Winterkasten. Im Zuge des Strukturreformprozesses „ekhn2030“ der evangelischen Kirche von Hessen und Nassau ist der nächste Schritt in Arbeit. Nachdem im Sommer die Nachbarschaftsräume beschlossen wurden, geht es nun darum, die Gebäudesituation neu zu ordnen. Wie das geschehen soll und in welchem Zeitrahmen war Thema bei der Synode des evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald in der Römerhalle in Dieburg.
Zu viel Flächen, weniger Mitglieder
„Fakt ist, dass die Kirchengemeinden im Dekanat zu viele Flächen bei immer weniger Gemeindegliedern haben. Das soll sich mit dem Gebäudebedarfs- und -entwicklungsprozess ändern“, informiert das evangelische Dekanat in seiner Mitteilung. Bis 2030 soll die Baulast auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) demnach um mindestens 20 Prozent reduziert und die Qualität der Gebäude verbessert werden.
Als Faustregel für Gemeindehäuser gilt: vier Quadratmeter pro 100 Gemeindemitglieder. Pro Nachbarschaftsraum ist ein Gemeindebüro vorgesehen. Bei Kirchen und Sakralräumen sollen es zehn Prozent weniger werden, sagte EKHN-Kirchenarchitektin Elke Suden auf der Synode. Die Verringerung des Bestands an Pfarrwohnungen und Pfarrhäusern orientiere sich daran, wie viele Pfarrpersonen in den Nachbarschaftsräumen künftig tätig sein werden.
Unterschieden wird bei den Gebäuden in drei Kategorien: In Kategorie A werden die Gebäude erfasst, die langfristig gehalten werden, in Kategorie B finden sich die Gebäude, die mittelfristig – also für einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren – bleiben, und in Kategorie C fallen die Gebäude, für deren Erhalt die Landeskirche ab 2027 kein Geld mehr gibt. „Das Gesetz schützt explizit die Kirchen“, sagte Elke Suden. Dabei gebe es im Zuge von „ekhn2030“ eine klare Vorgehensweise. Der erste Schritt sei die Dekanatsanalyse, eine rein statistische Erhebung, wie viele Gebäude es in einem Dekanat wo gibt, wie viele Pfarrpersonen und wie die Sozialstruktur vor Ort aussieht. Diese ist für das Dekanat Vorderer Odenwald schon gemacht.
Beschluss bis Ende 2026
Der nächste Schritt sieht vor, Steckbriefe für jedes einzelne Gebäude zu erstellen. Dort werden unter anderem Aspekte der Nachhaltigkeit und Anzahl der Gottesdienste erfasst. Im Januar und Februar 2024 werden dann die Nachbarschaftsräume bereist. Dabei will man einander und die Gebäude kennenlernen und Ideen für neue Nutzungen sammeln, denn: „Es muss kein Verkauf sein.“ Es gehe auch darum, prominente Lagen oder Erreichbarkeiten zu analysieren und zu schauen, wie die Situation bei den Kommunen und in der katholischen Kirche aussieht. Eine externe Vorbereitungsgruppe wird daraufhin drei Nutzungsvarianten vorschlagen. In den anschließenden Workshops werden sich Vertreterinnen und Vertreter des Dekanats, der Nachbarschaftsräume und des Baureferats der Kirchenverwaltung auf eine Variante festlegen. Der Zeitplan sieht vor, dass bis Ende 2025 beraten werden kann. Ein Beschluss für das Dekanat Vorderer Odenwald muss bis Ende 2026 gefasst werden.
Nach diesen grundsätzlichen Erläuterungen schilderte Dekan Arno Kreh seine praktischen Erfahrungen im Dekanat Bergstraße. Das Dekanat Bergstraße ist Pilotdekanat im Gebäudeentwicklungsprozess und somit einige Schritte voraus. Die Leitfrage könne sein: Sind wir zufrieden damit, wie die Gemeindehäuser genutzt werden? „Zwischen 1950 und 1980 wurde an jedem zweiten Tag in Westdeutschland ein Gemeindehaus eingeweiht – wir leben jetzt in einer anderen Zeit“, sagte der Bergsträßer Dekan (Bild: Dekanat)). Und: Von der Reformation bis 1945 seien so viele Kirchen gebaut worden wie von 1945 bis jetzt. „In mehr als 90 Prozent der Fälle brauchen wir Räume für maximal 30 Personen“, so Kreh. Hinzu komme, dass die katholische Kirche radikal Gebäude abgebe und auch die Kommunen mit ihren Dorfgemeinschafts- und Bürgerhäusern nach neuen Lösungen suchten.
Lindenfelser Gemeinde umgezogen
In Lindenfels habe die evangelische Kirchengemeinde ihr Gemeindehaus aufgegeben und sei bei der katholischen Gemeinde eingezogen. Die Grundfrage aber sei: Was ist unser Auftrag als evangelische Kirche? Davon ausgehend sei zu fragen, wofür es Gebäude brauche und wofür nicht, so Kreh abschließend.
Mit großer Mehrheit verabschiedete die Dekanatssynode einen Antrag an die Landessynode, in dem es darum geht, den Umgang mit den Gemeindehausflächen gegenüber sakralen Flächen flexibler zu gestalten und den Nachbarschaftsräumen mehr Spielräume einzuräumen.
Präses Ulrike Laux berichtete den Synodalen, dass das Dekanat Vorderer Odenwald die Voraussetzungen erfülle, um bei der EKHN und dem Bundeswirtschafts- und Klimaministerium einen Antrag auf Klimaschutzkoordination zu stellen.
Zur Situation der Pfarrstellen im Dekanat führte Dekan Joachim Meyer aus, dass aktuell die Kirchengemeinden in Altheim und Harpertshausen, in Langstadt und Schlierbach, eine Stelle in Groß-Zimmern, die halbe Stelle in Groß-Bieberau und ab 1. Dezember die Stelle in Münster unbesetzt seien. In Reichelsheim sei Pfarrerin Erika Häring nach wie vor in Elternzeit und arbeite im Umfang einer viertel Stelle.
Die Synode ist das regionale Kirchenparlament des evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Es besteht aus 76 Personen und vertritt 40 Kirchengemeinden mit rund 50 000 Mitgliedern zwischen Babenhausen und Reichelsheim. red
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