Lindenfels. Von der Nibelungenstraße kurz vor Lindenfels aus konnte man in den vergangenen Wochen einen Blick auf ein stetig wachsendes, imposantes Holzblockhaus erhaschen. Das Gebäude entsteht aus 19 Meter langen Baumstämmen, mit Durchmessern bis zu einem halben Meter. Derzeit wird das obere Stockwerk aufgebaut.
Das Haus beeindruckt nicht nur durch die verarbeiteten Baumstämme und ihre Dimensionen, sondern auch durch seine ungewöhnliche Bauweise. Im Gegensatz zu herkömmlichen Bauten wurde es nicht auf den Boden gesetzt, sondern einen halben Meter darüber. Dazu wurden die unteren Baumstämme aufgebockt, was den Eindruck vermittelt, das massive Holzblockhaus würde in der Luft schweben.
„Der Grund hierfür ist ganz einfach: Das Blockhaus wird nicht gebaut, um hier zu stehen“, klärt Zimmermeister Bruno Riemenschneider auf. Für die Aufstockung spricht, dass das Haus leichter gedreht werden kann, falls notwendig und dass man die Unterseite nicht an den Boden hier anpassen muss, sondern nur an den endgültigen Standort. „Nach dem Aufbau kommt der Abbau“, erklärt Zimmermeister Riemenschneider.
Das Haus bietet fast 250 Quadratmeter Wohnfläche
Auf dem Gelände einer Steinmetzfirma in Lindenfels hat er die Möglichkeit, Holzblockhäuser herzustellen und Material dafür zu lagern. „Das Gelände erfüllt den Platzbedarf für die Lagerung und der Verarbeitung der 65 nicht gerade kleinen Baumstämme sowie für den Aufbau des Individualblockhauses“, sagt Riemenschneider.
In Lindenfels entsteht ein zweistöckiges Wohnhaus, das nach der Fertigstellung eine Gesamtwohnfläche von 242 Quadratmetern bieten wird. Bezogen wird es nicht im Odenwald, sondern erst nach dem Wiederaufbau in der Nähe von Marburg.
„Wir fertigen die beiden Geschosse inklusive aller statischen Teile in Lindenfels und bauen das Haus komplett auf. Danach werden Lufthohlräume mit Kautschuk und Schafwolle abgedichtet, bevor die Teile nummeriert und für den Abtransport rückgebaut werden“, erklärt der Holzblockhausbauer die Vorgehensweise.
Vor der Zerlegung hat der Bauherr die Möglichkeit, sein Eigenheim aufgebaut zu besichtigen und Details bei der Innenausstattung in den Räumen festzulegen. „Nach seinen Wünschen bereiten wir Montagemöglichkeiten vor und bohren auch Schächte für Kabelrohre in das Holz, um die Leitungen unsichtbar in den Baumstämmen verlaufen zu lassen“, so Riemenschneider. Obwohl die Bewohner sich für die rustikale Baumstammoptik entschieden haben, können auch „konventionelle Wände“ nachinstalliert werden.
65 Weißtannen aus dem Schwarzwald werden verarbeitet
Wenn das Haus fertig aufgebaut steht, werden die Baumstämme markiert. Für den Abtransport wird jeder Stamm einzeln und vorsichtig verladen. „Insgesamt muss man bei einem Bau wie diesem mit einer Gesamtzeit von rund einem Vierteljahr rechnen“, so Bruno Riemenschneider.
Bruno Riemenschneider setzt bei der Materialauswahl auf regionale Produkte und kauft das Holz direkt bei Förstern und Waldbesitzern. 65 Weißtannen aus dem Schwarzwald wurden für das Haus verarbeitet.
Nach der Anlieferung befreiten Riemenschneider, Dachdeckermeister und Zimmermann Luca Schmidt sowie Zimmermann Luis Bohländer die Stämme von der Rinde und hobelten sie. Bereits dann wurde ausgesucht, welcher Stamm an welcher Stelle verarbeitet wird.
Wichtig ist außer den Kenntnissen im Holzbau auch das richtige Werkzeug. Wasserwaage, Kettensäge, Stammwender und Stammhalter sind wie ein Scriber-Zirkel unerlässlich. „Kein Baum wächst gleich, aber beim Bau eines Blockhauses müssen die Rundhölzer perfekt aufeinanderpassen, und es dürfen keine Fugen entstehen. Die unterschiedlich dicken und unregelmäßig geformten Stämme werden – erst nach Augenmaß und dann mit Hilfe des Scriber-Zirkels – individuell angepasst.“
Der Name des Geräts leitet sich von seiner zirkelähnlichen Form und dem englischen Begriff für Kopist oder Anreißer ab. Es wird genutzt, um die Konturen des unteren Baumstammes auf den oberen Baumstamm „anzureißen“, also zu übertragen, um Unebenheiten passgenau bearbeiten zu können.
Während seiner Gesellenzeit in Kanada und den USA entdeckte Bruno Riemenschneider seine Leidenschaft für den Bau von Holzblockhäusern. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland bildete er sich unter anderem in der German School of Log Building in Fulda weiter. Log Building ist der englische Begriff für den Blockhausbau. Riemenschneider sammelte weitere Erfahrung, bevor er sich im vergangenen Mai zur Firmengründung entschloss. „Natürlich bieten wir auch neben Blockwohnhäusern auch andere Zimmerdienste an“, erklärt der 31-Jährige. Dazu zählen Holz- und Dachausbauten, der Bau von Carports und Blockhütten für den Garten.
Der nachhaltige Rohstoff kann Kohlendioxid über Jahrhunderte binden
Doch die großen Holzhäuser liegen dem Zimmermeister besonders am Herzen. „Holz ist ein ökologischer, leimfreier Baustoff, ideal nicht nur für Allergiker, atmungsaktiv, nachwachsend und wie es hier benutzt wird absolut nachhaltig.“ Außerdem bindet es Kohlendioxid, da das Holz in seiner natürlichen Form verbaut wird. „Dies könnte 200 bis 300 Jahre lang gebunden bleiben, denn so lange können Holzblockhäuser bestehen“, sagt Bruno Riemenschneider .
Er ist davon überzeugt, dass umweltbewusstes Bauen und modernes Wohnen bei dieser Bauweise keine Widersprüche sind. Es spreche viel für den regional und lokal verfügbaren Baustoff. Und wenn sich die Lebensumstände ändern: „Ein Blockhaus lässt sich wieder abbauen und an anderer Stelle neu errichten oder ein anderes Gewerk bauen. Das ist echte Nachhaltigkeit.“ Der Schutt von Steinhäusern müsse dagegen teuer entsorgt werden.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter zimmerei-riemenschneider.de und unter Tel. 0151 / 23579110 sowie E-Mail: info@zimmerei-riemenschneider.de.
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