Bürgermeisterwahl

Innenminister lobt Lindenfelser Feuerwehr aus der Distanz

Es sei bemerkenswert, dass sich in einer 5500 Einwohner zählenden Stadt rund 200 Ehrenamtler für den Brand- und Gefahrenschutz engagieren, sagte Poseck bei seiner Rede im kleinen Kreis. Zuvor hatte er Teile von Lindenfels besichtigt.

Von 
Thomas Tritsch
Lesedauer: 
Der hessische Innenministers Roman Poseck (rechts) kam auf Einladung des CDU Bürgermeisterkandidaten Rico Schrot nach Lindenfels. © Thomas Neu

Lindenfels. „Feuerwehrtermine sind die schönsten für einen Innenminister.“ Tja, Pech gehabt. In Lindenfels blieb das Gerätehaus am Samstag zu. Der für das Feuerwehrwesen zuständige Roman Poseck konnte weder das neue Drehleiterfahrzeug besichtigen noch den Kameraden die Hände schütteln. „Ich hätte gerne mit der Feuerwehr gesprochen, aber die Stadt wollte es heute nicht“, so der hessische Minister für Inneres, Sicherheit und Heimatschutz, der über die Argumentation aus dem Rathaus etwas „irritiert“ sei.

Näher wollten weder er noch der CDU-Bürgermeisterkandidat Rico Schrot oder die Kreisvorsitzende Birgit Heitland das Hickhack vor dem Wahlkampfbesuch kommentieren. Um den Besuch aus Wiesbaden wurde seit einigen Tagen öffentlich kommuniziert: Die CDU fühlte sich von der Stadt „ausgesperrt“, nachdem diese nach einer anfänglichen Zusage aus dem Rathaus darauf verwiesen hatte, dass die Feuerwehr als eine dem Magistrat zugeordnete Einheit für politisch motivierte Parteiveranstaltungen, sprich: Wahlkampf, nicht zur Verfügung stehe.

Der Staatsminister bedauerte die Entscheidung der Verwaltungsspitze und lobte die Arbeit der Feuerwehr: Es sei bemerkenswert, dass sich in einer 5500 Einwohner zählenden Stadt rund 200 Ehrenamtler für den Brand- und Gefahrenschutz engagieren, sagte Poseck bei seiner Rede im kleinen Kreis. Zuvor hatte er Teile von Lindenfels besichtigt.

Darunter das Medizinische Versorgungszentrum, das zum Ende dieses Jahres schließen wird, sowie die Volksbank-Filiale, wo Ende August ein Geldautomat gesprengt worden war. Im Innern sieht es aus wie nach einem Bombenattentat. Kopfschütteln beim Minister. Hier handele es sich um organisierte Kriminalität, die mit dem Leben der Menschen spiele. Es sei Glück, dass niemand zu Schaden gekommen sei.

Poseck sprach von „Bankraub 2.0“. Hessen sei mit seiner vor zwei Jahren gegründeten „Allianz Geldautomaten“, in der sich Vertreter von Polizei, Innenministerium und Banken zusammengetan haben, bundesweit Vorreiter bei der Vorbeugung. Er plädierte dafür, Täter härter zu bestrafen. Noch sei es schwierig, das Delikt des Diebstahls mit dem Herbeiführen einer Sprengstoff-Explosion unter einen Hut zu bringen, so der Jurist. Es bestehe ein Wertungswiderspruch, wenn die Mindeststrafe beim klassischen Bankraub bei fünf Jahren liege, die Geldautomatensprengung in der Regel aber nur mit einer Mindeststrafe von einem Jahr versehen sei.

Strafen für Automatensprenger soll verschärft werden

Der Tatbestand reiche weit über Sachbeschädigung hinaus, weil Personen gefährdet würden: Das Gebäude hätte einstürzen können. Poseck fordert mindestens drei Jahre Haft für Täter. „Wir brauchen ein Zusammenspiel von Prävention und Repression, um diese hoch gefährlichen und skrupellosen Taten wirksam zu bekämpfen. Zum einen müssen die Banken mehr in die Prävention investieren, zum anderen muss der Gesetzgeber die Mindeststrafe für die Geldautomatensprengung deutlich anheben.“

Posecks Angaben zufolge handelt es sich bei den Tätern überwiegend um organisierte Banden aus den Niederlanden. Im vergangenen Jahr wurden hessenweit 65 Automaten gesprengt. In diesem Jahr sind es bisher 19. Der Minister geht davon aus, dass die Statistik unter dem Wert von 2023 bleiben wird. Er führt dies auf intensivere und spezialisierte Ermittlungen zurück. „Aufklärung und Strafverfolgung zeigen jetzt Wirkung.“ Das Landgericht Darmstadt hat vor wenigen Tagen drei junge Männer zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, die einen Automaten in Pfungstadt zur Detonation gebracht hatten. Im letzten Jahr hatte es solche Fälle in Bad Vilbel, Königstein und Fulda gegeben. Zu einer versuchten Sprengung kam es am 5. November 2023 in Bensheim.

