Heppenheim. „Die haben so wunderschöne Augen“, antwortet Silvia Fusch auf die Frage, warum es ihr gerade Kröten so angetan haben, dass sie einen großen Teil ihrer Freizeit damit verbringt, Gelbbauchunken, Kreuz- und Wechselkröten – also von manchem als eher hässlich empfundene Tierchen – vor dem Tod unter Autorädern oder in gänzlich ausgetrockneten Tümpeln zu bewahren.
Zusammen mit einer Handvoll Mitstreiter aus den Reihen des Naturschutzbundes (NABU) und des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) ist sie seit Jahren unterwegs, um (mit) dafür zu sorgen, dass die Amphibien eine Überlebenschance haben.
Immer heißere Sommer
Eine nicht gerade einfache Aufgabe, der sich die 54 Jahre alte, in Fürth lebende, aber beim NABU Heppenheim beheimatete Autodidaktin verschrieben hat. Vor allem in Zeiten des Klimawandels und immer trockenerer, heißer Sommer, unter denen Tiere wie Amphibien, die auf Feuchtigkeit angewiesen sind, ganz besonders leiden.
War es in früherer Zeit ausreichend, Kröten während der Laichzeit von Verkehrsstraßen fernzuhalten, müssen sie heutzutage während eines großen Teils des Jahres beobachtet und betreut werden. Allein in diesem Frühjahr wurden von Silvia Fusch und anderen Aktiven 9448 Tiere über Straßen getragen, 1557 Einsätze und 2698 Arbeitsstunden wurden hierbei gezählt.
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Viel Arbeit, die sich aber offensichtlich auszahlt: Durchschnittlich 10 000 Amphibien, rechnet NABU-Vorsitzender Günther Hagemeister vor, können von den Krötenretterinnen (Frauen bilden die Mehrzahl der Aktiven) durch den Einsatz allein auf den Straßen pro Jahr im Kreis Bergstraße für die Fortpflanzung erhalten werden. Aber sie werden auch nach der Laichzeit geschützt, unter anderem durch den Erhalt oder die Neuschaffung von Feuchtbereichen. Die bedeutendste Ursache für den Rückgang der Amphibienpopulationen nämlich liegt an den fehlenden Niederschlägen während der Frühjahrs- und Sommermonate. Hierdurch trocknen immer mehr Flachwasserteiche, Tümpel, kleine Bäche und Senken aus, was zumeist den Tod der Kaulquappen verursacht.
In der Vergangenheit hat der Nabu vorhandene Gewässer ausbaggern und künstliche Laichhabitate anlegen lassen. Das hat sich aber als nicht ausreichend und ausgesprochen teuer erwiesen. Während der Laichmonate mussten die Helfer fast täglich tausende Liter Wasser hauptsächlich für kleinere Tümpel in den Sandgebieten um Viernheim und Lampertheim bringen, unterstützt von der Feuerwehr Viernheim, die eine größere Senke im Naturschutzgebiet Glockenbuckel mit Nass versorgt. Ein Weg, mit der Trockenheit besser klarzukommen und gleichzeitig Geld und Arbeit zu sparen, eröffnete sich für die Krötenretter 2019.
Schnell von Tieren angenommen
Zusammen mit Uwe Somplatzki vom BUND Hemsbach/Laudenbach und Andrea Herschel vom NABU Heppenheim wurde ein Projekt gestartet, das in der Schweiz bereits erfolgreich lief: Selbst konzipierte Edelstahlwannen, die das Wasser besser halten, aber zwecks Reinigung problemlos geleert werden können, werden in den Boden eingelassen, an den Seitenwänden mit Kokosmatten ausgekleidet und können bei Bedarf an eine andere Stelle verlegt werden.
Rund 40 dieser über 1000 Euro teuren Wannen wurden vom NABU bisher angeschafft und kreisweit, aber auch südlich der Landesgrenze im Bereich um Laudenbach verteilt, die erste Wanne wurde in Heppenheim im Hinteren Bruch (ein Feuchtgebiet südlich des Bruchsees) eingebaut. Kleingewässer, die sich als sehr erfolgreich erwiesen haben, die nur ab und an nachgefüllt werden müssen und mittels Gittern die Amphibien vor Waschbär und anderen Feinden schützen. Und übrigens schnell und von allen Arten angenommen wurden. Auch im Landkreis Darmstadt-Dieburg und im Rhein-Neckar-Kreis hat man diese Methode erfolgreich übernommen.
Der Nabu-Kreisverband unterstützt das Projekt finanziell, so Günther Hagemeister, aber: „Die Anschaffung vieler weiterer Wannen übersteigt bei Weitem die finanziellen Möglichkeiten des NABU, zumal auch andere Naturschutzprojekte nicht vernachlässigt werden dürfen.“
Er hofft deshalb ebenso wie Silvia Fusch auf weitere Geldgeber für das Projekt, das auf alle Fälle fortgesetzt werden und so zum Erhalt der Amphibien beitragen soll. „Es sind so faszinierende Tiere, und auch wenn sie vielleicht nur ein Zahn an einem Zahnrad im großen Getriebe sind, sind sie wichtig für die Natur.“ jr/ü
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