Lindenfels. Im Rahmen der 17. Bach-Tage im Kreis Bergstraße lockte ein Orgelkonzert die Besucher in die evangelische Kirche in Lindenfels.
Der Regionalkantor der Darmstädter Kirche St. Ludwig, Jorin Sandau, wollte die historische Dreymann-Orgel aus dem 18. Jahrhundert gerne spielen. Sie ist eines der herausragenden historischen Instrumente im Kreis Bergstraße. „Ihr Klang ist der der Orgeln des 17. und 18. Jahrhunderts, als Johann Sebastian Bach seine Stücke komponierte“, erklärte Jorin Sandau.
Die Dreymann-Orgel ist auch eine gute Kammermusik-Partnerin im Zusammenspiel mit der Stimmführerin der zweiten Violinen des Staatstheaters Darmstadt, Megan Chapelas. Beide Musiker sind in der Alten Musik und der Romantik zu Hause.
Bach als Vorbild für Rockmusiker
Johann Sebastian Bach, deutscher Komponist des Barocks, Violinist, Organist und Cembalist, ist 1865 in Eisenach in Thüringen geboren und 1750 in Leipzig gestorben. Dort war er Kantor der Thomaskirche und Musikdirektor zu Leipzig. Er komponierte musikalische Werke für die Kirche oder weltliche Musik für den Kurfürsten. Im 18. Jahrhundert zu seiner Zeit wurden die Musiker von den Fürsten bezahlt. Sie waren ihre Angestellten. Sie wollten nicht nur gute Musik in den Gotteshäusern hören, sondern auch in ihren privaten Musiksalons bei gesellschaftlichen Treffen. Bachs berühmteste Stück ist „Das wohltemperierte Klavier“ von 1734. Er ist der Komponist, an dem sich noch heute Rockmusiker orientieren.
In Lindenfels spielte Jorin Sandau auf der kürzlich renovierten Orgel die „Sonate e-Moll“ von Johann Sebastian Bach. Dabei entlockte der Ludwigskantor der historischen Dreymann-Orgel wunderbare Klänge. Seine Finger glitten über die Tasten und er zog die Register für die Pfeifen – ergänzt von Megan Chapelas Violine. „Die evangelische Kirche in Lindenfels, ist ein hoher Raum, in dem der Ton der Orgel sich entfalten kann, das gibt es nicht allzu oft“, so Jorin Sandau.
Viel Platz, um mit dem Bogen die Saiten ihrer Geige zu streichen, hatte die Violinistin neben der Orgel auf der Empore in der evangelischen Kirche nicht. „Das bin ich aber gewöhnt, auch in einem Orchester ist es manchmal eng“, schilderte Megan Chapelas.
Ein Zeitgenosse Bachs war Nicola Matteis der Ältere „Neapolitano“, ein italienischer Violinist, Gitarrist und Komponist. (geboren 1650 in Neapel und gestorben 1750 in London). Bevor der Komponist in London seine großen Werke schrieb, war er ein Musiker auf Wanderschaft, heute heißt das Straßenmusiker. Zu Fuß reiste er mit der Geige im Rucksack durch Deutschland, bevor er ab 1652 als Geigenlehrer in London lebte. Aus dieser Zeit stammt „Ayres for the Violin“.
Ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammten die Werke des österreichischen Violinisten und Kapellmeisters Johann Heinrich Schmelzer (geboren in Scheibs, gestorben in Prag).
„Wie Wiener Kaffeehaus-Musik“
Die Musiker spielten Sonata IV. Regionalkantor Jorin Sandau meinte nach dem Konzert: „Das klingt wie Wiener Kaffeehaus-Musik.“ Die Konzertbesucher mochten die leichte Musik. Geistlich und schwerer war das Kirchenlied zu Pfingsten „Komm Heiliger Geist“ von Johann Sebastian Bach.
Den Höhepunkt des Konzerts bildeten die „Variationen über ein Thema von Corelli op.56“ vom Darmstädter Komponisten Johann Christian Heinrich Rinck (geboren 1770 in Elgersburg bei Ilmenau in Thüringen und gestorben 1846 in Darmstadt). Er war ein Zeitgenosse von Mozart, Beethoven und Schubert sowie ein Schüler von Johann Christian Kittel, der noch bei Johann Sebastian Bach studiert hat.
Rinck, ein Lehrerssohn, verzichtete auf ein weiterführendes Studium und trat 1790 die Stelle des Stadtorganisten in Gießen an. Er wurde 1803 Universitätsmusikdirektor, fühlte sich aber in der Universitätsstadt abgeschnitten vom deutschen Musikleben.
Er folgte deshalb 1805 dem Ruf aus Darmstadt, wurde Kantor und Organist der Stadtkirche, später Hoforganist und Kammermusiker von Großherzog Ludwig I. Er galt schon in seiner Zeit als einer der besten Organisten und unternahm mehrfach Konzertreisen. Aus dieser Zeit stammt die historische Dreymann-Orgel in Lindenfels. „Das über 200 Jahre alte Orgelpfeifen noch so klingen können“, schwärmte Organist Jorin Sandau.
Die „Pastorale op. 150/4“ von Josef Gabriel Rheinberger im Sechsachteltakt begeisterte die Konzertbesucher. Eine gelungene Abwechslung war ebenso das Werk für Solo-instrument und Orchester „Romanze“ von Max Reger aus der Oberpfalz. Danach applaudierte das Publikum und rief „Bravo, Bravo“.
Zum Schluss die „Sonate G-Dur“ von Johann Sebastian Bach. Das Publikum war restlos begeistert. Die beiden Musiker haben schon überall in der Welt musiziert und studiert: Megan Chapelas in Montreal, San Francisco und Hamburg. Jorin Sandau in Frankfurt und Amsterdam. Beide meinten: „So ein toller Klang in einer kleinen Kirche. Die historische Orgel war auch für uns Musiker ein Genuss.“ Das Publikum meinte: „Hoffentlich verirren sich mal wieder Musiker im Rahmen der Bach-Tage im Kreis Bergstraße nach Lindenfels.“
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