Kommunalpolitik

Glasfaser für ganz Lindenfels ist das Ziel

Von 
Konrad Bülow
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Glasfaserkabel liegen auf einer Baustelle. Dieses Bild wird in Lindenfels und den anderen neun Kommunen des interkommunalen Breitbandnetzes bald häufig zu sehen sein: Die Infrastruktur soll bis 2030 ausgebaut werden. © DPA

Lindenfels. Kritische Nachfragen gab es, am Ende war das Abstimmungsergebnis aber einstimmig: Der Lindenfelser Finanzausschuss hat sich in seiner jüngsten Sitzung für die Pläne zum Glasfaserausbau im Gebiet des interkommunalen Breitbandnetzes IKbit ausgesprochen. Am Donnerstag soll die Stadtverordnetenversammlung entscheiden. In Rimbach und Mörlenbach haben die Gremien schon grünes Licht für das Mammutprojekt gegeben, in den anderen Mitgliedskommunen von IKbit stehen die Beschlüsse noch aus. Als Letztes wird Anfang März Birkenau an der Reihe sein.

Stimmen alle zehn Kommunen zu, wäre der Weg frei für ein Bauvorhaben, das die Region auf Jahrzehnte hinaus mitprägen soll. Das Ziel ist ehrgeizig: Sämtliche Häuser in Lindenfels und den anderen Städten und Gemeinden sollen bis 2030 an das Glasfasernetz angeschlossen werden, wie Jan Fischer, Leiter des Eigenbetriebs IKbit, in der Ausschusssitzung hervorhob. Surfen mit 1000 Megabit pro Sekunde soll dann möglich sein.

Stand jetzt seien Glasfaserkabel bis zu den Verteilern oder Technikgehäusen an den Straßenrändern gelegt, erläuterte Fischer. Die Anbindung der Gebäude erfolge über Kupferkabel. Diese Konstruktion soll nun zu einem reinen Glasfasernetzwerk werden, das sich bis in die Häuser erstreckt.

Drei Säulen soll der Ausbau haben. Zunächst will die Entega Medianet das Netz von IKbit kaufen. Der Anbieter betreibt dieses Netz, das derzeit noch den Kommunen gehört. 16,3 Millionen Euro werde die Entega Medianet zahlen, sagte Fischer.

Mittel von Bund und Land fließen

Stimmen die Städte und Gemeinden zu und geht das Geschäft über die Bühne, wird das Telekommunikationsunternehmen weitere 45 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Glasfaser-Hausanschlüsse dort zu realisieren, wo es sich wirtschaftlich lohnt – das ist die zweite Säule. Wie Fischer erläuterte, betrifft dies etwa die Hälfte aller Hausanschlusse im jetzigen IKbit-Gebiet. „Die Kommunen werden dazu keinen Beitrag zahlen müssen, ebenso wenig die Hauseigentümer“, sagte der Betriebsleiter.

Die dritte Säule betrifft die übrigen Hausanschlüsse. Sie sollen für weitere 60 bis 70 Millionen Euro angebunden werden. 90 Prozent der Kosten dafür übernehmen Bund und Land, die restlichen sechs bis sieben Millionen Euro zahlen die Kommunen. Mit einer öffentlichen Ausschreibung muss ein Anbieter für diesen Teil des Ausbaus gefunden werden, den die Kommunen dann mitbezuschussen.

Der Ausbau in Lindenfels und seinen Stadtteilen werde zu etwa zwei Dritteln über den geförderten Teil des Projekts realisiert, kündigte Fischer an. Der Zuschuss, den die Burgstadt leisten müsste, werde bei etwa 500 000 bis 600 000 Euro liegen. „Das klingt erst einmal nach viel Geld. Allerdings erstreckt sich das auch über einen Zeitraum von sieben Jahren“, sagte Fischer. Hinzu komme: Lindenfels würde auch 1,2 Millionen Euro aus dem Verkaufserlös für das IKbit-Netz bekommen. Zwar müsste noch der Anteil der Stadt an einem Kommunalkredit für den Bau des Netzes bezahlt werden. Nach Abzug dieser 725 000 Euro blieben aber immer noch 475 000 Euro, die die Stadt für den Ausbau verwenden könnte.

