Bürgermeisterwahl

Lindenfelser Bürgermeisterkandidaten im Kreuzverhör

Rico Schrot, Maximilian Klöss und Norbert Taufertshöfer legten dar, wie sie Lindenfels zukünftig gestalten wollen. So sehen ihre Ansätze aus.

Von 
Nora Strupp
Lesedauer: 
Die Podiumsveranstaltung mit den Bürgermeisterkandidaten Rico Schrot, Maximilian Klöss und Norbert Taufertshöfer im Bürgerhaus stieß auf sehr große Resonanz. © Thomas Neu

Lindenfels. Erstmals seit Beginn des Bürgermeisterwahlkampfs hatten Bürger und Interessierte am Montagabend im Bürgerhaus die Gelegenheit, sich die Standpunkte der drei Kandidaten im direkten Vergleich anzuhören. Die Themenpalette reichte von Finanzen, Gesundheitsversorgung, Sicherheit, Ortsbeiräte über freiwillige kommunale Leistungen bis hin zu Parteipolitik.

Nachdem sich Rico Schrot, Maximilian Klöss und Norbert Taufertshöfer zunächst noch einmal dem Publikum vorgestellt hatten, fragte Moderator Philipp Kriegbaum (Bild: Neu) nach der persönlichen Motivation, warum sie ausgerechnet Rathauschef in Lindenfels werden wollen. „Ich bin mittlerweile seit über 20 Jahren politisch aktiv. Mit meiner Erfahrung, dem Blick für das Wesentliche und Notwendige sowie meinem Netzwerk, kann ich dabei helfen, die Stadt voranzubringen. Ich möchte Lindenfels wieder in altem Glanz erstrahlen lassen“, erläuterte Schrot.

„Für mich wird ein Kindheitstraum wahr, mich als Bürgermeisterkandidat vorzustellen. Ich bin mit der Gastronomie aufgewachsen. Der Servicegedanke stand also im Vordergrund. Ich habe von Anfang an bewusst immer von ,Wahlbegeisterung’ gesprochen. Das Wort ,Wahlkampf’ ist für mich negativ – es steht für alte Muster und ein Gegeneinander. Ich stehe für Transparenz, Offenheit, ein Miteinander, gelebte Bürgerbeteiligung und ein Wir-Gefühl in Lindenfels. Von mir wird es keine Wahlversprechen geben, aber ich verspreche vollen Einsatz – als Bürgermeister aus Lindenfels für Lindenfels“, legte Klöss dar.

Für Klöss darf Parteipolitik im Kommunalen keine Rolle spielen

„Lindenfels würde ein Bürgermeister gut tun, der nicht alles hinnimmt und sich nicht überfahren lässt, sondern von unten nach oben agiert. In meiner Jugend war ich ein überzeugter Linker, bis ich 30 Jahre alt war. Danach war ich bei den Grünen, die ich vor 2000 aber wieder verlassen habe. Im Laufe meines Geschäftslebens bin ich schrittweise zum Konservativen geworden. 2021 bin ich dann in die AfD eingetreten“, schilderte Taufertshöfer.

Sowohl Schrot als auch Klöss betonten, dass Parteipolitik bei der Ausführung der Bürgermeisteraufgaben nicht im Mittelpunkt stehen dürfe. „Parteipolitik ist sekundär. Aber eine Parteimitgliedschaft gibt natürlich die Richtung und den Kompass vor“, sagte Schrot. Dass er als CDU-Kandidat ins Rennen gehe und im Rahmen seiner politischen Arbeit bei den Christdemokraten viele Kontakte geknüpft habe, sehe er nicht als schädlich an. „Es ist doch hilfreich, die richtigen Ansprechpartner zu kennen und zu wissen, wo man sich Tipps – zum Beispiel in Bezug auf Fördermittel – holen kann“, so Schrot.

Norbert Taufertshöfer. © Thomas Neu

„Parteipolitik darf keine Rolle in der Kommunalpolitik spielen“, so Klöss. Bereits jetzt würden die Lindenfelser Gremien zeigen, dass eine überparteiliche Zusammenarbeit möglich ist. „In der Stadtverordnetenversammlung und im Magistrat haben wir ein sehr gutes Miteinander. Wir sind an der Sache orientiert. Für meine Bewerbung als Bürgermeisterkandidat habe ich damals das Gespräch mit allen Fraktionen gesucht – nur nicht mit der CDU, aber auch nur deshalb, weil die CDU schon ihren eigenen Kandidaten aufgestellt hatte.“

Taufertshöfer bezeichneten den Bürgermeister als Scharnier der Bürger zur Verwaltung. „Was er macht, sollte zwar nicht von großer Politik geprägt sein, aber von der Bundespolitik abschotten kann man sich trotzdem nicht“, fand er. Für ihn sei vielmehr die Grundeinstellung zu bestimmten Themen wichtig. „Es würde der Kommune gut tun, wenn Leute aus der Wirtschaft an der Spitze wären, weil man dann eine andere Herangehensweise hat“, meinte der 72-Jährige.

