Heppenheim. In Heppenheim wird viel getan, damit sich die Flüchtlinge aus der Ukraine wohlfühlen. Helfer des Vereins Flüchtlingshilfe, die Stadtverwaltung und die Behörden des Kreises Bergstraße arbeiten wie in einem Netzwerk zusammen. Das wurde beim Willkommenstreffen im Saalbau-Kino deutlich. Ein Drittel der 194 Menschen, die in Heppenheim Zuflucht gefunden haben, waren gekommen, dazu die Helfer und Gastgeber, die Wohnraum zur Verfügung gestellt haben.
Angelika Matecki hat in ihrem Gästezimmer eine Mutter mit Tochter aufgenommen, die aus der hart umkämpften Stadt Mariupol stammen. Mittlerweile sind weitere Mitglieder dieser Familie in Heppenheim angekommen, darunter der Stiefvater der Frau, der bei einem Bombenangriff ein Bein verloren hat. Er saß mit den übrigen Familienmitgliedern im Rollstuhl im Hof vor dem Kino.
Die Besonderheit dieser Fluchtgeschichte ist, dass die Verwandtschaft auf unterschiedlichen Wegen zunächst nach Russland gebracht wurde, um im Verlauf von drei Wochen über Polen, Berlin und Frankfurt nach Heppenheim zu kommen. Strapazen und Ängste standen diesen Menschen noch ins Gesicht geschrieben.
Bevor Ukrainer und Gastgeber an Infotischen Auskunft erhielten, gaben Burghard Klatt von der Flüchtlingshilfe und Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) einen Überblick. Ihre Informationen wurden von der Ukrainerin Natalie Ganske ins Russische übersetzt, die Sprache, die in der Ukraine überall verstanden wird. Natalie Ganske lebt seit Jahren in Deutschland.
Klatt sagte, dass der erste Behördengang nach der Ankunft ins Einwohnermeldeamt im Stadthaus in der Fußgängerzone führen muss. Mit einer Kopie der Meldebescheinigung und dem Pass geht es ins Ausländeramt des Kreises. Nach der Registrierung werden von dort Antragsformulare zugeschickt, mit denen Geldleistungen beantragt werden können. Sowohl Klatt als auch der designierte Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf (Grüne) wiesen darauf hin, dass vom 1. Juni an der Weg vom Ausländeramt nicht mehr ins Sozialamt, sondern direkt zum Jobcenter an der Walther-Rathenau-Straße führt.
Eine reguläre Arbeit aufnehmen
Der Wechsel der Zuständigkeiten geht auf einen Beschluss der Bundesregierung zurück. Der Antrag auf Leistungen beim Jobcenter ist laut Flüchtlingshilfe umfangreicher als der beim Sozialamt. Die Flüchtlinge können danach eine reguläre Arbeit aufnehmen. Alle Flüchtlinge, die bereits Leistungen vom Kreissozialamt erhalten, müssen also einen neuen Antrag beim Jobcenter stellen, was zu einer Verzögerung der Leistungsgewährung führt.
Weil im Kreis neben den Flüchtlingen aus aller Welt insgesamt 2000 registrierte Flüchtlinge aus der Ukraine leben und bisher erst 400 der sogenannten Friktionsbescheinigungen ausgestellt wurden, bat Klatt um Geduld. „Das braucht seine Zeit“, sagte er. Voraussetzung für eine Friktionsbescheinigung ist die erkennungsdienstliche Behandlung samt Fingerabdruck.
Um Geduld bat auch Bürgermeister Burelbach. Er dankte der Flüchtlingshilfe und informierte die Zuhörer, dass die ehrenamtlichen Helfer für ihren Einsatz keinen Cent erhalten. Burelbach wies auf die Heppenheim-Karte hin, die Vergünstigungen beim Eintritt ins Schwimmbad, in die Bücherei, zu kulturellen Veranstaltungen und für die Kurse der Musikschule bietet. Die Bücherei hält Medien in ukrainischer und russischer Sprache bereit.
An den Infotischen standen Silke Schmitt-Weber und Matthias Schimpf als Ansprechpartnerin für das Jobcenter, Daniel Maas, Leiter des Kreissozialamtes, gab Auskunft, genau wie Ernestine Schneider, Janina Adler und Uta Forstat. Schimpf und Klatt wiesen darauf hin, dass Mietverträge erst dann von den ukrainischen Mietern unterzeichnet werden dürfen, wenn sie zuvor dem Sozialamt vorgelegt wurden. Nur dann gibt es Mietzuschuss. Auf der Internetseite der Flüchtlingshilfe (www.fh-hp.de) steht eine Tabelle, die über die „Angemessenheitsgrenzen“ von Mietbeihilfen informiert.
Auch über Schulpflicht und Kinderbetreuung wurde gesprochen. Burelbach sagte zu, einen Raum zur Verfügung zu stellen, falls Mütter mit Kindern dies wünschen. Sprachunterricht für Erwachsene war ein Themenblock, ferner die Frage, welcher Personenkreis gegen Corona oder Masern geimpft sein muss.
Bei den Begegnungen unter den Kastanienbäumen gab es kaum Verständigungsprobleme. Ukrainer, die die deutsche Sprache nicht oder unzureichend beherrschen, behalfen sich entweder mit Englisch oder sie nutzten die Übersetzungs-Apps auf den Smartphones. ai/ü
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