Heppenheim. „Wir werden dafür Sorge tragen, dass bei allen Abstimmungen in den städtischen Gremien eine eigene Mehrheit für die Positionen der Koalition sichergestellt ist.“ Bisher gab es kaum Anzeichen dafür, dass diese Vereinbarung von CDU und SPD einmal auf der Kippe stehen könnte. Dass die Koalition dann aber ausgerechnet bei einem vergleichsweise harmlosen und sogar zeitaktuellen Thema wie der kommunalen Förderung von sogenannten Balkonkraftwerken gehörig ins Straucheln kommen würde, dürften selbst die größten Kritiker von Union und Sozialdemokratie nicht erwartet haben. Und doch war genau dies bei der jüngsten Sitzung des Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschusses der Fall – weil der CDU-Stadtverordnete Jürgen Semmler den gemeinsamen Antrag buchstäblich zerriss.
Grundsätzlich gehe es CDU und SPD darum, den Ausbau der erneuerbaren Energien auch im privaten Sektor, allen voran bei Mietern zu fördern, hatte Sabine Velthaus (SPD) zuvor im Namen beider Fraktionen mitgeteilt. Bis zu 100 Stecker-Solarmodule mit einer Leistung von bis zu 600 Watt sollten deshalb in den nächsten zwei Jahren mit maximal 100 Euro gefördert werden. In der Summe wären dies maximal 20 000 Euro in den nächsten beiden Jahren.
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Von einer gewünschten Zielgruppe ist im Antrag allerdings keine Rede, ebenso wenig davon, wie viele Förderanträge überhaupt pro Haushalt gestellt werden könnten. Darüber hinaus gaben die Fraktionschefs Franz Beiwinkel (Grüne), Yannick Mildner (Tierschutzpartei) und Christopher Hörst (FDP) zu bedenken: Auf Kreisebene ist bereits eine vergleichbare Förderung angedacht. „Besteht hier dann nicht die Gefahr einer Doppelförderung?“, stellte Beiwinkel in den Raum. Und er fügte hinzu: „Wann sollte unser Förderprogramm denn überhaupt in Kraft treten? Das Programm des Kreises endet am 31. Dezember.“
Die Kritik von Grünen und Tierschutzpartei basierte freilich vorrangig auf den „schwammigen Formulierungen“. Grundsätzlich stünden beide Fraktionen hinter der Sache, betonten Mildner und Beiwinkel. „Stellen Sie den Antrag doch bitte noch einmal zurück“, appellierte Beiwinkel deshalb in Richtung Koalition.
Ulrike Janßen (LiZ/Linke) präsentierte ihrerseits sogleich zwei Änderungsanträge, in denen unter anderem die Zielgruppe (Mieter) klar definiert wird, sowie einen konkurrierenden Hauptantrag. In Letzterem heißt es: „Der Magistrat wird beauftragt, eine neue PV-Anlage mit einer Investitionssumme von 20 000 Euro auf einem städtischen Gebäude zu installieren.“ Damit wäre allen Bürgern geholfen, so Janßen.
„Auch ich hätte mir mehr Kreativität, Innovation und Mut gewünscht“, schloss sich Semmler schließlich der Kritik der Opposition an. Den GroKo-Antrag bezeichnete er als „unausgewogen“, weiter sagte er: „Ich habe mich gewundert, dass gerade die SPD den sozialen Aspekt kaum berücksichtigt hat.“ Ihm schwebe stattdessen eine deutlich größere Investitionssumme vor, überhaupt sollte größer gedacht werden, so Semmler. So plädierte er beispielsweise dafür, die städtischen Satzungen ins Blickfeld zu nehmen. Hintergrund: Fotovoltaik in der Altstadt ist beispielsweise nach wie vor ausgeschlossen.
Angesichts dieser Worte war allen Anwesenden klar: Semmler würde dem Antrag nie zustimmen, die eigene Mehrheit von sechs Koalitionären bei insgesamt elf Ausschussmitgliedern war in Gefahr. Wohl auch, um sich die drohende Niederlage zu ersparen, beantragte die Koalition zunächst eine knapp 15-minütige Unterbrechung, ehe der Antrag zurückgestellt wurde – verbunden mit dem Hinweis, ihn bis zur Stadtverordnetenversammlung am 6. Oktober überarbeiten zu wollen. Die Opposition signalisierte hierfür Gesprächsbereitschaft, für politische Machtspiele sei das Thema schlicht zu wichtig.
Die Koalitionäre wollten indes die nur knapp verhinderte Blamage nicht „höher hängen, als es ist“. Gleichwohl hat unter anderem Christopher Hörst Semmlers Anmerkungen auch als deutliche Kritik an der eigenen Fraktionsspitze interpretiert. fran/ü
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