Winterkasten. Am Eingangstor weisen zwei gelbe Schweifsterne den Weg: Links geht es zur evangelischen Kindertagesstätte „Morgenstern“, rechts zur Außenstelle „Morgensternchen“. Im Hauptgebäude sind vier Gruppen untergebracht. Die evangelische Kirchengemeinde Winterkasten ist Träger der Kindertagesstätte, das Gebäude gehört der Stadt.
Vor Weihnachten wurde im Untergeschoss der Waldhufenkirche nur wenige Meter entfernt die neue U3-Gruppe „Morgensternchen“ eröffnet. Inzwischen ist der Alltag in den neuen Räumen eingekehrt. Das „Morgensternchen“ ist die neue Außenstelle der Kita Morgenstern. „Den Namen habe ich geträumt“, sagt Pfarrer Sebastian Hesselmann – und dann mit der Kita-Leiterin abgesprochen.
Auf 111 Quadratmetern erstreckt sich das „Morgensternchen“ mit einem großem, hellem Gruppenraum, in der die Büro-Ecke für die Erzieherinnen integriert ist, einer Küche, Bad und Toiletten sowie einem Schlafraum für die Kleinen. Für den neuen Zugang wurde ein Fenster in eine Tür umgewandelt. Über den Weg im Garten sind „Morgensternchen“ und „Morgenstern“ miteinander verbunden.
„Die Kinder fühlen sich wohl“, sagt Erzieherin Verena Bodenmüller. „Sie haben den Raum gleich angenommen.“ Es sei total schön und hell, sagt Kollegin Anna Höbel. „Wir sind sehr zufrieden.“ Vor allem der Fensterplatz zum Parkplatz hin sei sehr beliebt – von dort aus könnten die Kinder nach ihren Eltern gucken.
„Der Umbau ist das, was man eine Win-Win-Situation nennt. Die Kirchengemeinde Winterkasten muss nicht mehr um ihr Gebäude bangen. Denn die Kirchengemeinden sind von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) angehalten, im Zuge des Gebäudebedarfs- und Entwicklungsplans, der Teil des Zukunftsprozesses „EKHN 2030“ ist, Flächen zu reduzieren. Das ist in Winterkasten geschehen“, schreibt das evangelische Dekanat Vorderer Odenwald. „Ich versuche zu tun, was geht, bevor andere es tun“, sagt Pfarrer Sebastian Hesselmann. „Besser eine halbe Kirche als keine Kirche.“
Neue Gruppe mit zwölf Betreuungsplätzen geschaffen
Die Stadt Lindenfels ist wie viele Kommunen bei der Schaffung von weiteren Kita-Plätzen unter Zugzwang. Sie konnte schnell und relativ kostengünstig eine neue Gruppe mit zwölf Plätzen errichten. Die Stadt hat den kompletten Umbau inklusive Innenausstattung in Höhe von 265 000 Euro übernommen und zahlt eine monatliche Miete. Auch beim Inventar wurde auf Kosten und Nachhaltigkeit geschaut – vieles ist gebraucht gekauft.
Ein Abstellraum und die Toiletten der Kirchengemeinde sind im Untergeschoss geblieben. Sie wurden von der Stadt ebenfalls saniert. Die Toiletten sind durch einen Aufzug behindertengerecht. Das sei auch notwendig, sagt Pfarrer Hesselmann, schließlich liege die Waldhufenkirche am Camino Incluso – einem interreligiösen, inklusiven und internationalen Pilgerweg durch den Odenwald, der von Bensheim-Auerbach nach Heidelberg führt.
Im Kirchenraum wurden große Schränke eingebaut, hinter denen sich nun die Küchenzeile und all das verbirgt, was für Gruppen benötigt wird. Im hinteren Bereich bleiben vier Tische immer stehen, im vorderen Bereich stehen Stuhlreihen für die Gottesdienste. Besonderes Schmuckstück des Kirchraums aus den 1970er-Jahren ist das Fenster des Frankfurter Künstlers Manfred Stumpf, das er 2005 zusammen mit der Kirchengemeinde konzipiert hat. Seit der Corona-Pandemie verfügt die Waldhufenkirche zudem über eine komplette Theaterbeleuchtung. Den Einbau stemmten Ehrenamtliche. Wie auch jetzt vor allem ein Ehrenamtlicher im Einsatz war: Für den Kirchenvorstand hat Hans-Ulrich Pusch als Baubeauftragter den Umbau begleitet. „Ohne ihn hätten wir das nie hingekriegt“, sagt Sebastian Hesselmann.
„Es war eine neue Situation, dass jetzt alles im Kirchenraum ist, aber wir haben uns gut arrangiert“, führt der Pfarrer weiter aus. Inzwischen kann er der Raumkonzentration sogar einiges abgewinnen: Es sei kleiner, gemütlicher, praktischer – und man müsse nichts mehr aus dem Untergeschoss nach oben tragen.
Da es in Winterkasten keine Kneipen mehr gibt, bietet sich der Raum auch für Vereinsfeiern an – so hat zum Beispiel die Feuerwehr hier ihre Weihnachtsfeier abgehalten. Dass es nun einen Vorhang für die Stühle im hinteren Bereich gibt, ist dem Pfarrer eine besondere Freude: „Ich hatte beim Gottesdienst all die Jahre den Blick auf die aufgestapelten Stühle, jetzt sieht man sie nicht mehr – es kommt eben immer auf die Sichtweise an.“ red
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