Heppenheim. Es war ein Abend mit kontroversen Diskussionen, an dem viele Ängste und Befürchtungen aber auch Visionen zur Sprache kamen: Die Visopart GmbH, neuer Mieter im Haus am Maiberg, hatte die Anwohner des Maibergs eingeladen, um das Konzept der Einrichtung vorzustellen und den Fragen der Nachbarn Rede und Antwort zu stehen.
Visopart wird in dem Gebäude bis zu 23 unbegleitete Flüchtlinge im Alter zwischen sechs und 18 Jahren – unter gewissen Voraussetzungen auch bis 21 Jahre – unterbringen. Bereits im Vorfeld äußerten sich einige Anwohner besorgt um ihre Sicherheit und suchten Kontakt zu den zuständigen Behörden.
Wer zieht ein?
Die Presse war zu dieser Veranstaltung nicht eingeladen. Diese Zeitung hat jedoch im Nachgang sowohl mit den Betreibern als auch mit einigen anwesenden Nachbarn gesprochen.
Die ersten bis zu 15 unbegleiteten Flüchtlinge werden an diesem Wochenende einziehen, hieß es. Bürgermeister Rainer Burelbach, so Informationen durch Anwesende, habe der Versammlung von einem Telefonat mit dem Jugendamt am vergangenen Dienstag berichtet, in dem man ihm mitgeteilt habe, dass wahrscheinlich afghanische Kinder und Jugendliche einziehen würden.
Visiopart-Geschäftsführer Andreas Kaldschmidt und Tobias Kleiner, der pädagogische Leiter der Einrichtung, sagten im Anschluss an die Veranstaltung im Gespräch mit dieser Zeitung allerdings, dass sie noch nicht wüssten, welche Nationalität diese ersten Bewohner hätten.
Der Abend begann mit einer Vorstellung der Visiopart GmbH, deren Leitung, der Gesellschafter und des Konzepts der Einrichtung. Die unbegleiteten Flüchtlinge wohnen den Angaben zufolge in Einzelzimmern in den oberen beiden Stockwerken des Anbaus. Ziel der Unterbringung sei, die Flüchtlinge in feste Strukturen zu bringen, sie zu integrieren und darauf vorzubereiten, ein selbstständiges Leben zu führen. Es werde „ein Fordern und Fördern“, so Kaldschmidt und Kleiner.
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Klar wurde, dass das Vorhaben von Visopart ein Pilotprojekt in der Region ist: Eine vergleichbare Einrichtung samt entsprechenden Erfahrungen gibt es hier bislang nicht. Das pädagogische Konzept werde auf die Bedürfnisse der Bewohner ausgerichtet. Da man stets erst sehr kurzfristig erfahre, wer vom Jugendamt zugewiesen würde, könne dies nur spontan erfolgen. Die Fragen der Maiberg-Nachbarn drehten sich darum, ob eventuelle Traumata der Flüchtlinge aufgearbeitet werden würden, wie der Personalschlüssel des Betreuungspersonals aussieht, wie geordnete Abläufe und die Sicherheit der Anwohner gewährleistet werden könnten.
Auch Fragen nach der Überwindung von Sprachbarrieren wurden laut. Gefragt wurde auch, ob die Bewohner nachts eingeschlossen würden, was nicht der Fall sein wird. Allerdings müssten um 22 Uhr alle in ihren Zimmern sein. Besonders große Sorgen machte den Anwohnern, dass in der Nacht zwischen 22 und 6 Uhr, nur eine Betreuungsperson vor Ort sein wird – bei einer Belegung von bis zu 15 Flüchtlingen.
Blauäugig und zu optimistisch
Zwischen 22 und 7 Uhr sei zudem Security vor Ort. Auch tagsüber sehen einige den vorgegebenen Betreuungsschlüssel von 1 zu 1,8 als weder gewährt und noch als ausreichend an. Man halte sich hier an die gesetzlichen Vorgaben, die vom Jugendamt überwacht würden, so die Verantwortlichen. Einer der Anwesenden warf den Betreibern vor, den Zuhörern eine „Märchenstunde“ mit „Landschulheimromantik“ vorzugaukeln, die Realität werde aber eine andere sein. Einige befürchten, dass die Verantwortlichen zu blauäugig und zu optimistisch an die Aufgabe herangehen. Nicht alle waren mit den Antworten zufrieden.
Kaldschmidt und Kleiner räumten ein, dass sie natürlich keine Garantien geben können. Es liege in der Verantwortung des Jugendamtes, Bewohner in eine andere Einrichtung zu verlegen, wenn es am Maiberg nicht funktioniert. Für jegliche Fälle, so versuchte Kleiner zu beruhigen, gebe es Kriseninterventionskonzepte.
„Die Ängste können wir aber keinem nehmen, wir können nur versuchen, dass es möglichst selten zu solchen Situationen kommt. Beweisen können wir es erst, wenn es losgeht.“ Bürgermeister Rainer Burelbach kennt viele derjenigen, die jetzt in der Verantwortung stehen, persönlich: so war etwa einer der Gesellschafter einst sein Vorgesetzter. Daher habe er den Eindruck, dass etwas Gutes entstehen könne.
Kaldschmidt bezeichnete die Veranstaltung als „konstruktiven Austausch“ mit „natürlich persönlichen Emotionen“. Es habe weniger Kritik an der Maßnahme gegeben, es seien eher Ängste formuliert worden, die nicht zuletzt aufgrund der Silvester-Vorfälle in Berlin auch verständlich seien.
„Wir konnten nicht alle Skepsis und alle Bedenken ausräumen“, so Kaldschmidt. Man wisse sehr wohl, dass man von vielen Nachbarn nun erst einmal „kritisch begleitet“ werde – „und das ist auch für uns gut.“ Man erhoffe sich, über persönliche Kontakte viele Ängste abbauen zu können. „Wir wollen uns nicht abschotten.“ rid/ü
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