Heppenheim. Die Radfahrer müssen in den nächsten Wochen einen zwei Kilometer langen Umweg zwischen Heppenheim und Laudenbach hinnehmen, weil die Verbindung entlang der Bundesstraße 3 wegen der Bauarbeiten der Odenwaldquelle für etwa acht Wochen gesperrt wird. Doch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hat mit seinem Protest erreicht, dass zumindest die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Bergstraße die Argumente ernst nimmt. 20 Radfahrer haben mit Transparenten und Trillerpfeifen vor der Behörde in Heppenheim demonstriert. Der Kreisbeigeordnete Matthias Schimpf (Grüne), Abteilungsleiter Dieter Brandt und Petra Bühl, die für Baustellen zuständig ist, stellten sich dem Gespräch. Am Ende versprachen sich beide Seiten, im Dialog zu bleiben. So könnte in Zukunft verhindert werden, dass Umleitungen ausgeschildert werden, ohne zuvor mit dem ADFC zu reden.
Bevor entschieden wurde, die Verbindung nur für Autofahrer offen zu halten, haben sich Polizei, Landesbehörde Hessen Mobil, ÖPNV-Fachleute, Stadt Heppenheim und Gemeinde Laudenbach zu einer Ortsbegehung getroffen. Die Radfahrer wurden nicht um Rat gefragt. Das soll sich ändern, versprach Schimpf. Nach dem Gespräch auf dem Gehweg an der Benzstraße, das oft vom Lärm der Autos und Lastwagen unterbrochen wurde, gab es sogar Applaus. Es gab Dank für die Bereitschaft, die Argumente der jeweils anderen Seite zu verstehen.
ADFC-Sprecherin Anette Seip hatte den Demonstranten berichtet, was sie unternommen hat, um mit den Behörden telefonisch und schriftlich ins Gespräch zu kommen. Sie hatte aus der Zeitung von der geplanten Sperrung erfahren. „Wir sind keine Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse“, so hatte sie argumentiert, und so stand es auf einem der Plakate. Wenn alles dafür getan wird, Autofahrern freie Fahrt einzuräumen, müssten Fahrradfahrer genauso behandelt werden. „Wir fahren CO2-neutral. Wir werden gebraucht, um die Klimaziele zu erreichen“, so argumentierte Anette Seip.
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Wim Roukens, seit acht Jahren ehrenamtlicher Fahrradbeauftragter des Kreises, beschrieb aus seiner Sicht das grundsätzliche Problem: Mangel an Fachkompetenz in den öffentlichen Verwaltungen, was das Thema Radfahren betrifft. Anliegen dieser Verkehrsteilnehmer würden „im Schneckentempo“ bearbeitet. Auch bei der Umsetzung des Radwegekonzepts, das der Kreistag beschlossen hat, mangele es an der Mitwirkung der Kommunen. Als Beispiele, wie es besser geht, nannte Roukens Lorsch, Lampertheim und Viernheim. ADFC-Vorstandsmitglied Ralf Dickhaut wies darauf hin, dass dort, wo Radfahrer behindert werden, auch die Fußgänger leiden.
Die Stadtverordnete Andrea Hanssen (Grüne) geht davon aus, dass viele Bürger, die bisher das Rad benutzt haben, auf das Auto umsteigen werden. Das treffe vor allem auf die Bürger aus dem Stadtteil Ober-Laudenbach zu, die Heppenheim nur über Laudenbach erreichen können.
Als das Gespräch zwischen Demonstranten und Behörde begann, stellte Dezernent Schimpf klar: „Radfahrer sind keine Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse!“ Schimpf, Brandt und Brühl sprachen immer wieder den Sicherheitsaspekt an. „Nach einhelliger Auffassung aller an der Maßnahme beteiligten Behörden gibt es keine Alternative zu der Umleitung. Im Vordergrund stehen immer Sicherheitsaspekte. Bei der Entscheidung müssen wir an Verkehrsteilnehmer in jedem Alter denken.“ Auf dem 200 Meter langen Abschnitt sei es unmöglich, Auto- und Radfahrern an der Ampel eine Grünphase zuzuweisen.
Schimpf sagte, er dürfe von Amts wegen kein Risiko eingehen. Eine Ersatzstrecke zu asphaltieren oder die Unterführung unter der Bahnlinie freizugeben, sei keine Lösung. Der Feldweg zur Unterführung sei Teil der Baustelle. Gerade dort werde eine Abbiegespur angelegt, auf der die Lastwagen in Zukunft das Logistikzentrum der Odenwaldquelle erreichen.
Der Heppenheimer Stadtverordnete Franz Beiwinkel (Grüne) nannte Beispiele, wie Radfahrer und Fußgänger im Verkehr hinter den Interessen der Autofahrer zurückstehen müssen. Petra Degenhardt (ADFC) verwies auf unklare Beschilderungen, die Radfahrer verunsichern.
Als einzige Kreistagsfraktion haben sich bisher die Freien Wähler zu Wort gemeldet. Sie sicherten dem ADFC Unterstützung zu.
Petra Bühl erklärte, wie einfach sämtliche Konflikte zu lösen wären, wenn die Straßenverkehrsordnung ernst genommen würde. Paragraf 1: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ ai/ü
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