Schrot fordert Steuersenkungen, Klöss sieht dafür keinen Spielraum

Überleitend zum nächsten Themenblock – den Lindenfelser Finanzen –, gab Moderator Philipp Kriegbaum einen kleinen Überblick über die Aufgaben und die Besoldungshöhe eines Bürgermeisters. Angesichts der Tatsache, dass der Haushalt 2024 voraussichtlich mit einem Minus von etwa 362 000 Euro abschließt, wollte Kriegbaum von den drei Kandidaten wissen, was sie tun wollen, um das zu ändern.

„Die finanzielle Lage ist angespannt“, räumte Klöss ein. Jedoch sei dies kein Lindenfels-spezifisches Problem, denn auch andere hessische Kommunen würden einen defizitären Haushalt vorlegen. „Und auf viele Dinge haben wir auch keinen Einfluss, zum Beispiel die Kreisumlage. Kurzfristig lässt sich die finanzielle Situation nicht verbessern. Und jeder, der Steuersenkungen verspricht, streut den Leuten Sand in die Augen“, monierte der 33-Jährige.

Dem widersprach Schrot. Er plädierte dafür, die Grundsteuer-Hebesätze zu senken – schließlich hätte die hessische Steuerverwaltung einen Grundsteuer-B-Hebesatz von 607 Prozent und einen Grundsteuer-A-Hebesatz von 278 Prozent empfohlen. Aktuell liegt der Hebesatz der Grundsteuer B in Lindenfels bei 870 Prozent und bei der Grundsteuer A bei 350 Prozent. „Die Grundsteuer nicht zu senken, ist nicht zielführend, nicht gerecht und sogar schädlich für die Stadt. Denn irgendwann werden junge Familien ihre Koffer packen“, mahnte er.

Rico Schrot. © Thomas Neu

Taufertshöfer attestierte der aktuellen Lindenfelser Verwaltung eine solide Haushaltsführung. Die Steuereinnahmen für 2024 seien jedoch zu optimistisch geschätzt worden. „Die wirtschaftliche Lage wird desolat werden. Der Konsum wird zurückgehen und die Arbeitslosigkeit wird steigen. Nächstes Jahr soll die Kreisumlage erhöht werden – das wird ein weiterer Schlag ins Kontor“, prophezeite Taufertshöfer.

Auch angesichts der Kredite in Millionenhöhe, die irgendwann auslaufen, mahnte er zu Vorsicht, denn: „Einen Anschlusskredit wird man nur zu wesentlich schlechteren Bedingungen erhalten.“ Die schlechte finanzielle Lage könne man nur mit höheren Einnahmen wettmachen – dies könne jedoch nur gelingen, indem man es schafft, junge Familien in der Burgstadt anzusiedeln. „Je attraktiver Lindenfels ist, umso mehr Menschen werden hier herziehen“, war der 72-Jährige überzeugt.

„Attraktivität“ war dann auch das Stichwort für das nächste Themengebiet „Tourismus“, zu dem Kriegbaum die drei Kandidaten befragte. Im Rahmen der Gespräche, die Schrot mit den Bürgern geführt habe, hätten sich die Einwohner immer wieder über das schlechte Erscheinungsbild von Lindenfels beschwert, führte der 45-Jährige aus. „Lindenfels lebt von Tourismus und ist auf Reisende angewiesen, die hier übernachten wollen. Aber die Leute werden durch das Stadtbild abgeschreckt“, verdeutlichte Schrot.

„Tourismus ist das Pfund, mit dem Lindenfels wuchern kann“

„Es stört mich, wenn gesagt wird, dass das Stadtbild schlecht wäre“, entgegnete Klöss. Zwar seien manche Ecken verbesserungswürdig, aber viele Auswärtige fänden Lindenfels schön. Zudem sei jeder Einzelne angesprochen, um das Stadtbild zu verbessern. „Es würde schon helfen, wenn die Lindenfelser mal in die eigenen Restaurants vor Ort gehen würden“, so Klöss.

