Heppenheim. Seit Monaten wird im Kurmainzer Amtshof bereits gewerkelt, am Ausbau zu einem Kulturzentrum gefeilt. Und dennoch schauen Touristen wie auch „Hepprumer“ immer wieder verblüfft drein, wenn im Innenhof schweres Baugerät aufkreuzt – und dann auch noch kräftig Krach gemacht wird.
Seit Dienstag ist dies nun wieder verstärkt der Fall: Gleich mehrere Arbeiter sind mit großem Bohrgerät auf dem Platz zugange, auf dem sich während des Weinmarkts oder bei den Festspielen Tausende von Menschen tummeln. „Hier wird gebohrt, um möglichst erschütterungsfrei einen Verbau zu erhalten“, erklärt die Erste Stadträtin und Baudezernentin Christine Bender (SPD) auf Nachfrage der Redaktion. Der Auftrag für den Verbau sei erst kürzlich vergeben worden, sie freue sich über den zeitnahen Beginn der Arbeiten, fügt sie hinzu.
Sicherung der Baugrube
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Weiter erläutert die diplomierte Bauingenieurin, was es mit den Arbeiten genau auf sich hat: „Ein Verbau dient ganz allgemein der Sicherung einer Baugrube.“ Im Detail heißt das: Ein Verbau sichert einen Hohlraum, wie er sich unter dem Amtshof befindet, vor Einsturz, nachrutschendem Erdreich, eindringendem Wasser oder Erosion. Auf diese Weise werden unter anderem Verkehrswege, Leitungsführungen, Arbeitsraum, Geräte, aber auch Menschen vor Gefahren und Beeinträchtigungen geschützt. Ausführung und Standsicherheit von Verbauen sind in der Regel durch DIN-Normen geregelt.
Im Falle des Kurmainzer Amtshofs hat man sich laut Christine Bender derweil für eine besondere Form der Bodensicherung entschieden: einen sogenannten „verlorenen Verbau“, andernorts auch als „Hamburger Verbau“ bekannt. „Wir lassen bis zu acht Meter tief in die Erde hineinbohren, dann wird das Loch mit einem Stahlträger gestopft und anschließend mit Beton vergossen. So bleibt der Verbau im Erdreich, ist nicht zu sehen – und quasi verloren“, sagt die Erste Stadträtin. Übrigens: Der Verbau soll auch dazu dienen, die historischen Gemäuer, die in den vergangenen Monaten freigelegt wurden, zu erhalten und zu sichern.
Fast ein halbes Jahr ging bislang beim Umbau verloren, weil bei den anfänglichen Erkundungsarbeiten so einiges zutage kam, mit dem man nicht gerechnet hatte. Pflaster aus dem 15. Jahrhundert beispielsweise, Reste von historischen Fundamenten. Die Ausgrabungen sind bis auf wenige Funde im Boden verblieben, wurden von den Archäologen mit einem Vlies abgedeckt und vorsichtig verfüllt, um sie für nachfolgende Generationen möglichst unbeschädigt unter dem neuen Aufbau zu erhalten.
„Der Amtshof ist für alle Beteiligten eine überaus spannende Baustelle, die schon die eine oder andere Überraschung hervorgebracht hat“, sagt Bender. Mit Blick auf die Verbau-Arbeiten fügt sie mit einer gesunden Prise Ironie hinzu: „Vorgesehen sind hierfür rund 14 Tage – wenn nicht wieder was dazwischenkommt.“
Es rüttelt und schüttelt
In diesen zwei Wochen könnte es für die Anwohner auch durchaus mal etwas lauter werden, weiß die Dezernentin. „Ich habe selbst vorbeigeschaut: Das Bohren selbst ist gar nicht so laut, aber wenn das Gerät danach schüttelt und rüttelt, hört man es eben schon.“ Die Anwohner bittet die Erste Stadträtin entsprechend um Verständnis.
Wann der Amtshof wirklich fertig saniert sein wird, ist aktuell noch nicht genau zu sagen. Nicht nutzbar bis ins nächste Jahr hinein werden aber definitiv der Kurfürstensaal und die anderen Räume in diesem Gebäudeteil sein. Ein Grund: Teile der Treppe wurden bereits abgerissen. Bei einem Vor-Ort-Termin im Juni war der Zeitplan grob umrissen worden: Im Frühjahr sollen demnach die Arbeiten im Hof und am Fahrstuhl fertig sein, dann geht es an die Keller. Insbesondere der Gewölbekeller soll zu einem attraktiven Veranstaltungsort umgestaltet werden.
Schutz und Flexibilität
Der Innenhof soll künftig so beschaffen sein, dass sowohl die Festspiele als auch andere, nicht zuletzt lokale Veranstalter optimale Bedingungen vorfinden. So wird es beispielsweise eine fest installierte Bühne sowie eine technische Basisausstattung geben. Als Grund hierfür nannte Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) bei einer Ausschusssitzung im Mai die Absicht, „das historische Gebäude bestmöglich zu schützen“, aber auch die hiermit verbundene größere Flexibilität in der Nutzung.
Als Premiere für den rundum sanierten Amtshof wird weiter der Weinmarkt im Juni/Juli 2022 angepeilt – angesichts der bisherigen Verzögerungen ein ambitioniertes Programm.
Doch auch die Anwohner dürften auf eine planmäßige Fertigstellung hoffen. Denn dann haben die vielen Bohrungen und der Baustellenlärm endlich ein Ende. fran/ü
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