Lindenfels. Dr. Hans Desaga, der 2002 im Alter von 89 Jahren starb, ist vielen Bergsträßern bekannt als Mediziner. Desaga praktizierte ab Anfang der 60er Jahre zunächst in Fürth, bevor er sieben Jahre lang als Chefarzt im Luisenkrankenhaus in Lindenfels tätig war. Das Krankenhaus stand damals noch in seiner Blütezeit, inzwischen ist es bereits seit fünf Jahren geschlossen.
Schließlich gründete er Anfang der 70er Jahre in Lindenfels die international bekannte Klinik für Stoffwechselerkrankungen. Mit dem Luisenkrankenhaus und der Privatklinik Dr. Zwick in der Kernstadt sowie der Eleonoren-Klinik in Winterkasten hatte sich die Kurstadt damit zu einem respektablen Gesundheits-Zentrum entwickelt.
Stahlkocher und Archäologe
Hans Desaga, der auch Chemie studiert hatte, stammte ursprünglich aus einfachen Verhältnissen in Bensheim. Für sein Medizin- und Chemiestudium arbeitete er nebenher als Stahlkocher und Werkzeugmacher im Ruhrgebiet. In Hamburg lernte Desaga im Jahr 1939 seine Frau Marianne kennen. Desaga hat zwei Söhne und zwei Töchter.
Im Laufe der Jahrzehnte machte er sich einen Namen als Ernährungswissenschaftler, trat unter anderem mit einigen Publikationen und zahlreichen Vorträgen – unter anderem über gesunde Ernährung – an die Öffentlichkeit.
Desaga befasste sich mit unermüdlicher Schaffenskraft bis ins hohe Alter unter anderem mit der Botanik, Archäologie und Imkerei. Er war nicht nur Buchautor, sondern auch Erfinder und Mechaniker, unternahm zahlreiche Reisen.
Selbst mit über weit 85 Jahren ging Hans Desaga noch tagtäglich mit seinem Computer ans Werk. Die ernährungsphysiologisch sehr wertvolle und uralte Getreidesorte Nackthafer führte er wieder an der Bergstraße ein; eines der letzten Projekte vor seinem Tod war dann der Anbau von Sojabohnen. Unter anderem mit diesen beiden Pflanzenarten focht er einen Kampf für eine optimale Ernährungstherapie – im Hinblick auf massenhaftes Übergewicht moderner Zeitgenossen ein Versuch, um die Volksgesundheit zu verbessern.
Vom gesunden Essen
Vor allem die Bedeutung der Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sowie der Ballaststoffe stand im Vordergrund seiner letzten Schaffensphase. In diesem Bereich war er auch unternehmerisch tätig: Seine Produkte unter dem Markennamen „Heli“ sowie eine von ihm entwickelte Flockenquetsche für Hafer vertrieb er im Rahmen eines natürlichen Diätprogramms.
Gerade im Hinblick auf den wachsenden Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft stellte Desaga die Frage: „Was müssen wir essen, um alt zu werden – und was müssen wir essen, wenn wir alt sind?“ Von Dr. Hans Desaga mitentwickelte Brotsorten mit Nackthafer waren nicht nur in Bäckereien an der Bergstraße, sondern auch in weiten Teilen Baden-Württembergs verbreitet.
Sein Wissen über gesunde Ernährung hatte Desaga unter anderem ergänzt durch Ausgrabungen im vorderen Orient erhalten. Was haben die Leute früher gegessen, woran krankt der moderne Mensch – und wie ist er zu heilen? Das war seine prinzipielle Fragestellung. Er setzte auf natürliche, biologische Produkte. In seiner Theorie und Praxis versuchte er dabei auch, menschliche Schwächen zu beachten, an denen industrielle Diäten so oft scheitern.
„Functional Food“ und andere moderne Entwicklungen waren nicht sein Ding. In seiner langjährigen Praxis als Arzt, Forscher und Autor hat Desaga wohl weit über 100 000 Menschen sein Wissen vermittelt; wie viele Tausend er mit seinem Klinik-Team von krankhaftem Übergewicht geheilt hat, ist nicht bekannt. In seiner menschlichen Art, seiner volksnahen, mit Anekdoten reichen und bildhaften Sprache konnte er überaus fachkundig überzeugen.
Aus seiner Klinik für Stoffwechselerkrankungen an der Nibelungenstraße in Lindenfels zog sich Dr. Hans Desaga erst rund zehn Jahre vor seinem Tod zurück und übergab die Leitung an einen seiner Söhne. Doch auch nach seinem Rückzug aus der Klinik blieb Desaga aktiv. Sein Interesse galt dabei nach wie vor in erster Linie der Ernährungswissenschaft, der er sich mit großem Forschergeist widmete.
Im Alter von 89 Jahren starb Desaga in Hamburg, wo er auch im engsten Familienkreis beigesetzt wurde.
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