Taufertshöfer sah viel Potenzial in der Odenwald-Kommune. „Tourismus ist das Pfund, mit dem Lindenfels wuchern kann. Hier gibt es eine herrliche Landschaft, Wasser und unheimlich freundliche Menschen. Die Gastfreundlichkeit und das Gemeinschaftsgefühl sind vorbildlich und ein Anziehungspunkt“, lobte er. „Das verträgt sich aber nicht mit den Schlägereien und der Geldautomaten-Sprengung.“

Maximilian Klöss. © Thomas Neu

Diese Vorlage griff Kriegbaum umgehend auf und warf die Frage in den Raum, was beispielsweise gegen die nächtlichen Ruhestörungen getan werden könne, die bei der Polizeisprechstunde regelmäßig thematisiert würden.

„Die Bürger sollen sich in allen Ortsteilen sicher fühlen“, betonte Schrot. Für ihn sei der freiwillige Polizeidienst oder die Etablierung einer Polizeistation in Lindenfels eine adäquate Lösung. „Ich würde auch eine Videoüberwachung an neuralgischen Punkten installieren“, kündigte er an. Auch vor einer direkten Ansprache mit den Verursachern schrecke er nicht zurück.

Schrot will eine Integrationsstelle im Rathaus etablieren

Klöss identifizierte vor allem die Kernstadt und Eulsbach als neuralgische Punkte, an denen mehr für die Sicherheit getan werden müsste. Er sprach das „Kommunalprogramm Sicherheitssiegel“ (Kompass) des Hessischen Innenministeriums an, an dem die Stadt Lindenfels teilnimmt. Zudem müsse man nicht nur das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger mit einbeziehen, sondern auch objektive Berichte. In diesem Zuge verwies er auf die Kriminalstatistik in Hessen. Demnach ist Südhessen seit sechs Jahren die sicherste Region in ganz Hessen.

Norbert Taufertshöfer warf ein, dass in Lindenfels deutlich mehr Straftaten geschehen würden und es mehr Angsträume gäbe, als von der Polizei offiziell kommuniziert. Zumindest würden Berichte von Frauen, die auf dem Heimweg von der Kutsch-Disco belästigt worden seien, dies belegen.

Eng verknüpft mit der Diskussion um die Sicherheit in Lindenfels ist stets auch die Flüchtlingssituation vor Ort. Rico Schrot versicherte, dass er eine Integrationsstelle im Rathaus installieren wolle. Ein Integrationsbeauftragter solle ihm dann regelmäßig darüber Bericht erstatten, ob die Flüchtlinge an Sprachkursen teilnehmen, ob sie berufstätig sind oder ob sie durch straffälliges Verhalten auffallen.

Taufertshöfer sieht geplanten Umbau der "Luise" kritisch

In einem Punkt waren sich zwei Kandidaten einig: „Wenn wir weiter Flüchtlinge aufnehmen, ist der soziale Frieden in Gefahr“, verdeutlichte Klöss. Vielmehr müsse man die bereits in Lindenfels lebenden Flüchtlinge integrieren. Und jene, die sich auffällig verhielten, müssten „Konsequenzen spüren“. Man könne mit den Flüchtlingen sprechen, „aber man muss offen auf sie zugehen und auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren“, appellierte er.

Auch Taufertshöfer hielt weitere Zuweisungen für schädlich. „Man darf das nicht widerstandslos akzeptieren“, bekräftigte er. Kritisch sah er in diesem Zuge auch den geplanten Umbau des ehemaligen Luisenkrankenhauses. Die Avenue Park GmbH möchte dort bis zu 90 Wohnungen schaffen. „Ich hoffe, dass die Investoren die Wohnungen nicht mit Klientel besetzen, die dem Tourismus in Lindenfels zuwiderlaufen.“

Schrot rügte ebenfalls, dass die Stadt damals nicht als Käuferin der ehemaligen Klinik in Erscheinung getreten ist. „Die Stadt hätte das Gebäude erwerben können. Aber jetzt ist das ein ungedeckter Scheck. Die Bürger sind besorgt, dass mit dem Kauf des Krankenhauses die nächste Baustelle hier entsteht. Ich persönlich würde mich für einen Rückkauf einsetzen.“

Dem stimmte Taufertshöfer zu: „Dass sich die Stadt das aus den Händen hat nehmen lassen, ist eine Katastrophe. Ich wäre auch sofort für einen Rückkauf. Und wenn das Geld nicht da ist, dann würde ich eine Bürgergenossenschaft ins Leben rufen. Jeder Bürger könnte 1000 Euro für den Kauf dazugeben. So bliebe das Geld wenigstens in der Region.“

Taufertshöfer kritisiert, dass Verwaltung von MVZ-Schließung nichts gewusst haben will

Klöss versuchte zu beschwichtigen und gab bekannt, dass bezüglich des ehemaligen Krankenhauses Gespräche liefen, ohne jedoch näher darauf einzugehen. Zudem seien seines Wissens nach keine Sozialwohnungen in dem Gebäudekomplex geplant. „Sozialwohnungen wurden vorgeschlagen, aber das wurde von den Stadtverordneten regelrecht abgebügelt“, erläuterte Klöss. „Mein Wunsch wäre es, ein betreutes Wohnen dort unterzubringen.“