Hessen hatte das Thema im vergangenen Jahr auf die Tagesordnung der Justizministerkonferenz gesetzt. Mit großer Mehrheit war der Bundesjustizminister um Prüfung eines Änderungsbedarfs im Strafrecht gebeten worden. Insgesamt rangiere Hessen nach Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz als viertsicherstes Bundesland, was die Kriminalitätsstatistik angehe. Man habe viel in die Sicherheitsarchitektur investiert, so Roman Poseck. Die Aufklärungsquote der Polizei betrage 63 Prozent. Südhessen und die Bergstraße seien in Hessen besonders weit vorn.

Andererseits habe die Polizei hat im vorigen Jahr in Deutschland so viele Straftaten registriert wie seit 2016 nicht. Auch die Gewaltkriminalität nimmt zu. Das geht aus der aktuellen Kriminalstatistik hervor. Poseck forderte mehr Befugnisse für die Polizei, um auf die vielfältigen Bedrohungen zu reagieren. Es gehe um eine personelle und rechtliche Stärkung – auch, was digitale Straftaten angeht.

Datenschutz dürfe nicht zum Täterschutz werden. Durch eine befristete Speicherung von Verkehrsdaten gemäß den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs könne man schwerwiegende Straftaten über das Internet besser aufklären. Auch die Nutzung Künstlicher Intelligenz in der Ermittlungsarbeit und der Einsatz von Videokameras zur Überwachung des öffentlichen Raums müssten ausgeweitet werden.

Die Sicherheit müsse erhöht werden, in Innenstädten und auch auf dem Land. Poseck erinnerte an Hessens Innenstadtoffensive gegen Kriminalität mit mehr Polizei und verstärkten Kontrollen.

Freiwilliger Polizeidienst wäre „ein guter Schritt“

Der Minister sprach von einem Zuwachs der Ausländerkriminalität. Dies sei ein Alarmzeichen, das nicht nur die kollektive Sicherheit, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt bedrohe. Die Politik sei aufgerufen, Migration zu reduzieren und zu ordnen, um eine Überforderung von Staat und Gesellschaft zu verhindern. „Ungezügelte Migration ist ein Sicherheitsrisiko.“ Im vergangenen Jahr habe es bundesweit erstmals mehr ausländische Straftäter gegeben als deutsche. Man könne diese Zahlen nicht ausblenden. Er wolle aber niemanden unter Generalverdacht stellen, sagte Poseck: „Die allermeisten Flüchtlinge sind rechtschaffen und halten sich an die Gesetze.“

Mit Abschiebungen allein sei das Problem nicht zu lösen. Auf eine Abschiebung kämen 20 Asylanträge. Es gehe um strikte Kontrollen an den Außengrenzen der EU. „Wir brauchen Stoppschilder an und nicht weit hinter der Grenze.“

Mehr zum Thema

Politik

Poseck: Härtere Strafen bei Angriffen auf Einsatzkräfte

Veröffentlicht
Von
dpa/lhe
Mehr erfahren
Justiz

Sprengung in Bensheim verhindert

Veröffentlicht
Von
dpa
Mehr erfahren
Justiz

Mutmaßliche Geldautomatensprenger in Darmstadt vor Gericht

Veröffentlicht
Von
dpa/lhe
Mehr erfahren

Auch Lindenfels könne in seine Sicherheit investieren, so der Minister. Die Einrichtung eines freiwilligen Polizeidienstes hält er für einen guten Schritt. Insgesamt will Hessen auch die Präsenz der Polizei landesweit stärken. Neue Dienststellen seien aber nicht vorgesehen. Der Bürger erhoffe sich mehr subjektive Sicherheit durch einen verstärkten Streifendienst und mehr Sichtbarkeit auf der Straße. Zusätzliche Standorte allein seien nicht effektiv, sondern vor allem mit finanziellem und bürokratischem Aufwand verbunden.

Seinem Wunsch nach einem Dialog mit der Feuerwehr konnte Roman Poseck am Nachmittag im Gespräch mit der Frankfurter Berufsfeuerwehr doch noch nachkommen. Vielleicht klappt es irgendwann auch in Lindenfels. Es war ja erst sein erster Besuch.

Freier Autor

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Burgfest Lindenfels
  • Lindenfels-Festival