Lindenfels. „Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte“: Diesen Satz von Heinrich Heine nahm der Erste Stadtrat von Lindenfels, Maximilian Klöss, als Grundlage für seine Gedanken zum Volkstrauertag am Ehrenmal an der Lindenfelser evangelischen Kirche.
Dorthin waren gestern die Bürger gekommen, um der Opfer von Kriege und Gewalt zu gedenken. Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier der Stadt von einem Chor, der sich aus den Männergesangvereinen Eintracht Lindenfels und Liederkranz Gumpen zusammensetzte und von Arnold Schäfer dirigiert wurde.
Grabsteine, die nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zweiten Weltkrieg errichtet wurden, zeugten davon, dass für unzählige Menschen, deren Familien und Freunde eine Welt untergegangen sei, sagte Klöss. „Wünsche, Träume oder eine nicht gelebte Liebe – unter jedem Grabstein ist ein ungelebtes Leben und damit ein vermeidbarer Tod.“ Maximilian Klöss spannte den Bogen weiter: „Wir denken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg bei allen Völkern, denken an Soldaten, Männer, Frauen und Kinder.“
Stille, Einsamkeit und Trauer
Dazu gehörten nicht nur die direkten Opfer von Kriegshandlungen, sondern auch die von Gefangenschaft und Flucht. Es gehörten auch Menschen dazu, die ihr Leben verloren hatten, weil einer anderen Rasse angehörten oder wegen Krankheit und Behinderung als nicht lebenswert bezeichnet wurden.
Und es gebe Menschen, die ihr Leben deshalb verloren hätten, weil sie den Mut hatten Widerstand gegen eine Gewaltherrschaft zu leisten. Auch an die Opfer von Terrorismus, Extremismus, Antisemitismus und Rassismus müsse an diesem Tag erinnert werden.
„Wie muss das Leben für die Menschen gewesen sein, die zwar das Glück hatten, den Krieg zu überleben, die aber einen geliebten Menschen verloren hatten?“ Ihnen sei nur „Leere, Stille, Einsamkeit und Trauer“ geblieben.
Er selbst gehöre einer Generation an, die nur von Erzählungen wisse, wie schlimm die Menschen in den Kriegszeiten gelitten hatten, sagte Klöss. „Uns hat es nie an etwas Elementarem gefehlt, dafür bin ich dankbar.“
Der Frieden in Mitteleuropa währe inzwischen 76 Jahre, erinnere Klöss. Er sei für viele selbstverständlich geworden. Am Erhalt des Friedens müssten aber alle arbeiten. Verachtung, Hass oder Ausgrenzung müsse s begegnet werden. „Das dürfen wir nicht hinnehmen, als handle es sich um ein bedeutungsloses Versehen.“
Deshalb sei es wichtig, die Geschichte nicht zu vergessen oder verdrängen. Eine Demokratie sei der wichtigste Schutz. „Autoritäre Machtansprüche können sich in einer funktionierenden Demokratie niemals durchsetzen“, so Maximilian Klöss. „Die Vergangenheit hat uns gelehrt, wie schnell eine Demokratie für obsolet erklärt und auch abgeschafft werden kann.“
Die Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde, Jutta Grimm-Helbig, bat darum, der Verstorbenen und ihrer Familien im Stillen zu gedenken. „Gott lasse nie wieder Kriege geschehen, der von diesem Land ausgeht.“ Der Männerchor brachte die Chorstücke „Guter Kamerad“ und „Herr schenke den Frieden“. jhs
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