Zugleich bemängelte er, dass es sich die beiden anderen Kandidaten zu einfach machen würden, was die Kosten der Immobilie angeht: „Man müsste allein 20 bis 25 Millionen Euro reinstecken, um es überhaupt in einen vernünftigen Zustand zu bringen.“

Angesichts der Schließung des ehemaligen Luisenkrankenhauses im Jahr 2016 und der Zukunft des Gebäudes war dann schnell der Bogen zur geplanten Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) zum Ende dieses Jahres und somit zur Gesundheitsversorgung geschlagen. Taufertshöfer hatte kein Verständnis dafür, dass die Lindenfelser Stadtverwaltung die finanzielle Schieflage der Einrichtung angeblich nicht mitbekommen habe: „Diese Defizite bauen sich über Jahre auf. Dann muss man sich die Rechenschaftsberichte anschauen." Klöss versicherte, dass es zuvor keinerlei Kommunikation seitens des MVZ und des Universitätsklinikums Heidelberg als Träger zur bevorstehenden Schließung gegeben habe. Dennoch sei er optimistisch, dass die ärztliche Versorgung in Lindenfels aufrecht erhalten werden könne. Gespräche hierzu gäbe es bereits. Schrot informierte, dass die Stadt einen kassenärztlichen Sitz kaufen könne und man dies als Option in Betracht ziehen sollte.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung sprach der Moderator die Unzufriedenheit der Ortsbeiräte darüber an, dass sie von der Stadt keine Rückmeldung auf von ihnen vorgebrachte Sachverhalte erhalten würden. Klöss räumte ein, dass er die Frustration verstehen könne, versicherte aber, dass die Ortsbeiräte einen hohen Stellenwert für ihn haben. „Die Ortsbeiräte sind engagierte Menschen. Sie haben höchste Anerkennung verdient.“

Alle drei Kandidaten wollen das Schwimmbad erhalten

Taufertshöfer drückte gleichfalls seine Hochachtung gegenüber den Ehrenämtlern aus und regte an, eine halbe Stunde vor einer Ortsbeiratssitzung ein Treffen mit Bürgern zu arrangieren, damit im Laufe der Sitzung auf ihre Einwände eingegangen werden könne.

Schrot gab an, sich als Bürgermeister vorab mit den Ortsbeiräten treffen zu wollen, um ihnen schon vorher signalisieren zu können, ob sie bei den angesprochenen Themen mit der Unterstützung der Stadtverwaltung rechnen können oder nicht.

Zu guter Letzt wurde auch über die Situation des Lindenfelser Schwimmbads gesprochen. „Das Bad ist wichtig, denn es bildet das Rückgrat und die Lebensader für die Bürger“, verdeutlichte Schrot. Er forderte die Aufstellung eines Finanzplans für die nächsten 30 Jahre und eine grundlegende Sanierung statt „Flickschusterei“.

Auch Taufertshöfer versicherte, das Bad unter allen Umständen erhalten zu wollen. „Am Bad hängt mehr als nur die Gäste. Bei einer Stilllegung können wir auch den schönen Campingplatz vergessen“, mahnte er.

„Es ist in aller Sinne, das Bad zu erhalten“, stimmte Klöss zu. Angesichts von nur 175 verkauften Dauerkarten in diesem Jahr, würde er sich aber wünschen, dass die Lindenfelser ihr Bad auch mehr nutzen würden. „Nur mit Fördermitteln allein ist das Bad nicht zu retten“, machte er klar und plädierte dafür, Arbeitsgruppen einzuberufen, um gemeinsam nach Lösungen zu schauen.

Nach der Diskussionsrunde hatten die Bürger schließlich noch die Gelegenheit, den Kandidaten einige Fragen zu stellen. Eine Teilnehmerin wollte etwa von Maximilian Klöss wissen, ob es möglich sei, Fördermittel beispielsweise für die Erneuerung von Sportplätzen zu akquirieren. Klöss versprach, sich auf jeden Fall dafür einsetzen zu wollen, falls er zum Bürgermeister gewählt wird.

Eine weitere Fragestellerin wollte von Rico Schrot wissen, wie es gelingen kann, Lindenfels für jüngere Generationen attraktiver zu machen. Schrot entgegnete, dass vor allem die Grundsteuer-Hebesätze dafür entscheidend seien, ob die Leute gerne in Lindenfels wohnen wollen.

Redaktion

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke
  • Burgfest Lindenfels
  • Lindenfels-Festival