Kommunalpolitik

In das alte Posthaus in Heppenheim sollen 50 Geflüchtete einziehen

Bürgermeister Rainer Burlebach hat angekündigt, weitere Wohnungen zu mieten oder zu kaufen.

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jr/ü
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Das Parlament billigt die Kosten: Das frühere Postgebäude kann zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut werden. © Jürgen Reinhardt

Heppenheim. Die Stadt ist nach wie vor unter hohem Druck, wenn es um die Unterbringung von geflüchteten Menschen geht. Und wird, wie Bürgermeister Rainer Burelbach (CDU) am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung ankündigte, versuchen, weitere Wohnungen und Häuser für diesen Zweck zu mieten oder zu kaufen. Deshalb war man im Rathaus auch froh, das frühere Postgebäude in der Ernst-Schneider-Straße anmieten zu können, in dem rund 50 Flüchtlinge unterkommen können. Dass jetzt 532.000 Euro ausgegeben werden müssen, um die ehemalige Gewerbeimmobilie für Wohnzwecke tauglich zu machen, schmeckt trotzdem nicht jedem Parlamentarier, wie in der Sitzung im Kurfürstensaal deutlich wurde.

So wollte Christopher Hörst (FDP) die Beschlussvorlage aus dem Magistrat, mit dem eine „außerplanmäßige Auszahlung“ von genau 531 930 Euro genehmigt werden sollte, nicht ohne Diskussion abhaken. „Es geht um Flüchtlinge und damit um ein schwieriges Thema“, so Hörst, aber er habe – als gewählter Vertreter der Bürger – „erst aus der Zeitung erfahren“, dass die Stadt bereits einen Mietvertrag für das historische Gebäude unterzeichnet hatte. Hier sei auch zu lesen gewesen, dass große Umbauten nicht notwendig und Familien untergebracht würden.

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Inzwischen habe sich „das Blatt jedoch gewendet“, was den Personenkreis angehe, vor allem aber den Bedarf an Umbauten. Bei voraussichtlichen Kostensteigerungen im Baubereich von bis zu 15 Prozent gehe er davon aus, dass aus den 532 000 Euro am Ende eher 670 000 Euro werden könnten: „Und hinzukommt noch der Mietzins“. Andere Gemeinden im Kreis würden mit niedrigeren Kosten für die Unterbringung sorgen, die Stadt solle über Kooperationen nachdenken und „schauen, was der Kreis macht.“ Unterstützt wurde die Position Hörsts von Ulrike Janßen (LIZ.LINKE): „Da soll ein Gewerbeobjekt zu einem Wohnhaus umgebaut werden, ohne dass man sich im Vorfeld Gedanken über den Brandschutz macht“, kritisierte sie. Dieser ist laut Burelbach hauptursächlich für den hohen Betrag. Janßen und ihr Fraktionskollege Bruno Schwarz stimmten ebenso wie Hörst gegen die Beschlussvorlage.

Burelbach hatte den Magistratsantrag noch einmal verteidigt und auf die Hintergründe hingewiesen, insbesondere auf den Brandschutz, der unter anderem den Einbau von speziellen Türen und eine zusätzliche Außentreppe erzwingt. Auflagen ausgerechnet des Kreises (Burelbach: „Der uns die Flüchtlinge ja regelmäßig zuweist“), die zu den hohen Kosten beitrügen.

Kosten allerdings, so der Bürgermeister, zum Teil über Zahlungen des Kreises kompensiert werden: Rund 360 000 Euro werden pro Jahr für etwa 60 unterzubringende Flüchtlinge überwiesen – „womit sich das Ganze fast schon rentiert“, so der Bürgermeister ironisch in Richtung Hörst.

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Gerade weil das Thema schwierig sei, sei es wichtig, sachlich zu bleiben und nicht mit Verweis auf andere Kommunen zu argumentieren: „Irgendetwas ist immer besser in den Nachbarstädten“, aber wenn alle dazu beitrügen, könne man die Probleme vor Ort lösen, wie die Beispiele Bruchsee-Hotel und Haus am Maiberg – wo Geflüchtete unterkommen und betreut werden – zeigten. Burelbach: „Ich bin davon überzeugt, dass die Kinder, die hier ankommen, ihren Weg gehen. Und das vielleicht besser, als die Kinder, die in unseren geordneten Verhältnissen aufwachsen.“

Rückendeckung bekam der Bürgermeister von Franz Beiwinkel (Grüne), der sich darüber freute, dass es „geklappt hat mit dem Postgebäude und dass es keinen Aufschrei“ gegeben habe. Er warne davor, Ressentiments zu erzeugen und unnötig Diskussionen anzuzetteln, und habe „Vertrauen in die Verwaltung“; Unterbringungen wie die in der „Zeltstadt“ von Bensheim „können es ja wohl nicht sein.“ Und auch Daniela Engelhardt (CDU) unterstützte den Magistratsantrag, sprach von einem „Glücksfall“ und – mit Blick auf den hohen Betrag – davon, dass „der Zweck die Mittel heiligt“.

Das Abstimmungsergebnis machte dann deutlich, dass die große Mehrheit der gleichen Meinung ist: Von 29 anwesenden Parlamentariern stimmten am Ende 23 für den Antrag, drei enthielten sich, nur Hörst, Janßen und Schwarz blieben beim Nein. Im Postgebäude selbst haben die Umbauarbeiten längst begonnen, und Burelbach geht von einer Fertigstellung Ende Januar/Anfang Februar aus. Bis dahin könnte das Gebäude dann vielleicht auch schon städtisches Eigentum sein: Die Verhandlungen laufen und der Bürgermeister ist inzwischen „zuversichtlich“, dass man zu einer Einigung findet. jr/ü

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