Fürth/Weschnitztal. Der mögliche Wegfall des kreisweiten Angebots Help, unter der Trägerschaft des pädagogischen Verbundsystems Purzel mit Sitz in Fürth, war Thema einer Krisensitzung der Personalräte einiger Schulen aus dem Kreis Bergstraße. Aus ihrer Sicht handelt es sich um eine Sparmaßnahme „an einer völlig falschen Stelle“.
Vor den Weihnachtsferien wurden die Schulen vom Träger Purzel darüber informiert, dass man sich gezwungen sieht, die Zusammenarbeit zu kündigen. Grund sei die Weigerung des Kreises, das Budget um gestiegene Personal- und Sachkosten aufzustocken. Stattdessen solle es nun eine Ausschreibung für einen neuen Träger geben.
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„Eine über Jahrzehnte gewachsene und unerlässliche Ressource ist in Gefahr, deren Wegfall unabsehbare Folgen für viele Schüler und Familien hätte“, heißt es in einer Pressemitteilung der Personalräte. Help leiste soziale Arbeit an Schulen und gehöre weder dem Schulsystem noch dem Jugendamt an. Damit habe es eine wichtige und einzigartige Scharnierfunktion und leiste „einen neutralen Brückenschlag in die Familien“. Zu den Angeboten gehören Einzelgespräche, außerschulische Angebote, Besuche bei Familien und kurzfristige, individuelle Begleitung.
Matthias Schimpf, der zuständige Dezernent des Kreises, widerspricht dieser Darstellung. Es sei falsch, dass die Schulsozialarbeit eine eigenständige Leistung sei. Purzel und andere, die in diesem Bereich tätig sind, würden vom Kreis beauftragt und bezahlt.
„Der Kreis Bergstraße fördert Lohndumping“
„Das Konzept wurde nicht im stillen Stübchen erdacht, sondern hat sich in der Praxis entwickelt und ist immer weiter gewachsen, weil der Bedarf da war“, so die Personalräte. Die Schulen seien auf die Initiatoren und das Jugendamt zugekommen. „Nachdem man 2004 mit vier Schulen begonnen hatte, sind es inzwischen 20 Schulen, deren Schüler, Familien und Kollegen von der Zusammenarbeit unter der Trägerschaft von Purzel profitieren.“
Auch das sieht Schimpf anders: Help existiere nicht seit 2004, sondern seit 2018. Zuvor habe es unterschiedliche Angebote gegeben. Dieser „Flickenteppich“ sei auf Initiative des Jugendamtes zu einem einheitlichen und verbindlichen Angebot umgewandelt worden.
„Die Träger müssen in der Lage sein, ihre Beschäftigten angemessen, also am Tarif orientiert, zu bezahlen, damit qualifizierte Mitarbeitende diese wertvolle Arbeit leisten können. Dieser ist klar im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst geregelt und wurde schließlich nicht von Purzel willkürlich festgelegt“, stellen die Personalräte fest.
„Eigentlich sollte ein Schulträger ein Vorbild sein und Einrichtungen unterstützen, die ihre Mitarbeiter fair nach Tarif bezahlen und nicht diesen den Stuhl vor die Tür stellen, Lohndumping fördern und zudem in den Schulen noch einen Scherbenhaufen hinterlassen“, meinte Holger Giebel vom Gesamtpersonalrat des Schulamtsbezirks Bergstraße/Odenwald. Eine Ausschreibung sei kontraproduktiv und teuer. Man könne gewachsene Strukturen und entstandenes Vertrauen nicht auf diese Weise zur Disposition stellen.
Matthias Schimpf: „Hier soll nicht gespart werden“
Hierzu verweist Matthias Schimpf darauf, dass die Schulsozialarbeit eine sogenannte freiwillige Leistung nach dem Sozialgesetzbuch sei, mit der der Kreis die Schulen unterstütze, die eigentlich für die Beschulung verantwortlich seien. Der Kreis Bergstraße liege, was die Ausgaben dafür angehe, „hessenweit mit im oberen Bereich“, so Schimpf. Über die Höhe der Haushaltsmittel entscheide der Kreistag und nicht Dienstleister, Leistungserbringer, Schulen oder Eltern.
„Die Finanzierung erfolgt nicht über ein Budget oder über Entgelte im Rahmen einer Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsvereinbarung, sondern im Rahmen eines Vergabeverfahrens“, erklärt der Grünen-Politiker. Dies bedeute, dass eine wesentliche Veränderung der Leistung (wie aktuell) ein Ausschreibungsverfahren gemäß Vergaberecht erfordere. Der Vertrag, der Help zugrunde liege, biete keine Möglichkeit zur Anpassung. Deshalb sei der Kreis Bergstraße dazu verpflichtet, neu auszuschreiben, sobald es wesentliche Änderungen geben solle.
Die Träger seien vor Monaten über die Änderungen informiert und angehalten worden, an der Ausschreibung teilzunehmen. „Mithin ist die Darstellung, dass hier vonseiten des Kreises gespart werden soll, falsch“, so Schimpf.
Es habe vom Kreises ein Angebot an die drei betreffenden Träger gegeben, „wobei ein Träger das rechtlich mögliche Angebot des Kreises akzeptiert hat“. Die anderen haben nach Darstellung von Matthias Schimpf das Angebot nicht akzeptiert und ihre Verträge gekündigt. „Ergänzend möchte ich klarstellen, dass das Jugendamt bei allen Leistungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe tarifrechtlich entlohnt, sogar teilweise darüber.“ red
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