Zum Jahreswechsel

Haus am Maiberg wird zum „Leuchtturm“

Nach der Schließung übernimmt ein Bensheimer Unternehmen die alte Villa / Seminarräume und Platz für junge Geflüchtete

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rid/ü
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Zum Jahresende verlässt das Bistum das Haus am Maiberg, ein neuer Träger zieht ein. © Jährling

Heppenheim. „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“ Titus Möllenbeck zitiert Hermann Hesse, wenn er seine Gefühle eine gute Woche vor der endgültigen Schließung des Haus am Maiberg umschreibt. „Wir bedauern alle, dass das Haus am Maiberg geschlossen wird“, spricht der kommissarische Direktor der Akademie für politische und soziale Bildung in Trägerschaft der Diözese Mainz für seine Kollegen und alle Angestellten. Aber er blickt auch durchaus optimistisch nach vorne – sowohl was die Zukunft der Erwachsenenbildung im Bistum anbelangt, als auch, was das Gebäudeensemble auf dem Maiberg betrifft.

Dort sollen unter anderem Flüchtlingskinder im Alter zwischen sechs und 18 Jahren aufgenommen werden. Am 1. Januar übernimmt das Bensheimer Unternehmen „Softdoor“ die alte Villa auf dem Maiberg und macht diese zu ihrem Firmensitz. In den Anbau zieht die VisioPart GmbH, die aus Softdoor heraus gegründet wurde, und will dort unter anderem 23 alleinreisende Flüchtlingskinder unterbringen (wir haben berichtet).

Auf dem Maiberg regt sich dagegen Widerstand, manche der Anwohner haben Angst um ihre Sicherheit. Titus Möllenbeck sieht dafür keinen Anlass, zumal die Kinder und Jugendlichen pädagogisch betreut würden. Man könne das keinesfalls mit dem „Lighthouse“-Skandal in Bensheim vergleichen. Dort hatten Heranwachsende das ehemalige Hotel, in dem sie wohnten, ziemlich demoliert. Was VisioPart am Maiberg vorhat, könne hingegen ein „Leuchtturm-Projekt“ werden.

Am 10. Januar, so Möllenbeck, will VisioPart die Anwohner zu einer Informationsveranstaltung einladen, das Konzept vermitteln und Ängste nehmen. Auch er wird mit von der Partie sein „als langjähriger Teil der Maiberg-Familie“. „Jedes wirkliche Leben ist Begegnung“, habe Martin Buber einmal gesagt, so Möllenbeck. Das Projekt könne gelingen, wenn man sich kennenlernt und begegnet. Seine Vision ist es, dass jede der Maiberg-Familien eine Art Patenschaft zu einem der Flüchtlingskinder übernimmt. Er selbst wolle das so handhaben. Offen sein und nicht nach dem St.-Florians-Prinzip handeln, das wünscht er sich.

Neue Stellen für die Mitarbeiter

Derzeit wird am Maiberg ausgeräumt, was das Zeug hält: Vor dem Haus steht ein Container mit Aktenvernichter, ein weiterer für Sperrmüll. „Da sind schon Sachen drin, bei denen einem das Herz blutet“, räumt Titus Möllenbeck wehmütig ein, aber, so ergänzt er, „ein Abschied ist immer mit solchen Schmerzen verbunden.“ 25 Jahre lang habe er all sein Herzblut in seine Arbeit gesteckt. Dass das nicht ohne Abschiedsschmerz vonstatten geht, ist einleuchtend. Dennoch: „Ich habe mich inzwischen damit arrangiert und habe eine Perspektive, auch wenn alles ein wenig gedauert hat.“

Rund die Hälfte aller Bücher aus der Bibliothek übernimmt die Muslimische Akademie „Teilseiend“ aus Heidelberg. Und zu gegebener Zeit dürfen die Heppenheimer in den Restbeständen nach Brauchbarem schauen. Dieser Termin wird noch bekannt gegeben. Viel Mobiliar wurde vom „Erbacher Hof“ in Mainz übernommen. „Im Großen und Ganzen ist das Haus am Maiberg jetzt leer.“

Das ein oder andere, so war aus dem Haus am Maiberg in den vergangenen Wochen immer wieder zu hören, hätte von Bistumsseite aus besser laufen können und müssen. Vor allem aber die Kommunikation. Im Herbst 2020 hatte das Bistum mitgeteilt, die Akademie für politische und soziale Bildung aus Kostengründen schließen zu müssen. Erst Mitte November 2022 starteten die Mitarbeitergespräche. Unterm Strich sei das aber vielleicht eine glückliche Fügung gewesen. Denn erst vor gut zwei Monaten gab es den Kontakt mit Softdoor und VisioPart – einige Mitarbeiter werden dort nun eingestellt.

Was ist mit den anderen Mitarbeitern des Hauses am Maiberg geschehen? „Fast alle sind irgendwo untergekommen“, so Möllenbeck. Das sei im Bereich der Bildungsreferenten kein großes Problem gewesen, sie alle hätten ohne Probleme bereits im Laufe der vergangenen Monate neue Jobs antreten können.

Direktor Benedikt Widmaier ist in den vorzeitigen Ruhestand getreten, Hanne Kleinemas, die Referentin für Jugendbildung, wurde ins katholische Jugendbüro integriert und ist künftig Referentin für politische Bildung mit dem Schwerpunkt kommunale Bildung. Auch im Bereich Hauswirtschaft ist Entspannung angesagt: Einige der Mitarbeiter haben im Gernsheimer Jugendhaus „Maria Einsiedel“ neue Jobs bekommen.

Ins bisherige Jugendhaus soll künftig übrigens auch die Erwachsenenbildung Einzug halten, es sollen auch für Erwachsene geeignete Zimmer entstehen. Für Titus Möllenbeck eine interessante Umgestaltung, denn ihm stelle sich dieser Tage die Frage, wo Tagungen und Seminare in Heppenheim künftig stattfinden sollen. Immerhin: Tagesworkshops könnten auch weiter am Maiberg stattfinden: Die neuen Mieter wollen die dortigen Seminarräume für solche Anlässe vermieten.

Möllenbeck selbst siedelt gemeinsam mit seiner Sekretärin 2023 in zwei neue Büros im Marienhaus und wird Referent für politische Erwachsenenbildung der Akademie „Erbacher Hof“. Das Haus am Maiberg geht also nicht so ganz und das Bistum Mainz hat noch immer einen – wichtigen – Fuß in der Tür in Hessen. Das Haus am Maiberg wird also – quasi als Markenname – eine Abteilung des „Erbacher Hofs“ sein. Darüber hinaus sei in Planung, auch in Darmstadt eine Außenstelle für Katholische Erwachsenenbildung einzurichten. rid/ü

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