Heppenheim. Wer unterwegs Durst bekommt, der kann sich im Heppenheimer Weltladen sein Trinkbehältnis auffüllen lassen. Kostenfrei und ganz ohne kritische Blicke. Denn das Geschäft nimmt seit Jahren an der bundesweiten Aktion „Refill“ teil. Insgesamt sind dabei in ganz Deutschland mehr als 6000 Stationen und Trinkbrunnen vernetzt. Sie alle helfen, Plastik zu vermeiden, Trinkwasser zu verteilen und eben Wasserflaschen wiederzuverwenden und aufzufüllen.
In der Kreisstadt ist der Weltladen damit Vorreiter. Nur hier klebt das Schild am Ladenfenster, das die Hemmschwelle zum Nachfragen senkt. „Trinkbares Leitungswasser sollte jedem zugänglich sein. Deshalb war für uns und unseren Vorstand klar, bei dem Projekt mitzumachen“, erklärt Monika Gerz. Die Laden-Mitarbeiterin und Referentin für entwicklungspolitische Bildung sieht in der Aktion gleich mehrere wichtige Ansätze des Weltladen-Konzepts vertreten.
Alle sollen mitmachen können
„Plastik zu vermeiden ist enorm wichtig. Vor der Pandemie waren wir da auf einem sehr guten Weg“, so Gerz. Weil man zu Beginn der Pandemie nicht wusste, wie das Virus übertragen wird, wurde sicherheitshalber alles gesondert und doppelt verpackt. Inzwischen wisse man, „dass die Ansteckung über die Luft und Aerosole“ erfolgt. Monika Gerz will daher auch im Privaten wieder Behältnisse mit in Geschäfte bringen. „An der Käsetheke habe ich mich erkundigt, ob das wieder möglich ist.“
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Warum also nicht auch Wasserflaschen wiederauffüllen? Trinkwasser den Menschen zugänglich zu machen, das ist ein Hauptanliegen in den Entwicklungsländern. Das macht Refill zu einer sozialen Bewegung. Menschen mit wenig Einkommen, Familien – alle sollen einfach mitmachen können. Wasser auffüllen, das funktioniere beispielsweise auch im Marmeladenglas. „Wer durstig ist, kriegt Wasser. So einfach ist das“, sagt Gerz.
Angebot wird eher selten genutzt
Im Weltladen wird das Angebot bislang noch recht selten genutzt. Lothar Bräunig, Vorsitzender des Trägervereins „Faire Welt“, räumt ein, dass es schwierig sei, eine Bilanz zu ziehen und Überblick zu haben: „Wir können nicht sagen, wie viele Menschen das Refill-Programm nutzen“, bedauert er. Aber es sei ein Statement: Im Weltladen kann man ankommen. In anderen Geschäften der Kreisstadt ist man beim Thema Abfallvermeidung noch nicht so weit. In Cafés und Geschäften werden nicht ohne Weiteres Trinkbehälter aufgefüllt. Anders ist es, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen Probleme hat. „Ich lasse niemanden umkippen“, versichert Christiane Alpers. In ihrem „Café Liebe“ kämen häufig Menschen an, die um einen Schluck Leitungswasser bitten. Gerade an den heißen Sommertagen, hatten einige Menschen mit den hohen Temperaturen zu kämpfen. „Es versteht sich von selbst, dass sie dann einen Schluck bekommen“, so Alpers.
Und auch Birgit Koch vom Kleidergeschäft „Esprit“ sieht das so. „Selbstverständlich würde ich Wasser ausgeben, wenn das jemand braucht. Das versteht sich von selbst in einem gesellschaftlichen Miteinander“, findet die Verkäuferin.
Eine Einstellung, die Monika Gerz gut findet und so auch vermutet hätte. Warum also die Refill-Aktion? „Durch den Sticker an der Tür wird das eben alles noch mal etwas klarer“, sagt sie. Hinter der Aktion steht aber noch ein weiterer Gedanke neben dem Umweltschutz: Refill-Stationen verpflichten sich den Angaben zufolge, alle Menschen unabhängig von Geschlecht, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung gleich zu behandeln.
„Die Refill-Läden haben alle das gleiche Motto“, erläutert die Heppenheimer Initiatorin. Der Appell laute: Trinkflasche mitnehmen, Umwelt schützen, ausreichend Wasser trinken, gesund leben, Geld sparen. Nicht zuletzt sollen Menschen inspiriert werden, ihren Beitrag zu einer Welt zu leisten, die nicht von Plastik zugemüllt ist. mp/ü
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