufstellung von zwei weiteren Bebauungsplänen beschlossen. Mit dem Bebauungsplan Am Steinfeld in Seidenbuch ermöglich die Stadt einem privaten Grundstückseigentümer die Errichtung eines Einfamilienhauses auf einem etwa 940 Quadratmeter großen Grundstück. Erschlossen wird das Grundstück durch die Straße Am Steinfeld, die östlich des Plangebietes liegt und in einem Wendehammer endet.
Beim Bebauungsplan Am Brunnenweg in Eulsbach geht es ebenfalls um eine private Baumaßnahme. Hier ist die Fläche gut 2000 Quadratmeter groß und lässt maximal zwei Grundstücke mit bis zu zwei Wohneinheiten pro Gebäude zu.
Im Bauausschuss war seitens der Grünen von Martin Krey kritisch angemerkt worden, dass in beiden Fällen die Bauvorhaben im Außenbereich angesiedelt seien und dadurch zusätzliche Fläche versiegelt werde. Andererseits gebe es innerhalb der Ortschaften noch ausreichend Baulücken.
Bürgermeister Michael Helbig hatte in diesem Zusammenhang deutlich gemacht, dass der Stadtverwaltung die Hände gebunden seien, wenn Eigentümer keine Bereitschaft zeigten, ihre Grundstücke zu bebauen.
Hilfreich könnte hier die Grundsteuerreform sein, auf die in der Stadtverordnetenversammlung Jochen Ruoff von der Grünen-Fraktion aufmerksam machte. Geplant sei eine neue Grundsteuer C, mit der baureife, aber nicht bebaute Flächen mit einem gesonderten Hebesatz durch die Kommunen höher belastet werden können. Damit könnte es deutlich teurer werden, baureife Grundstücke als Spekulationsobjekte zu nutzen.
Wie bereits die Mitglieder in den Ausschüssen stimmten auch die 30 Stadtverordneten der weiteren Vorgehensweise bei der möglichen Schaffung von Ausstellungsräumen für Exponate für ein Nibelungen-Museum sowie der Schaffung einer zusätzlichen Kita-Gruppe in Winterkasten zu.
Kritik am Kompass-Programm
Beim Thema Kommunalprogramm Sicherheits-Siegel (Kompass) zeichnete sich auch in der Stadtverordnetenversammlung eine gewisse Unzufriedenheit ab, die sich insbesondere auf die Wahrnehmung der damit verbundenen Umfrage in der Bevölkerung bezog. Die nur 42 Rückmeldungen wurden auch hier als ziemlich „dünn“ angesehen.
Das Ergebnis könne man „so oder so“ sehen, meinte Ulrich Roßmann von der LWG. Das reichte von einer nicht wirklich belastbaren Aussagekraft (Kurfürst/CDU) bis zur positiven Sichtweise von Thomas Bauer (SPD), dass die Welt in Lindenfels offenbar noch in Ordnung sei. Immerhin hätte sich nur ein Prozent der Bevölkerung geäußert.
Frust bei Jochen Ruoff
Bürgermeister Michael Helbig machte deutlich, dass die Fragebögen mit der Wochenend-Werbung an die 2100 Haushalte verteilt worden seien. Außerdem seien sie in einigen Geschäften ausgelegt worden. In der Presse sei auf die Möglichkeit hingewiesen worden, den Fragebogen auf der Internet-Seite der Stadt abrufen zu können.
Das alles stellt Jochen Ruoff nicht zufrieden, der schon nach der Sitzung des Ausschusses für Fragen des Gemeinwesens „total frustriert“ gewesen sei. Er erwarte, dass jetzt Dynamik in das Thema gebracht werde – oder man das Projekt seinlasse.
Eine Korrektur nahm Bürgermeister Helbig bezüglich des Präventionsrates vor. Anders als von ihm im Ausschuss erläutert, liege die Bildung des Präventionsrates in der eigenen Zuständigkeit. Er hoffe, dieses Gremium noch in diesem Jahr einberufen zu können.
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