Wenig Risiko für Kommunen

Die beteiligten Kommunen gäben mit dem Verkauf ihres Netzes auch einiges an Risiko ab, betonte Fischer. IKbit gründete sich 2011, weil damals kein Anbieter von sich aus im Vorderen Odenwald tätig werden wollte. Mittlerweile, in Zeiten von Heimarbeit am PC, digitalem Unterricht und Serien im Fließbandmodus auf Internetplattformen deutet sich ein Umdenken an. Damit steige die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anbieter auf eigene Faust Glasfaserausbau betreibt und IKbit verdrängt, erklärte Fischer. Mit dem Verkauf des Netzes an die Entega trage dieses Unternehmen auch dieses Risiko. Der Ausbau durch die Entega könne dieses Jahr losgehen und 2028 abgeschlossen sein, der geförderte Ausbau soll von 2024 bis 2030 erfolgen: „Danach hätten wir die Endstufe erreicht.“

Eigenbetrieb bleibt bestehen

Ob es tatsächlich realistisch sei, dass wirklich sämtliche Häuser an das Glasfasernetz angeschlossen werden können, wollte Dieter Adolph (FDP) wissen. Der geförderte Ausbau umfasse auch ein Teilprogramm, das sich der Anbindung schwer zugänglicher Einzellagen widmet, sagte Berthold Passlack, Breitbandberater des Landes Hessen und ebenfalls Gast in der Ausschusssitzung. Geklärt werden solle noch, inwieweit Leerrohre genutzt werden, die im Zuge von Straßenbaumaßnahmen verlegt wurden.

Thema war auch ein Rückkaufrecht über das IKbit-Netz, wie es schon bei den Beratungen in Rimbach diskutiert wurde. Die Lindenfelser Ausschussmitglieder ließen aber ihren Beschlussvorschlag, wie er ist, nachdem Fischer erläuterte, dieses Rückkaufrecht werde in den Vertrag mit der Entega eingearbeitet.

Wie der Betriebsleiter erklärte, soll der Verkauf des Netzes nicht das Ende von IKbit bedeuten. Der Eigenbetrieb bleibe bis zum Ende des Projekts erhalten. Er soll die Abwicklung des Ausbaus übernehmen, Fördermitteil beantragen und die Ausschreibungen organisieren.

Teilweise werden neue Endgeräte nötig

Wer künftig in Lindenfels und Umgebung per Glasfaser im Internet unterwegs ist, muss nach einem Verkauf des IKbit-Netzes an die Entega Medianet diese Leistungen nicht zwingend über diesen Anbieter beziehen. Jeder Anbieter könne über dieses Netz seine Tarife verkaufen, „sofern ein Vorleistungsprodukt vom Netzbetreiber bezogen wird“, heißt es von IKbit. Welcher Anbieter den von Bund und Land geförderten Teil des Ausbaus übernimmt, ist zudem noch nicht entschieden. Telekom und GGEW nutzen das IKBit-Netz bereits, um Tarife anzubieten.

Ob ein Grundstück im Bereich des eigenwirtschaftlichen oder des geförderten Ausbaus liegt, solle keinen Unterschied machen. Die Hausanschlüsse werde für die Grundstückseigentümer kostenlos verlegt. Es solle auch eine Möglichkeit geben, die Verlegung eines Hausanschlusses vorbeireiten, aber erst später realisieren zu lassen – ohne erhebliche Mehrkosten. Der Erschließung der Grundstücke können die Eigentümer nur unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen, die im Telekommunikationsgesetz geregelt sind.

Der Ausbau durch die Entega erfolgt über ein Unternehmen aus Modautal, dessen Mitarbeiter auf die Grundstückseigner zukommen sollen. Teilweise wird es nötig sein, neue Endgeräte zu beschaffen. kbw

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