Heimatgeschichte

Ein Stück altes Lindenfels ist wieder sichtbar

Peter Elbert aus Gadernheim hat ein Modell des früheren Rathauses der Oberamtsstadt gebaut. Das Original an der Burgstraße wurde 1951 abgerissen

Von 
Gisela Grünwald
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Lindenfels. Der Modellbauer Peter Elbert aus Gadernheim hat dem Lindenfelser Bürgermeister Michael Helbig ein Modell des 1951 abgerissenen alten Lindenfelser Rathauses geschenkt. „Ein Fachwerkbau von 1551 wie das Michelstädter Rathaus, das 1484 gebaut worden ist“, so Elbert. Einst stand das schmucke Bauwerk auf dem heute als Parkplatz genutzten Areal am Löwenbrunnen. Das heißt: längs der Mauer zur Straße In der Stadt.

Die Stirnseite mit einer offenen Halle wies zur Burgstraße hin. In der Halle wurden einst Fleisch beschaut und Markt gehalten, berichtete Leiter des Lindenfelser Museums Mathias Roth. Erbaut worden war das Fachwerk-Rathaus schon vor dem Dreißigjährigen Krieg, etwa um 1550: Es bestand aus Holzfachwerk, gemauert mit roten Backsteinen. Die Wände waren gedämmt mit Lehm und Stroh. Auf dem Dach gab es eine Glocke, um Alarm zu läuten. Nach 1860 rief sie zum Unterricht.

Um 1860 wurde das Rathaus umgebaut und von außen mit Holzschindeln versehen. Das Gebäude war damals außerdem verlängert worden für weitere Verwaltungs- und Schulräume. Ein Foto im aktuellen Heft „Der Odenwald“ der heimatgeschichtlichen Vereinigung Breuberg-Bundes zeigt Arbeiter 1951 beim Abriss des Rathauses.

Reichhaltiger Wappenschmuck

Das Haus hätte damals gar nicht abgerissen werden dürfen, aber der Denkmalschutz war noch in den Anfängen, hieß es bei der Übergabe des Modells. Über dem Foto von den Abrissarbeiten ist eines abgebildet, das das alte Rathaus vom Kurgarten aus zeigt. Dahinter ist das inzwischen ebenfalls abgerissene Hotel Hessisches Haus zu erkennen.

Eingeschnitzt im Mittelstiel des alten Fachwerkes war das Vollwappen der Kurpfalz mit dem Zeichen der alten Kur, dem Reichsapfel. Links daneben war der pfälzische Löwe zu sehen, rechts oben die Wittelsbacher Rauten, darunter in der Mitte der goldene Reichsapfel auf rotem Schild. Allerdings sind die Balken nicht mehr vorhanden.

Für das Jahr 1450 ist für Lindenfels ein „huß am Markt“ belegt, das bei einem Stadtbrand 1547 in Flammen aufging. Damals bewilligte Kurfürst Friedrich II. von der Pfalz den Lindenfelsern „zu uffbawung ires Rathauß“ einen Kredit aufzunehmen und diesen innerhalb von zehn Jahren abzutragen.

Der Leiter des Lindenfelser Museums Mathias Roth berichtete, welche Möbel und andere Utensilien im Gebäude vorhanden waren: ein langer Tisch, ein paar Bänke, vier Lehnstühle und zwei Registratur-Schränke. So die Listen zum Mobiliar aus verschiedenen Quellen. Zudem „30 Feuer Eymer, zwei Feuer Häckchen und 1 Laitter“. „Als Bürger der Stadt erhielt man im Mittelalter einen Feuereimer“, sagte Mathias Roth. Damit mussten die Einwohner bei Feuer zum Löscheinsatz antreten. Solche Ledereimer kann man heute noch zum Beispiel im Heimatmuseum in Bonsweiher anschauen. Mit Feuerhaken zog man brennende Gegenstände auseinander.

Routinierter Modellbauer

Eine Quelle besagt, dass im Rathaus außerdem aufbewahrt wurden: die Stadtwaldaxt, ein Beil zur Wacht, Wachtspieße und ein blechernes Wachthorn“. „Diese Gegenstände würde ich gerne haben“, sagte Bürgermeister Helbig. Das Fachwerk-Rathaus verfügte auch über ein Halseisen. Daran wurden Übeltäter am Pranger festgemacht.

Das Lindenfelser Rathaus sah dem 1484 erbauten Michelstädter Rathaus sehr ähnlich. Das ergibt sich laut Mathias Roth beim Vergleich mit dem 1594 erbauten Rathaus in Wald-Michelbach, das zum Oberamt Lindenfels gehörte. Rathäuser aus der Zeit des Übergangs vom Spätmittelalter in die frühe Neuzeit zeigen jeweils eine überbaute Halle im Erdgeschoss mit einem Treppenhaus, das zum Rats- oder Gerichtssaal im ersten Stock führte. Darüber stand ein steiles Dach. Dazu gab es meist reich verziertes Fachwerk, das den Stolz der Stadt ausdrücken sollte, sich selbst verwalten zu dürfen.

„Da es dieses Rathaus nicht mehr gibt, habe ich das Modell für die Feier 900 Jahre Lindenfels gebaut“, erläuterte Peter Elbert. Der routinierte Modellbauer aus Gadernheim hat schon viele Modelle für Museen und Privatleute gebaut. Bei der Übergabe war auch der Vorstand vom Deutschen Drachenmuseum bei. Unter ihnen Altbürgermeister Peter C. Woitge. „Mit dem Modell vom Rathaus wird ein Stück der 900-jährigen Stadtgeschichte erlebbar“, sagte er. Der amtierende Bürgermeister Michael Helbig dankte Peter Elbert für seine Arbeit.

Am 24. März sollen die Feierlichkeiten zur 900-Jahr-Feier von Lindenfels mit einer festlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung beginnen. Das Lindenfelser Museum in der Zehntscheuer bereitet eine Ausstellung zur Stadtgeschichte vor. „Mal sehen, was wir an Exponaten zusammentragen“, so Museumsleiter Roth.

Freie Autorin

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