Gesundheitsversorgung

Im Bürgerhaus in Lindenfels wird für die Organspende geworben

„Nehmen, Ausfüllen, Einstecken“. So einfach ist es Organspender zu werden. Die Karten werden im Foyer des Bürgerhauses in Lindenfels zusammen mit Infobroschüren postiert zum mitnehmen und nutzen.

Von 
Frederik Koch
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Stadtverordnetenvorsteher Stefan Ringer, Peter Bertsch, Bürgermeister Maximilian Klöss, Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach, Nadja Niestroj und Reinhild Zolg vom Präventionsteam Kreis Bergstraße bei der Vorstellung der Organspende-Tafel. © Dirk Zengel

Lindenfels. Der 18. November ist für Peter Bertsch aus Lindenfels kein gewöhnlicher Tag. Es ist sein „zweiter Geburtstag“, sagt er. Denn an diesem Datum im Jahr 2010 erhielt er in der Universitätsklinik Mannheim eine Spenderniere. „Ich hätte ja nie überlebt“, erzählt er leise, und während er davon berichtet, hat er Tränen in den Augen.

Zehn Jahre lang war er zuvor an der Dialyse, Tag für Tag, an Maschinen angeschlossen, die sein Blut reinigten. „Ich habe jeden Tag gebetet, dass der Tag kommt“, erzählt er. „Und es hat zehn Jahre gedauert.“ Als schließlich der entscheidende Anruf kam, war er zu Hause. Ein Freund nahm den Anruf entgegen, weil Bertsch aufgrund starker Medikamente und Schmerzen sehr oft schlief. Kurz darauf fuhren sie mitten in der Nacht nach Mannheim – gegen Mitternacht sei er dort angekommen, erinnert sich Bertsch.

„Das ging dann alles sehr schnell, wie am Fließband.“ Die Zeit vor der Transplantation war hart: „Ich war so fertig, ich wollte wirklich nicht mehr“, erzählt er offen. Peter Bertsch habe sogar darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen. Nach der Operation seien die ersten Tage schwierig gewesen: „Ich war da, ich war weg, ich war wie ein Zombie.“ Die Medikamente hätten sein Immunsystem stark geschwächt. Doch er überlebt und nennt die Transplantation „ein zweites Leben“. Heute trinkt er keinen Alkohol mehr, raucht nicht, achtet auf sich – „das ist Kopfsache“.

Ärzte haben keine Zeit, Angehörige sind überfordert

Um auf die Bedeutung der Organspende aufmerksam zu machen und Informationen bereitzustellen, wurde im Rathaus in Lindenfels die inzwischen zwölfte Organspende-Tafel im Kreis Bergstraße übergeben. Sie soll im Vorraum des Bürgerhauses angebracht werden. Der Platz wurde bewusst gewählt, da er als besonders präsentabel gilt und durchgehend geöffnet ist, so dass viele Menschen die Tafel sehen und sich mit dem Thema auseinandersetzen können.

Zur Einweihung kamen unter anderem die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach, Bürgermeister Maximilian Klöss, Dr. Susan Winkler, Patient Peter Bertsch sowie das Präventionsteam des Kreises Bergstraße.

Bei der Veranstaltung machte die Lindenfelser Fachärztin für Innere Medizin Susan Winkler deutlich, dass viele Ängste aus Unwissenheit entstehen. „Ärzte haben oft nicht so viel Platz und Raum für das Thema aus zeitlichen Gründen“, sagte sie. Dadurch bleibe der Raum für Aufklärung aus Sicht der Medizin häufig begrenzt.

Zudem könne „die Entscheidung oft nicht getroffen werden, weil Angehörige sich überfordert fühlen und ein Organspendeausweis nicht vorliegt“ — eine Situation, die Zeit koste, in der andernfalls Leben gerettet werden könnten. Winkler wies darauf hin, dass viele Menschen beim Thema Organspende zunächst an die Niere dächten. Dabei sei eine Gewebespende mindestens genauso wichtig.

Sie stellte außerdem klar: „In Deutschland wird niemandem ein Organ entnommen der nicht tatsächlich tot ist“. Mehrere Ärzte sowie externe Personen müssten den Tod bestätigen. Auch religiöse Vorbehalte ließen sich entkräften, betonte Winkler. Alle großen Religionen sprächen sich für Organspende aus, sie sei eine Form der Nächstenliebe und eine Möglichkeit, Leben zu retten. „Jedes Organ kann abgestoßen werden“, ergänzte sie, und beschrieb damit auch die medizinischen Herausforderungen nach einer Transplantation.

Die Erste Kreisbeigeordnete Angelika Beckenbach hob die Bedeutung klarer persönlicher Entscheidungen hervor und zitierte die Funktion des Ausweises: „Der Organspendeausweis ist nicht nur dafür da zu zeigen, ‚Ich möchte Organe spenden‘, sondern er zeigt auch ‚Nein, ich möchte das nicht‘.“ Zudem betonte sie, dass „wir mit den Ausweisen die Möglichkeit haben, den eigenen Willen wirklich ganz klar zu dokumentieren“ und damit Angehörigen „in einer ohnehin schwierigen Situation genau zu signalisieren, was man möchte“.

Gerade deshalb sei Aufklärung so wichtig, betonte Beckenbach. Viele Menschen seien grundsätzlich bereit, sich mit dem Thema zu befassen, würden es aber aus Unsicherheit oder Unbehagen aufschieben. „Mit der Tafel wollen wir das Thema sichtbarer machen und Menschen dazu ermutigen, sich zu informieren und eine eigene Entscheidung zu treffen“, erklärte sie.

Über 8.500 Menschen stehen auf der Warteliste

Ein besonderes Anliegen sei es, junge Menschen zu erreichen – etwa durch Aktionen in der Fußgängerzone oder bei den sogenannten Yolo-Days, bei denen über Gesundheit und Prävention gesprochen wird. Yolo steht dabei für „You only live once“ – „Man lebt nur einmal“. „Gerade die Jüngeren sollen wissen, dass Organspende ein Thema ist, das uns alle betrifft“, sagte Beckenbach.

Bürgermeister Maximilian Klöss begrüßte die Anbringung der Tafel im Bürgerhaus und dankte dem Präventionsteam des Kreises Bergstraße für die Initiative, das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen.

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dpa
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Laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation standen Ende vergangenen Jahres bundesweit 8.575 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Im gleichen Jahr spendeten nur 953 Verstorbene ein oder mehrere Organe. In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungslösung – eine Organentnahme ist nur möglich, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat oder Angehörige nach dem Tod ihre Zustimmung geben.

Die Organspende-Tafel soll nicht nur Zahlen und Fakten vermitteln, sondern auch Denkanstoß und Erinnerung sein – daran, dass eine bewusste Entscheidung Leben retten kann. Für Menschen wie Peter Bertsch ist das mehr als reine Aufklärung. Seine Geschichte zeigt, was hinter diesen Zahlen steht: Wenn er vor der Tafel stehe, erinnere ihn das auch daran, wie viel eine einzige Entscheidung bedeuten könne – für ihn und für andere, die noch auf einen Anruf warten.

Freier Autor für den Bergsträßer Anzeiger – ressortübergreifend an der gesamten Bergstraße tätig.

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