MÖRLENBACH/RIMBACH. Die erste deutsche Kriegsbraut in Chicago kommt aus Mörlenbach: Das ist historisch belegt, und sie heißt Christina Fath, genannt Tina. Doch welche Geschichte steckt hinter dieser Geschichte? Das wurde jetzt, pünktlich vor der Veröffentlichung des Familienbuchs II von Eugen Weber, offenbar. Und wie so oft spielt Kommissar Zufall dabei eine große Rolle - auch und Ursula Janitschka aus Rimbach, die Nichte der Auswanderin. Auch Janitschka hat sich in enger Zusammenarbeit mit dem kürzlich verstorbenen Rimbacher Heimatforscher Hans Altendorf stets mit lokaler Geschichte beschäftigt.
Mit ihren Ergebnissen kam sie jüngst zu Stefanie Dreißigacker, der Leiterin des Einwohnerservices im Rathaus Mörlenbach. Dreißigacker erkannte sofort "den Schatz, der in der Geschichte steckt", und sie verständigte Weber, den Verfasser des Mörlenbacher Familienbuches. "So einen Fall hatten wir in Verbindung mit der Aufarbeitung der Familiengeschichten im Einwohnerservice noch nicht. Den muss die Welt kennenlernen", sagt Dreißigacker. Und auch Weber freute sich: "Im Familienbuch war von Christina Fath außer dem Geburtsdatum 6. Juli 1923 und dass sie 1947 in die USA ausgewandert ist, nichts zu finden."
Das sollte sich jetzt ändern. Das lag auch an der Mutter von Janitschka, an Maria Elisabetha Wecht, der älteren Schwester von "Patentante Tina". Sie hütete die Schätze und gab jetzt erst Einblick in alte amerikanische Zeitungsausschnitte und in die früheste Korrespondenz. Somit hatte Weber noch die Möglichkeit, dementsprechend einen Passus im Familienbuch kurz vor der Drucklegung unterzubringen.
Kennenlernen im Café Jöst
Christina "Tina" war im Café Jöst (heute Wagenek) während und nach dem Krieg angestellt. Nach dem Krieg kamen von Mannheim die Amerikaner in den Odenwald zur Jagd und sie besuchten auch des Öfteren das Café. Tinas späterer Ehemann John Schmidt hatte österreichische Wurzeln und war als Dolmetscher tätig. Die beiden kamen sich näher. Er sprach mit gebotener Zurückhaltung aber nur mit dem Vater von Tina, mit Konrad Fath. 1946, kurz nach seiner Rückkehr in die USA nach Chicago, schrieb er einen Brief an den Vater. Er wolle Tina heiraten und sie möge doch nach New York kommen.
Die damals sechsjährige Ursula Janitschka verfeinerte die Geschichte ihrer Patentante noch etwas: "Meine Tante war in Trauer um ihren erst vor kurzem gefallenen Verlobten. Das sagte sie John Smith aber auch." Doch der blieb hartnäckig. Im Januar 1947 hielt er seine Braut in den Armen. Die amerikanische Presse schrieb dazu: "Fraulein Bride-to-Be . . . Das erste deutsche Mädchen, das hierher gereist ist, zur Heirat mit ihrem Sweetheart, ist Christina Fath, gerade angekommen aus dem Odenwald."
Am 1. März 1947 schrieb der junge Bräutigam bereits an seine Schwiegereltern im Odenwald: "Liebe Vater und Mutter". Er schrieb davon, dass sie geheiratet hätten, dass 200 Hochzeitsgäste dabei waren, dass er es bedauert, dass sie nicht dabei gewesen sein konnten, dass er und seine Frau glücklich sind. Die Verbindung in den Odenwald sollte nie abbrechen, wie Ursula Janitschka weiter erzählt. Es folgten zahlreiche Besuche und Gegenbesuche.
Besuche im Odenwald
Als John und Tina pensioniert waren, verbrachten sie manchmal Monate im Odenwald, drehten Super-8-Filme von Heimatfesten, von Burgen und Schlössern der Odenwälder und Bergsträßer Landschaft. Und noch eine bedeutende Geschichte gibt es zu erzählen: Mithilfe der GIs aus dem Café Jöst, von John Smith und seines Freundes Steve, gelang es, den Vater von Ursula Janitschka, Jakob Wecht, der als Kriegsgefangener in einem Camp in den USA inhaftiert war, bereits im Jahr 1946, in die Heimat zu entlassen. John und Tina bekamen zwei Kinder, und noch Jahre später freute sich Sohn John, wenn ihn seine Cousine Ursula zärtlich "Hans" nannte. mk/ü
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