Rimbach. Was tut Beate Wilhelm (BILD: Tschepe) wohl, wenn sie ihren vorgezogenen Ruhestand genießt? „Sie chillt“, ist ein Teenager überzeugt. Eine Kamera hat aufgezeichnet, welche Gedanken sich die Schüler zur bevorstehenden Verabschiedung ihrer Direktorin machen.
Schnell ist klar, dass man Wilhelm und ihre Eigenheiten sehr genau kennt an der Rimbacher Martin-Luther-Schule (MLS): ihr Lächeln, ihre roten Jacken, die vernehmlich klappernden Absätze, ihre Gesprächsbereitschaft.
Manche sprechen von der ruhigen Art Wilhelms. Ein Mädchen sagt, dass die Schulleiterin da gewesen sei, als es sie gebraucht habe. Andere geben zu, dass ihr Ruhestand für sie überraschend komme. „Lassen Sie es krachen!“ Viele der Befragten sind sicher, dass die Pädagogin viel lesen und verreisen wird. Wilhelms Stellvertreter Frederik Weis hat die Interviews geführt und auch gefragt, was die Teenager der Pädagogin wünschen: ein langes Leben, Gesundheit, viel Erholung und – da muss mancher lachen –, „dass Sie Ihre Entscheidung nicht bereuen.“
Sein Blutdruck sei gestiegen, als ihm die Schulleiterin im vergangenen Jahr von ihrem Abschied in Kenntnis setzte, bemerkt Weis, als die Leinwand hinter ihm wieder dunkel wird. Zum einen, weil ihn die Ruhestandspläne ebenso kalt erwischten wie die Schüler. Zum anderen sei er nervös geworden angesichts der Tatsache, dass Wilhelm Verabschiedungsfeiern stets „generalstabsmäßig“ plane. Was nun auch Weis tat: Er organisierte eine Veranstaltung in der Schulmensa, die am Ende vier Stunden dauert und bei der so ziemlich alles Denkbare aufgeboten wird.
Los geht es mit der Schulband, denen später die Mädchen des Vokalensembles und die „Voice Boys“ folgen (Schilling), bevor die beiden Chöre gemeinsam singen. Zuvor steht eine lange Liste von Grußworten auf dem Programm, deren Redner sich nur in drei Fällen angenehm kurz halten.
16 Jahre als Schulleiterin
Da ist zum einen Bürgermeister Holger Schmitt, der den „hervorragenden Ruf“ der Schule hervorhebt, die „gute, herzliche Zusammenarbeit“ mit Wilhelm und die Tatsache, dass die Gemeinde stolz sei auf ihr Gymnasium. Zum Zweiten ist da der Auftritt von Schulelternbeirat Christian Grawe, der die Weitsicht der Pädagogin lobt, ihren Blick fürs Ganze, aber auch an die Krisen erinnert, die man gemeinsam durchgestanden habe. Als Dritte kommen die beiden evangelischen Pfarrer Uwe Buß und Daniel Fritz flott auf den Punkt; sie sprechen sozusagen als Nachbarn, erzählen kurze Anekdoten, die mit dem Schul- und dem Kirch-Umbau zu tun haben.
Deutlich ausführlicher gerät die Rede von Andrea Johannsen: Sie überreicht die Ruhestandsurkunde des staatlichen Schulamts und macht Wilhelm damit offiziell zur Pensionärin. „Es ist nicht leicht, eine lang gediente Schulleiterin zu verabschieden“ bezieht sie sich auf die 16 Jahre, die die gebürtige Pfälzerin der Schule im Weschnitztal vorstand.
Johannsen spricht von Projekten wie der Bibliotheksrenovierung, von Zertifikaten und Kunst-Aktionen, vom Beschluss, das neunjährige Gymnasium wieder einzuführen, und vielem anderen, was die Einrichtung zu einer weltoffenen, toleranten Schule mache: „Die MLS hat eine Vorreiterrolle.“
Landrat Christian Engelhardt spricht von einem „langen Leben im Zeichen der Bildung“ und von den „immensen Anforderungen“, die das Amt des Schulleiters heutzutage mit sich bringe. „Sie haben sie vollumfänglich erfüllt“, wendet er sich an Wilhelm. Sie habe sogar Aufgaben bewältigt, an die zu ihrem Amtsantritt 2008 noch niemand gedacht habe, fährt er fort und erinnert an das albtraumhafte Szenario, das sich Anfang 2020 bot. Damals, zu Pandemie-Beginn, wurde eine Schülergruppe von einer Südtirol-Fahrt zurückgeholt und unverzüglich in Quarantäne gebracht.
Im Namen des Personalrats dankt Tilo Walz der Schulleiterin. Aus Sicht von Schulsprecherin Tomma Lammers und ihrer Mutter Heidrun, die dem MLS-Freundeskreis vorsteht, ist die Zeit mit Wilhelm vor allem eine Stärkung der Schülervertretung, die aktuell 40 Personen umfasst und Projekte wie „Schule gegen Rassismus“, Anti-Mobbing-Aktionen und vieles mehr stemmt.
Der Freundeskreis wiederum hat, so rechnet Heidrun Lammers auf, in den vergangenen Jahren etwa eine Million Euro investiert, sponsert die Weihnachtskonzerte, den Schulgarten oder das Technikteam.
Aus der Person um Wilhelms Nachfolger wird erfahrungsgemäß ein Geheimnis gemacht, doch sollen vier Bewerber ihren Hut in den Ring geworfen haben. stk
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