Heppenheim. Mit den Stimmen der Großen Koalition hat sich am Dienstagabend auch der Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschuss (HFW) der Heppenheimer Stadtverordnetenversammlung für den vom Magistrat beantragten Satzungsbeschluss für das Kirschhäuser Neubauprojekt „Siegfriedstraße 394“ (früher: „Auf der Bein“) ausgesprochen. In den Reihen der Opposition fand die Beschlussvorlage gleichwohl keine Zustimmung: Ein klares „Nein“ gab es von Ulrike Janßen (LiZ/Linke); Grüne, FDP und Freie Wähler enthielten sich.
Dabei war die oppositionelle Zurückhaltung jedoch weniger einer grundlegenden Ablehnung des Vorhabens geschuldet als den bereits im Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss (BUS) geäußerten offenen Fragen, die insbesondere Janßen, Ole Wilkening (FDP) und Kerstin Buchner (FWH) am Dienstag noch einmal betonten.
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„Die Bauabstände sowie die zweite Zufahrt sind immer noch nicht geklärt“, brachte es Buchner auf den Punkt. Und Wilkening merkte an: „Grundsätzlich begrüßen wir das Vorhaben, der aktuelle Bebauungsplan ist aber noch nicht gut genug.“ Man müsse das Neubaugebiet „schon jetzt zukunftsfest“ machen, indem eine der oberen Straßen als zweite Zufahrt erschlossen werde, führte er aus.
Es fehlt ein halber Meter
Janßen monierte abermals die fehlende Rechtssicherheit bezüglich der im Bebauungsplan gekennzeichneten Abstände zwischen den geplanten 14 Doppelhäusern oberhalb der B 460. Zur Erinnerung: Aufgeführt werden hier lediglich 2,50 Meter, in Hessen ist jedoch ein Abstand von drei Metern vorgeschrieben. Obendrein mangele es in Kirschhausen an der nötigen Infrastruktur, sollten „Auf der Bein“ tatsächlich vorrangig junge Familien einziehen, so die Fraktionsvorsitzende.
Die Erste Stadträtin Christine Bender (SPD) versuchte zwar, die Kritikpunkte zu entkräften, die Zustimmung der Opposition blieb dennoch aus. Unter anderem verwies Bender auf eine „gewisse planerische Flexibilität“, die Unterschiede zwischen Planungsrecht und Baurecht hinsichtlich des Abstands zulasse. Eine zweite Zufahrt sei vonseiten der Verwaltung sowie des Bauträgers indes gar nicht gewünscht.
Wenig Unterstützung gab es im Ausschuss für die von Ulrike Janßen geforderte „Lichtleitlinie“, mit der die Lichtverschmutzung in der Kreisstadt eingedämmt werden soll. Einzig Sebastian Bommes, Franz Beiwinkel (beide Grüne) und Kerstin Buchner befürworteten Janßens Initiative. Der Antrag sei „überflüssig“, befanden hingegen SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Pfeilsticker und CDU-Vertreter Markus Viereckl, da die Verwaltung bereits erste Schritte gegen die Lichtverschmutzung unternommen habe.
Man sollte die Entwicklung abwarten, sich mit anderen Kommunen austauschen und gegebenenfalls zusätzliche Mittel in den kommenden Haushalt einstellen, sagte Viereckl. Noch deutlichere Worte fand Ole Wilkening: „Wir brauchen keinen Erziehungsauftrag“, meinte der FDP-Mann. „Man kann vieles gegen die Lichtverschmutzung tun, und es ist wichtig, dass man es auch tut. Aber dafür bedarf es keiner Leitlinie.“ Gab es bei diesem Tagesordnungspunkt zumindest noch eine vergleichbar sachliche Diskussion, so mündete die Debatte über den gemeinsamen Antrag von CDU, SPD und Grünen mit der Überschrift „Maßnahmen zum Klimaschutz/Förderung erneuerbarer Energien“ in einem Kuriosum:
Schon in der Vorwoche hatte Ulrike Janßen insbesondere die städtische Förderung von sogenannten Balkonkraftwerken als „nicht notwendig“ oder „wenig sinnvoll“ abgetan. Nur wenige Stunden vor der HFW-Sitzung präsentierte sie dann gleich drei neue konkurrierende Hauptanträge, um aufzuzeigen, wie die Fördersumme von insgesamt 30 000 Euro aus ihrer Sicht sinnvoller investiert werden könnte. Beispielsweise in die Sanierung und Ausbesserung von Gehwegen, für den barrierefreien Ausbau der Bushaltestelle an der Winzergenossenschaft oder für Nullabsenkungen an Rad- und Gehwegen bei Straßenquerungen.
Sämtliche Alternativen würden ebenfalls zum Klimaschutz beitragen, meinte Janßen. Überdies sei es nicht die Aufgabe einer Stadt, „Einzelmaßnahmen zu fördern“ – zwei Meinungen, die von der breiten Mehrheit nicht geteilt wurden.
Fünf Anträge zu Photovoltaik
Bereits im Bau-, Umwelt- und Stadtentwicklungsausschuss hatte Janßen einen Antrag zur Abstimmung gebracht, der die Installation einer großen Photovoltaik-Anlage auf einer städtischen Immobilie anstelle der kleinteiligen Förderung vorsah. Da auch dieser Antrag abermals auf der Tagesordnung stand, wurden nun gleich fünf Anträge zu diesem Thema behandelt, was so manches Ausschussmitglied auf die Palme brachte. „Heute ist doch kein Auktionstag“, brach es aus Sebastian Bommes heraus, Markus Viereckl fügte hinzu: „Mit dieser Schrotschuss-Mentalität bei Ihren Antragstellungen kann ich überhaupt nichts anfangen.“
Die immer skurriler werdende Diskussion fand letztlich jedoch ein abruptes Ende: Da der Antrag von CDU, SPD und Grünen mit acht Ja-Stimmen und drei Enthaltungen angenommen wurde, waren sämtliche konkurrierenden Anträge hinfällig geworden. Einzig über den bereits im BUS abgelehnten Gegenantrag wurde nochmals abgestimmt. Mit einem für Ulrike Janßen ernüchternden Ergebnis von einmal Ja, achtmal Nein und zwei Enthaltungen. fran/ü
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